Die Eurozone lebt, auch wenn ihr Kassandras aller Schattierungen unentwegt das baldige K.O. prophezeihen. Von Zeit zu Zeit setzt es zwar – siehe Zypern – einen brutalen Tiefschlag, aber sie derrappelt sich immer wieder relativ rasch, wie ein angeschlagener Boxer, der um keinen Preis der Welt am Boden landen möchte.
[[image1]]Und so inständig auch am Euro herumgemäkelt wird, obwohl er sich gegenüber dem Dollar etwa hervorragend schlägt, gibt es noch genügend EU-Mitgliedsstaaten, die ihn gerne möglichst bald einführen würden. Die lettische Regierung beispielsweise, die ihr Land mit einem beinharten Sparpaket Euro-fit gemacht hat, möchte schon im kommenden Jahr 18. Mitglied der Währungsunion sein.
Eigentlich kurios: Während die vereinigten Neinsager im Vereinigten Königreich nichts von der gemeinsamen Währung – und vielleicht auch bald schon von der ganzen EU – wissen möchten und die solistisch veranlagten Dänen und Schweden eisern auf ihre Kronen setzen, übt der Euro offensichtlich auf jene Staaten großen Reiz aus, die ihn noch nicht haben, sich von ihm jedoch eminente Vorteile versprechen. Dort ist vorerst noch nichts von einer Vertrauenskrise zu bemerken, die zum Beispiel in Deutschland immer deutlicher spürbar wird: Laut einer international durchgeführten GfK-Umfrage vertrauen nämlich nur noch 38 Prozent der Deutschen dem Euro. Der Durchschnittswert der EU27 liegt immerhin bei fast 65 Prozent – auch das ist jedoch vergleichsweise bescheiden: In den USA haben immerhin drei von vier Bürgern Vertrauen in den Dollar, in der Schweiz macht die Zustimmung zum Franken sogar mehr als 90 Prozent aus. In den westlichen Kernländern der Eurozone, insbesonders den Krisenherden Spanien und Italien, sind immer mehr Menschen indes zusehends sauer, weil sie dem Euro unter anderem ankreiden, dass die Preise weitaus schneller steigen als ihre Gehälter.
Schwachpunkt Dijsselbloem
Eine gewisse Skepsis, ob es wirklich vernünftig ist, den Lats durch den Euro zu ersetzen, ist freilich auch in Lettland vorhanden, aber eher beim so genannten kleinen Mann, nicht jedoch bei der Regierung, der Nationalbank und in der Wirtschaft. Die erhoffen sich allesamt von einer stärkeren Verankerung in Europa neue Zukunftschancen. Auch wenn der kleine Baltenstaat die Konvergenzkriterien nunmehr erfüllt, sollte man jedenfalls nichts übereilen und die endgültige Entscheidung am besten von einem Referendum abhängig machen. Das wäre auch aus Sicht der Eurozone klug: Sie muss nämlich all das, was sie bislang durchgemacht hat, erst einmal verdauen und zugleich für die nächsten Krisengewitter – in Slowenien? – gewappnet sein, ehe an eine Ausweitung zu denken ist. Deshalb ist auch das momentane Szenario, wie es denn weiter gehen könnte, ziemlich fragwürdig: Aus heutiger Sicht scheint es unrealistisch zu sein, dass Litauen, Rumänien und vielleicht auch schon Bulgarien im Jahr 2015 den Euro einführen. Das geplante Nachziehen von Polen und Tschechien ein Jahr später dürfte ebenfalls ein frommer Wunsch bleiben. Dieser Zeitplan wird wohl schon deshalb nicht funktionieren, weil die genannten Länder kaum imstande sind, ihre Hausaufgaben so kurzfristig zu erledigen, also die Konvergenzkriterien zu schaffen.
Der Klub der 17 sollte jedenfalls bis auf Weiteres eine geschlossene Veranstaltung bleiben, weil er nach fünf stürmischen Jahren endlich Zeit zur Konsolidierung benötigt und sich nicht so bald mit weiteren Experimenten übernehmen sollte: Mehr Euro-Länder – das würde mit Sicherheit noch mehr Gefahren und Probleme für die Währungsunion bedeuten. Diese wären vom ohnedies noch nicht sattelfesten Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und seinen Kollegen, wie‘s derzeit aussieht, so gut wie nicht zu bewältigen. Der niederländische Finanzminister, der in seiner neuen Rolle bei der Zypern-Rettung einen glatten Fehlstart hingelegt hat, ist der personifizierte Nachweis, dass die Euro-Krise noch nicht ad acta gelegt werden kann. Bleibt zu hoffen, dass Dijsselbloem beim nächsten Mal, das so sicher kommt wie das Amen im Gebet, nicht mit unüberlegten Aussagen wiederum gleich ganz Europa schockt, sondern überlegter und souveräner agiert. Sonst könnte es nämlich passieren, dass der Glanz des Euro auch in jenen Staaten allmählich verloren geht, die ihn noch gar nicht eingeführt haben.