Samstag, 7. Dezember 2024
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Von „Verrückten“ lernen: Erfolgstypen ticken anders

Mehr Verrücktheit wagen – das empfiehlt ein Wirtschaftsjournalist und Kommunikationsberater in seinem neuen Buch erfolgsorientierten Menschen. Und er nennt Beispiele aus mehreren europäischen Ländern und den USA. Überall haben sich unternehmerisch denkende Querköpfe durchgesetzt. Die Neuerscheinung ist ein Karriere-Ratgeber der ganz anderen Art.

Das Unternehmer-Ehepaar Richard und Maria Kristina Habring aus Völkermarkt in Kärnten gefiel sich schon in den vergangenen Jahren in der Rolle von David, der ab und zu gern die Goliaths der Branche ärgert. Zweimal in Folge wurde ihre kleine Uhrenmanufaktur mit dem Genfer Grand Prix d’Horlogerie ausgezeichnet. Dieser „Uhren-Oscar“ war lange Zeit den großen Marken aus der Schweiz und dem sächsischen Glashütte vorbehalten. Dann jedoch traf plötzlich unerfreuliche Post ein. Der führende Werkehersteller ETA, Teil des Swatch-Konzerns, teilte den Habrings in wenigen Sätzen mit, das kleine Unternehmen werde – wie auch andere unabhängige Hersteller – künftig nicht mehr mit Uhrwerken beliefert. Bis dahin tickte in den Zeitmessern der Marke Habring² („hoch zwei“ steht für die beiden Firmeninhaber) Werke, die auf dem Räderwerk eines bekannten ETA-Produkts basierten.

„Wir hatten drei Optionen“, sagt Maria Kristina Habring. „Wir hätten nach zehn Jahren erfolgreicher Arbeit einfach aufgeben können. Das kam nicht in Betracht. Die zweite Option bestand darin, die Werke von einem anderen Hersteller zu beziehen und sich damit von einer Abhängigkeit in die andere zu begeben. Auch das wollten wir nicht. Also blieb nur noch die dritte Option – wir entwickelten unser eigenes Werk“.

Was für eine verrückte Idee. Eine der kleinsten Uhrenmanufakturen Europas, ohne die finanziellen Ressourcen eines Konzerns oder großzügige EU-Förderung im Hintergrund, machte sich daran, weitgehend in Handarbeit ein eigenes Kaliber zu kreieren. Im Herbst vergangenen Jahres wurde es mit dem vielsagenden Namen „Felix“ vorgestellt – der Glückliche.

Nicht im Mainstream untergehen

Es sind solch scheinbar verrückte Geschichten, die der Wirtschaftsjournalist Michael Brückner sammelte und jetzt in seinem neuen Buch „Die Gesetze der Erfolgreichen: Von den Besten lernen“ vorstellt. Sowohl als Journalist als auch in seiner Tätigkeit als Kommunikationsberater begegnete Brückner immer wieder einem erstaunlichen Phänomen: Es sind die scheinbar verrückten Idee, erdacht von kreativen Querdenkern, die zu bemerkenswerten unternehmerischen Erfolgen führen. Der in Lindau am Bodensee arbeitende Autor ist überzeugt: Querköpfe steigen auf, Konformisten gehen im Mainstream unter.

Brückner nennt eine Reihe von prominenten Beispielen. Als Amazon-Gründer Jeff Bezos ausgerechnet Bücher, die schon damals als vermeintliche Auslaufmodelle galten, über das Internet vertreiben wollte, galt er vielen als absolut durchgeknallt. Bill Gates und Steve Jobs bekamen in den Anfangsjahren ebenfalls oft genug zu hören, sie seien wohl verrückt. Brückner stellt auch diese US-Unternehmer-Ikonen vor. Doch besonders angetan haben es ihm die Querdenker aus dem europäischen Mittelstand.

Europäische Erfolgsgeschichten

Dazu gehört zum Beispiel der Schweizer Unternehmer Emanuel Probst, der Anfang der 1990er Jahre die Geschäftsleitung eines maroden Haushaltsgeräteherstellers übernahm. Keine Bank wollte der Firma noch Kredit geben, Probst musste einen Hypothekenkredit aufnehmen, um die Löhne und Gehälter zahlen zu können. Der Mann musste verrückt sein: Er hatte einen gut dotierten und sicheren Job in der Pharmabranche aufgegeben, um die Geschäftsleitung eines Pleite-Kandidaten zu übernehmen. Heute gilt das Unternehmen als einer der führenden Hersteller von teuren Kaffeevollautomaten. Mit der Umstellung von Billigware auf Luxusprodukte hat Probst den Turn-around geschafft.

Auch die Firma Peter-Bräu in der verschlafenen Gemeinde Ostheim in Bayern war faktisch pleite. Dann brachten die Inhaber die Kult-Marke Bionade auf den Markt und starteten durch. Vor einigen Jahren übernahm die Radeberger-Gruppe und damit der Oetker-Konzern das Unternehmen.

Der Autor erzählt aber nicht nur die Erfolgsgeschichten von bekannten und weniger bekannten Unternehmen. Er geht im ersten Teil seines Buches vor allem der Frage nach, weshalb „schräge Ideen“ so erfolgreich sind, und kommt unter anderem zu folgenden Erkenntnissen: „Schräge Ideen“ sind erfolgreich, weil sie meist sehr nahe am Markt entstehen und Alltagsprobleme lösen. Ihre Schöpfer kennen ihre Zielgruppe meist sehr genau und gehören ihr oft sogar selbst an. Überdies entstehen „schräge Ideen“ selten am Reißbrett, sondern eher spontan. Ihre Schöpfer sind emotional eng mit ihnen verbunden und investieren neben Geld und Zeit vor allem viel Leidenschaft. Schließlich sind solche Ideen nicht selten einzigartig, und ihre Schöpfer können zu „First movers“ auf den Märkten werden.

Darüber hinaus liefert Michael Brückner seinen Lesern einen „Erfolgs-Navi“, wie er es nennt, um mit unkonventionellen Strategien zum Ziel zu kommen. Er richtet sich nicht nur an Unternehmer und Existenzgründer, sondern gleichermaßen an Mitarbeiter in Unternehmen, die für kreative Ideen offen sind.

„Märkte sind hungrig. Gesättigt sind die Manager“

Der Autor outet sich als Anhänger von Schumpeters Prinzip der „schöpferischen Zerstörung“, weil nicht immer gut sein muss, was lange währt. Insofern glaubt Brückner auch nicht an gesättigte Märkte. „Es gibt keine gesättigten Märkte. Märkte sind immer hungrig. Gesättigt sind nur manche Manager“, schreibt Brückner. Komplexität und das bei manchen Marketing-Chefs vorherrschende „verkopfte Denken“ sind nach Ansicht Brückners klassische Kreativitäts-Blocker. Mit manchen Tipps positioniert sich Brückner selbst gegen den Mainstream. Zum Beispiel, wenn er davor warnt, die Social Media zu überschätzen.

An manchen Stellen zitiert Brückner prominente Zeitgenossen, um deutlich zu machen, dass er mit seinem Plädoyer für mehr verrücktes Denken nicht allein steht. Hasso Plattner, der Gründer der Softwareschmiede SAP, etwa wundert sich bisweilen über seine Landsleute: „Die Deutschen haben in vierzig Jahren nicht dazugelernt, wie erfolgreiche Unternehmen wirklich entstehen. Man braucht verrückte Ideen und einen fast bedingungslosen Willen, sich selbst einzubringen“. Und George Bernhard Shaw hatte frühzeitig erkannt: „Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute – seht Euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben“.

Michael Brückner: Die Gesetze der Erfolgreichen: Von den Besten lernen“, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2015, 216 Seiten, Klappenbroschur, 17,50 Euro. Das Buch ist ab 15. März in allen Buchhandlungen erhältlich und ab sofort vorbestellbar.

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