Mittwoch, 24. April 2024
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US-Ökonom fordert Dollar-Käufe der EZB

Die Eurozone solle ihre „quantitative Lockerung“ nicht mit Eurozone-Staatsanleihen, sondern mit US-Treasuries durchführen. Damit könnte der Euro-Wechselkurs reduziert und das Verbot der direkten Staatsfinanzierung umgangen werden – davon profitieren würde freilich vor allem die USA.

[[image1]]Seit mittlerweile gut zwei Jahrzehnten ist das internationale Währungssystem durch eine informelle Allianz der USA mit China (sowie weiter Teile Südost-Asiens) geprägt, die als „Bretton Woods II“ bekannt wurde: Demnach müsse, um sozialen Frieden zu bewahren, China alljährlich rund 20 Millionen neue Industriearbeitsplätze schaffen, die bislang durch inländische Investitionen und Exporte ausgelastet wurden. Die Exporte gingen vor allem in die USA, wobei die chinesische Notenbank (PBOC), um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, den Wechselkurs folglich gegenüber dem US-Dollar fixierte.

Um den Preis ihrer Währung zu drücken verkaufte die PBOC also große Mengen ihrer Währung gegen Dollars, was ihr einerseits den Aufbau der weltgrößten Devisenreserven erlaubte, andererseits aber auch dazu beitrug, das zeitweise auf bis zu sieben Prozent des US-BIP anwachsende US-Handelsdefizit zu finanzieren. China belieferte die USA also auf Kredit mit billigen Massengütern, was China nun jahrelang annähernd zweistellige Wachstumsraten und den USA eine enorme Kreditexpansion ohne starke Inflation erlaubte. Die dadurch erzielte Unterbewertung dürfte Anfang der 2000er Jahre bei rund 50 Prozent gelegen haben, scheint mittlerweile aber fast gegen Null zu gehen.

Bretton Woods II

Indes war von den Ökonomen Michael P. Dooley, David Folkerts-Landau, und Peter Garber, die das BWII-System als erste diagnostiziert hatten, schon vor zehn Jahren gemutmaßt worden, dass die Eurozone zwischen die Fronten geraten werde, würde die EZB nicht ihrerseits Dollars ankaufen um den Eurokurs zu drücken. So würde der Euro in diesem Währungsarrangement tendenziell zu stark bewertet, weshalb Europa an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren würde. Das hat sich im Nachhinein klar zwar klar bestätig, nur war es in der Realität nicht ganz so gelaufen, wie die Ökonomen vermutet hatten.

Denn ab 2004 hatte der europäische Privatsektor und hier vor allem die Banken massiv in Dollar-Anlagen investiert, so dass der Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar bis 2007 ins Stocken geriet. Mit dem Ausbruch der Weltfinanzkrise war es damit allerdings vorbei, wodurch sich der Euro zeitweise auf Niveaus über 1,40 etablierte, was dann die Leistungsbilanzen der schwachen Eurozone-Teilnehmern vollends erodieren ließ und direkt in die Eurozonen-Krise führte – wozu freilich beitrug, dass zuvor die europäischen Dollar-Privatinvestoren – hier beispielsweise Deutsche und Österreichische Landesbanken – in hohem Ausmaß in faule US-Assets investiert hatten, und das noch dazu großteils auf Kredit.

Eurozonenkrise und Währungsrelation

Nachdem die privaten Schulden über diverse Bankenrettungen bei den Staaten gelandet waren, resultierte also die Eurozonenkrise, die freilich den angenehmen Nebeneffekt hatte, den Euro zu schwächen und ab 2012 wieder in die Gegend von 1,30 Dollar zurückzubringen. Insofern dürfte die deutliche Erholung der Außenbilanzen der Krisenstaaten wohl mehr als allem anderen den Währungsrelationen geschuldet sein, die sich zuletzt freilich wieder deutlich eingetrübt haben. So hat der Euro bereits fast schon wieder die 1,40 Dollar erreicht, was ein Niveau darstellt, auf dem es bislang selbst bei Exportweltmeister Deutschland stets zu Dellen in der Exportstatistik gekommen ist.

Hier sieht nun der Harvard-Ökonom Jeffrey Frankel für die EZB den idealen Zeitpunkt gekommen, sich Bretton Woods II anzuschließen und US-Dollars anzukaufen. So erleiden die peripheren Eurozonestaaten angesichts hoher Arbeitslosigkeit und niedriger Inflation gerade schmerzhafte Deflationsphasen, weshalb die EZB ihre Geldpolitik dringend weiter lockern müsste. Anders als die USA oder Japan stehe die EZB allerdings vor dem Problem, dass keine Eurobonds existieren, die sie zu diesem Zweck ankaufen könnte. Sondern sie müsste dazu auf Anleihen der Mitgliedsstaaten zurückgreifen, was also so etwas wie eine systematische Verwirklichung der Umstrittenen Ankündigung von Notenbankchef Mario Draghi wäre, falls nötig nach Belieben Eurozone-Staatsanleihen anzukaufen.

Das widerspricht nun freilich generell den traditionellen Vorstellungen, wie eine solide Geldpolitik auszusehen habe, wie sie in Deutschland gepflegt wird. Im Speziellen kollidiere es zudem mit dem satzungsmäßigen Verbot einer direkten Staatsfinanzierung durch die EZB. Würde die EZB also eine „Quantitative Lockerung“ à là USA versuchen wollen, wären Streitigkeiten programmiert und auch die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass einzelne Staaten ihre Haushaltsdisziplin aufgrund ihrer problemlosen Finanzierung durch die EZB vernachlässigen würden.

„Idealer Zeitpunkt“ für Dollar-Käufe?

Um die Geldmenge zu erhöhen sollte die EZB demnach US-Assets ankaufen, wofür gerade jetzt ein idealer Zeitpunkt sei. So würden die schwachen Eurozonestaaten viel schneller als erwartet an die Kapitalmärkte zurückkehren können (tatsächlich hat sogar Griechenland gerade Pläne für eine 2-Milliarden-Euro-Emission bekannt gegeben), während die US-Notenbank gerade ihre Anleihenkäufe zurückfahre – wofür jetzt idealerweise die EZB einspringen solle.

Dabei ist Frankel sicherlich zuzustimmen, dass der zaghafte Aufschwung der Eurozone zusehends durch den starken Euro in Gefahr gerät und jedenfalls irgendwie bekämpft werden sollte. Allerdings ist allein schon die Annahme, die Krisenstaaten würden sich auf Dauer schon wieder zu erträglichen Zinssätzen finanzieren können, wohl durchaus gewagt. Immerhin resultieren ihre aktuellen Emissionserfolge wohl vor allem aus der gerade massiv anschwellenden „globalen Jagt nach dem Risiko“, die kaum ewig anhalten, sondern in absehbarer Zeit wohl ins Gegenteil umschlagen wird.

Gefangene der eigenen Politik

Würde die EZB indes tatsächlich massive Dollarbestände aufbauen, könnte sie zudem zur Gefangenen der eigenen Politik werden. Denn nach aller historischer Erfahrung würde es der EZB kaum gelingen, den Dollar-Kurs langfristig stabil zu halten, sondern sie würde den graduellen Wertverlust des Dollar vermutlich nur verlangsamen, nicht aber stoppen können. Jede Dollarabwertung würde folglich zu Abwertungsverlusten führen, die ihre Gewinne – und damit die Ausschüttungen an die Mitgliedsbanken bzw. Staaten – eliminieren könnten.

Mit zunehmendem Dollar-Bestand wäre die EZB dadurch wohl irgendwann versucht, die Dollars nicht nur aus geldpolitischen Motiven anzukaufen, sondern um ihre Investition zu schützen. Diesem Problem sieht sich mittlerweile jedenfalls China gegenüber, das offenbar seit Monaten – so wie auch Russland – dabei ist, seine Dollaranleihen abzubauen. In dieser Situation wäre es aus Sicht der USA nun wohl tatsächlich ideal, würde die EZB nun ein Dollar-Ankaufsprogramm starten.

Ein neues Welt-Währungssystem?

Aus Sicht der EZB lässt sich dies allerdings durchaus bestreiten, wofür allein schon die Unsicherheit ausreicht, die in das Weltwährungssystem einziehen würde, sollte China das jahrzehntelange geldpolitische Arrangement mit den USA tatsächlich gerade beenden. Wie die EZB dann einen weiteren Dollar-Einbruch verhindern will, sollten „die Märkte“ derlei verlangen, ist jedenfalls schwer zu sehen. Aus Sicht Europas wäre es allenfalls ideal, würden die Dollar-Investitionen in Anlagegütern getätigt werden können, die ihren Wert auch auf Euro-Basis langfristig behalten. Derartige Assets werden von den USA allerdings traditionell nicht angeboten. 

 

© Andrea Damm  / www.pixelio.de

 

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