Freitag, 19. April 2024
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EU verhängt weitere Sanktionen gegen Russland

Auf den ersten Blick erscheint das Ergebnis des jüngsten EU-Gipfels mager: Die Staats- und Regierungschefs haben Einreiseverbote und Kontensperrungen von zwölf weiteren Personen beschlossen, wodurch sich die Zahl der Namen auf der Strafliste auf 33 erhöht.

[[image1]]Gleichzeitig haben die Chefs ein Abkommen zur engeren politischen Kooperation mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk geschlossen, das die Ukraine enger an die EU rücken lassen sollen. Wirtschaftssanktionen, wie sie Großbritannien und Irland im Vorfeld gefordert hatten, blieben aus.

Bemerkenswert war der Gipfel dennoch, denn die Europäer haben Einheit demonstriert. Sie sind fest entschlossen, sich vom russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht auseinanderdividieren zu lassen. Und sie haben zu verstehen gegeben, dass sie härtere Sanktionen anwenden werden, wenn Putin die Ukraine destabilisiert. „Wir werden jeden neuen Vorfall einzeln untersuchen“, kündigte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy an. „Wir werden nicht alle Karten auf den Tisch legen.“

Noch bewegt sich die EU bei ihren Russland-Sanktionen in der selbst definierten Stufe zwei. Einige in der EU haben gehofft, dass diese Eskalationsstufe ausreicht, um Putin zur Räson zu bringen. Die dritte und höchste Eskalationsstufe blieb bewusst vage, als sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Sondergipfel Anfang März darauf verständigt haben.

Die nonchalante Art, in der Russland bisher auf die Sanktionen reagiert hat, deutet darauf hin, dass die Europäer zur dritten Stufe werden greifen müssen. Am Donnerstag, als beim Abendessen der Staats- und Regierungschefs Sanktionen das Thema waren, mussten Berater den Raum verlassen. So etwas passiert bei EU-Gipfel selten und galt sichtbar der Geheimhaltung.

EU-Staaten wären unterschiedlich stark betroffen von der russischen Gegenwehr

Das Problem von Wirtschaftssanktionen liegt darin, dass die russische Gegenwehr die Mitgliedsstaaten unterschiedlich ausgeprägt treffen würde. Österreich etwa weist eine deutlich stärker ausgeprägte finanzielle Verflechtung mit Russland auf als andere Länder. Einen ähnlich hohen Grad erreicht lediglich Zypern. Für Deutschland ist dagegen Russland ein wichtiger Exportmarkt. Nun besteht die Gefahr, dass sich Europa nur auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen kann. Denkbar wäre aber auch, einen Fonds einzurichten, der die am stärksten betroffenen Länder entschädigen würde.

„Bei Sanktionen kommt es nicht darauf an, dem anderen zu zeigen, wieviel Schaden dem Sanktionierten zugefügt werden kann, sondern wie viel Schmerz der Sanktionierer aushalten kann“, sagt der Ökonom Georg Zachmann vom Brüsseler Think Tank Bruegel. Es ist offensichtlich, dass die Wahl der Sanktionen sehr viel schwerer fällt, wenn sich 28 Länder auf Maßnahmen verständigen müssen.

Eskalation drückt das Wachstum

Der Einstieg in ökonomische Sanktionen birgt die Gefahr von Eskalation, dann die russische Seite wird mit Sicherheit auf europäische Strafmaßnahmen reagieren. Nach dem US-Reiseverbot hat Russland bereits seinerzeit ein Reiseverbot erlassen. US-Senator John McCain witzelte auf Twitter am Donnerstag, damit sei sein Frühlingsurlaub in Alaska wohl gestorben. Russische Gegenmaßnahmen könnten in einem nächsten Schritt aber sehr viel schwerwiegendere Folgen haben. „Eine Eskalation birgt das Risiko von höheren Rohstoffpreisen, höherer Inflation und niedrigerem Wachstum“, warnt der britische Finanzminister George Osborne bereits.

Experten gehen davon aus, dass ein Gasboykott Russland am meisten treffen würde. „Die Schmerzen wären für beide Seiten groß“, sagt allerdings Analyst Raoul Ruparel vom Thinktank Open Europe in London. Wenn die Europäer bereit wären, mehr für Energie zu zahlen, würden sie allerdings Alternativen finden, um russisches Gas zu ersetzen.
Bevor die Europäer zu Sanktionen greifen, müssen sich die Europäer allerdings sehr genau überlegen, was ihr Ziel ist. Die völkerrechtswidrige Annektierung der Krim scheinen sie weitgehend akzeptiert zu haben. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz spricht bereits von einem „fait accompli“. Nun wäre es wichtig, klar auszusprechen, was die Europäer von Putin erwarten.

Die Krim-Krise zwing Europa zum strategischen Denken und zu einem mittelfristigen Vorgehen. In der Euro-Krise hat Europa viel kurzfristiges Denken an den Tag gelegt. Damit wird es sich diesmal nicht retten können.
 

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