Dienstag, 19. März 2024
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Werft alle Politikberater hinaus!

Die Menschen sind zunehmend der fasergeschmeichelten Politiker-Typen überdrüssig. Diese langweilen mit ihren nichts-sagenden Aussagen, die nur eines bezwecken: ja nirgends anecken. Sie sind von einer Armada von Beratern und Medien-Trainern zu Tode gecoacht worden. Dabei wurde ihnen jede Persönlichkeit ausgetrieben – sofern sie überhaupt je eine hatten.

Die Menschen sehnen sich immer mehr nach eigenständigen Persönlichkeiten, die – so wie sie selbst es gerne täten – offen und ungeschminkt auch ihre Meinung sagen. Die vor allem überhaupt eine eigene Meinung haben. Die offen in einen Konflikt mit Medien gehen und nicht ständig mit vielen Worten und Phrasen auf Fragen so antworten, als würden sie am liebsten gar nichts sagen.

Wenn die Wähler einmal auf einen solchen Politiker treffen, dann respektieren sie es auch durchaus, dass dieser andere Meinungen hat als sie selbst (solange das nicht allzu oft der Fall ist). Und dass ein Politiker auch einmal seine Meinung ändert.

Im Grunde ist das ja ganz normal. Es gibt keine zwei Menschen, die zu allem die gleiche Meinung haben. Und nur überhaupt nicht lernfähige Menschen ändern nie ihre eigene Meinung.

Die Bürger wollen einem Politiker vor allem vertrauen können, weil sie sich ohnedies in den meisten Sachfragen überfordert fühlen. Sie wollen deshalb starke Persönlichkeiten mit dem Mut zu eigenständigen Haltungen an der Spitze haben, die die Interessen des eigenen Landes über alles andere stellen. Sie wollen Staatsmänner mit Leadership.

Österreichs große Vier

Vor allem in Österreich vermisst man heute weit und breit solche Persönlichkeiten. Dabei gab es in der Nachkriegsgeschichte der Alpenrepublik immerhin drei herausragende Bundeskanzler und einen Nicht-Bundeskanzler, die genau solche mutigen Typen waren.

  1. Da war Julius Raab, der mutig und ohne sich lange um Medien oder öffentliche Meinung zu kümmern, im Alleingang durchgesetzt hat, dass Österreich die Neutralität als unabdingbaren Kaufpreis für die Wiedererlangung der Freiheit anbietet.
  2. Da war Bruno Kreisky, der sich gegen gewichtige Teile der öffentlichen Meinung für die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks und den Bau des Konferenzzentrums eingesetzt hat. Auch alle jene, die da nicht seiner Meinung waren, haben Kreiskys klare Linie als Beweis seiner Führungsqualitäten gesehen.
  3. Da war Wolfgang Schüssel, der gegen ORF, Kronenzeitung und viele andere Medien eine schwarz-blaue Koalition durchgesetzt hat. Der viele anfangs heftig umstrittene Reformen durchgesetzt hat (die dann zum Teil vom Faymann-Populismus zurückgenommen worden sind). Und der – nicht dennoch, sondern deshalb – seine Partei zum größten Triumph der Nachkriegsgeschichte führen konnte (und der auch bei seiner letzten, weniger triumphalen Wahl ein Ergebnis erzielte, das weit über allem lag, was die ÖVP ansonsten seit 1986 erreicht hat).
  4. Und da war schließlich der Arbeiterführer Franz Olah, ein Mann der gleich unter drei verschiedenen Systemen aus politischen Gründen in Haft gekommen ist, der alles andere als ein glattgebürsteter Typ war, der von seiner SPÖ sogar hinausgeworfen wurde. Der aber zugleich eine der mutigsten, standfestesten und populärsten Persönlichkeiten gewesen ist. Der 1950 mit seinen Arbeitern einen von der sowjetischen Besatzungsmacht unterstützten kommunistischen Putschversuch niedergeschlagen hat. Allein das macht ihn unter allen Nachkriegspolitikern am meisten denkmalwürdig macht wenn man schon ständig weiter Denkmäler errichtet).

Es ist gewiss nicht bloße Nostalgie, wenn viele Österreicher heute entsetzt sind, wie mickrig sich im Vergleich zu solchen Persönlichkeiten heute die politische Belegschaft ausnimmt.

Kantig allein genügt nicht

Sie sind schon so entsetzt, dass sich viele eine Zeitlang sogar für einen Frank Stronach begeistern konnten, der anfangs Konfrontationen – insbesondere mit korrupten Medien und deren gleichgeschalteten politischen Korrektheit – geradezu gesucht hatte. Der aber aus drei Gründen gescheitert ist: Er hatte und hat zum Unterschied von den zuvor genannten Persönlichkeiten keinerlei Ahnung von der Politik und den zu bewältigenden Herausforderungen; er missverstand Politik als Teilzeit- und Urlaubs-Hobby; und er ließ sich mitten im Wahlkampf von 08/15-Beratern zum Faserschmeichler kastrieren.

Medien-Empörung als Trumps Trumpf

Eines ist klar: Nur kantig zu sein alleine genügt ganz gewiss auch nicht. Aber die Sehnsucht nach Persönlichkeiten, die sich deutlich vom üblichen politischen Getriebe abheben, ist weltweit im Wachsen.

Das zeigt jetzt insbesondere der amerikanische Wahlkampf, wo ein Donald Trump allem Anschein nach zum Triumphator der republikanischen Vorwahlen wird. Das heißt zwar noch keineswegs, dass Trump auch die eigentlichen Wahlen gewinnen wird. Aber er steht jedenfalls in einem deutlichen und für viele Amerikaner überaus positiven Kontrast zur Politik der letzten Jahrzehnte, wie es ja auch in diesem Wahlkampf wieder durch die Namen Bush und Clinton verkörpert wird.

Je öfter sich fast alle Medien über Trump empören, umso mehr Wähler strömen ihm zu. Endlich einer, der nicht den Medien nach dem Maule redet! Endlich einer, der sagt, was er denkt, ohne ständig auf irgendwelche Wählergruppen zu schielen. Endlich auch einer, der den Eindruck erweckt, durch seinen großen persönlichen Reichtum völlig unbestechlich und unabhängig zu sein.

Das alles heißt nun gewiss nicht automatisch, dass Trump auch ein großer Präsident wäre, oder auch nur, dass ihn die Amerikaner auf Dauer schätzen würden. Aber nach dem Schlamassel, das insbesondere die US-Außenpolitik der letzten Jahre angerichtet hat, ist die Sehnsucht nach einer Alternative, nach dem total Anderen stark gewachsen.

Und auch wenn Trumps Werte zweifellos wieder sinken werden, so wird er wohl nicht auf das Unbeliebtheits-Niveau des am stärksten politisch-korrekt angepassten europäischen Politikers sinken, also auf das des todlangweiligen Franzosen Hollande.

Orban versucht wenigstens, im Asylanten-Tsunami zu handeln

Aber gewiss fehlt auch Trump noch der Härtetest, dass er nicht nur viele „Sager“ produzieren, sondern auch mutig Politik machen kann. Dieser Härtetest ist dem ungarischen Premier Victor Orban zweifellos schon geglückt. Zahllose Versuche von Medien und ausländischen Linkspolitikern sind jämmerlich gescheitert, Orbans Reformen als Zerstörung von Demokratie und Rechtsstaat zu denunzieren.

Orban ist im Gegenteil heute nicht nur für die der Mehrheit der Ungarn, sondern auch für viele Westeuropäer zusammen mit dem Briten David Cameron (eigentlich bisher eher ein Vertreter der angepassten Politikerklasse) der einzige europäische Politiker, der angesichts des Immigranten-Tsunamis Wirksames zum Schutz seines Landes zumindest versucht. Und Orban kann (was ich längere Zeit eigentlich nicht erwartet hatte) heute auch wirtschaftspolitisch eindrucksvolle Erfolge und Wachstumsraten vorweisen.

Dem gegenüber können viele andere Politiker Europas nur inhaltsleere Gutmensch-Phrasen absondern, wie man sie zuletzt etwa bei der Eröffnung des Forums Alpbach besonders geballt hören konnte. Etwa aus dem Mund von Alpbach-Präsident Franz Fischler: „Das ist keine Flüchtlingskrise, sondern eine Krise der Solidarität.“ Bla, bla.

Zemans gesammelte Sprüche

Noch ein anderes – nicht ganz so erfolgreich wie Orban, aber ebenfalls interessant agierendes – Exempel der Kategorie Trump ist der tschechische Präsident Milos Zeman. Auch über den erregen sich ständig die Medien. Seine einstige Partei, die Sozialdemokraten, sind total auf Distanz zu ihm gegangen. Und dennoch – oder gerade deshalb – hat Zeman gute Chancen, wiedergewählt zu werden.

Nur eine kleine Auswahl seiner Sprüche, die freilich außerhalb Tschechiens zum Unterschied von Orban bisher relativ wenig beachtet worden sind:

  • Zeman fordert eine verstärkte militärische Bewachung der EU-Außengrenzen; ansonsten solle Tschechien seine eigenen Grenzen selbst durch die Armee bewachen.
  • „Wir sollten den Flüchtlingen drei Sätze sagen. Der erste Satz: Niemand hat Sie hierher eingeladen. Der zweite Satz: Wenn Sie schon da sind, müssen Sie unsere Regeln respektieren, genauso wie wir die Regeln respektieren, wenn wir in Ihr Land kommen. Und der dritte Satz: Wenn es Ihnen nicht gefällt, gehen Sie weg.“
  • „Ich will keinen Islam in der Tschechischen Republik.“
  • Die „Inklusion“ von behinderten Schülern in Regelklassen ist ein „Unglück für beide“.

Übrigens: Auch Karl Schwarzenberg und Vaclav Klaus, die beiden anderen dominierenden Figuren der jüngeren tschechischen Geschichte, waren und sind sehr eigenständige und interessante Politikerpersönlichkeiten.

Ich kann und will mich gewiss nicht mit jeder einzelnen Aussage der genannten Politiker identifizieren. Aber darum geht es hier nicht. Es geht um die nüchterne Erkenntnis, dass die Menschen immer mehr nach Politikern mit Mut, Unabhängigkeit und Individualität rufen. Eine solche Persönlichkeit zu sein, ist freilich keine ausreichende, aber jedenfalls unabdingbare Voraussetzung dafür, um in der Repräsentativ-Demokratie reüssieren zu können.

Daher lautet der wichtigste Ratschlag an europäische Politiker, wie sie vielleicht doch noch zu einer solchen Persönlichkeit werden könnten: Werft einmal alle Politikberater und Medientrainer hinaus; vor allem jene, die euch jede unorthodoxe Aussage aberziehen und untertänig-gehorsames Verhalten gegenüber jedem präpotent-dümmlichen Interviewer anerziehen wollen. Da erspart ihr euch viel Geld.

Und wenn ihr dann dennoch scheitert, dann hättet ihr ohnedies längst den Beruf wechseln sollen.

PS: Meine persönliche Sehnsucht nach allzu provozierenden Persönlichkeiten hält sich übrigens durchaus in Grenzen. Aber solange die etablierte Politik in ihrer Machtgier die weitaus beste Alternative zum gegenwärtigen System, nämlich die direkte Demokratie, verhindert, solange ist klar, dass das Verlangen der Bürger immer stärker wird, interessante und gegen den Strich gebürstete Politiker zu bekommen.

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