Freitag, 6. Dezember 2024
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Portugal: Verfassungsgericht zwingt Regierung zu alternativen Einsparungen

Nach dem Urteil des portugiesischen Verfassungsgerichts vom Freitag ist die Regierung von Pedro Passos Coelho auf der Suche nach neuen Wegen, um bis zum Jahresende rund 1,3 Milliarden Euro im Staatshaushalt einzusparen. Die Richter hatten rund ein Fünftel der für 2013 geplanten Einschnitte als nicht verfassungskonform zurückgewiesen. Ministerpräsident Passos Coelho hat am Wochenende angekündigt, die Entscheidung zu respektieren, auch wenn er sie nicht teile. Wie genau er den Haushalt umgestalten will, ist noch nicht klar. Es könnte mehrere Wochen dauern, bis er einen Vorschlag vorlegt.

[[image1]]Passos Coelho betonte jedoch, dass er die Steuern nicht weiter erhöhen will, um den Haushalt zu sanieren. Seit Beginn der Krise sind die Steuern in Portugal bereits stark gestiegen. Passos Coelho fürchtet, dass jede weitere Erhöhung die Wirtschaft abwürgen würde. Die Troika prognostiziert bisher schon eine Rezession von 2,3 Prozent für dieses Jahr, örtliche Prognosen fallen teilweise noch pessimistischer aus.

Die Märkte haben auf die Ereignisse erstaunlich gelassen reagiert. Es kam zu keinem Abverkauf von portugiesischen Anleihen in großem Stil. Investoren vertrauen der Regierung offenbar, die Situation in den Griff zu bekommen.

Troika bisher überzeugt von den Fortschritten

Portugal kommt dabei zugute, dass die Troika dem Land gute Fortschritte bei der Sanierung bescheinigt, seit es im Jahr 2011 Hilfe aus dem europäischen Rettungsschirm beantragt hat. Die Troika kam bisher noch in jedem ihrer Quartalsberichte zu einem positiven Urteil über das Land. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen sind von ihrem Höchststand von 17 Prozent zu Beginn 2012 auf mittlerweile 6,5 Prozent zurückgegangen. Dank Reformen am Arbeitsmarkt sind die Lohnstückkosten gefallen, das beträchtliche Leistungsbilanzdefizit ist eingedämmt worden.

Trotzdem wird es Passos Coelho schwer fallen, weitere Möglichkeiten für Einsparungen zu identifizieren. In einer Ansprache an die Nation hat er am Sonntag angekündigt, Sozialausgaben zu kürzen. Gewerkschaften befürchten, dass der Bildungssektor betroffen sein könnte. In Portugal wird darüber spekuliert, dass das Pensionsalter von bisher 65 Jahren auf 66 angehoben werden könnte, wie das der Internationale Währungsfonds bereits vorgeschlagen hatte. Beobachter fürchten auch, dass das Arbeitslosengeld angetastet werden könnte. Die Arbeitslosenquote, die aktuell bei 17,5 Prozent liegt, dürfte im Laufe des Jahres weiter steigen, wodurch die Sozialausgaben wachsen.

Portugal hatte mit den internationalen Geldgebern vereinbart, das Haushaltsdefizit in diesem Jahr auf 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückzuführen von 6,45 Prozent Ende 2012. Die EU-Kommission in Brüssel hat bereits signalisiert, dass sie von diesem Ziel nicht abrücken will. Gleichzeitig hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, ein Portugiese, Zuversicht gezeigt, dass Portugal, das Ziel wie geplant erreichen wird.

Kein zweites Griechenland

Ministerpräsident Passos Coelho sucht den Verdacht zu zerstreuen, dass es sich bei Portugal um einen ähnlichen Fall wie Griechenland handelt, bei dem ein Hilfspaket alleine nicht ausreicht. „Wir müssen alles tun, um einen zweiten Bailout zu vermeiden“, sagte Passos Coelho am Sonntag.

Ursprünglich wollte Portugal sein Hilfsprogramm im kommenden Jahr verlassen. Beim informellen Treffen der Finanzminister in dieser Woche in Dublin soll über eine mögliche Streckung der Rückzahlung der europäischen Kredite gesprochen werden, um Portugal eine Rückkehr an die Finanzmärkte zu ermöglichen. Analysten befürchten nun allerdings, dass die Rückkehr nicht wie geplant ablaufen könnte. „Das Risiko, dass Portugal weitere Hilfe benötigen könnte, ist gestiegen“, urteilt Christian Schulz von der Privatbank Berenberg. Ein Haircut auf portugiesische Staatsanleihen gilt jedoch als äußerst unwahrscheinlich. Und trotz des Konfrontationskurses der Opposition, sieht es auch nicht nach einem Fall der Regierung Passos Coelho aus.

Portugal, dessen Wirtschaftsleistung 1,7 Prozent der Eurozone ausmacht, dürfte keine Ansteckungsgefahr für den Rest der Währungsunion bedeuten. Allerdings illustriert das Urteil des portugiesischen Verfassungsgerichts, dass die Sanierung der Eurozone immer wieder von Überraschungen geprägt ist.

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