Donnerstag, 28. März 2024
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EU-Topjobs rücken in den Fokus

Die EU-Topposten werden erst in rund einem Jahr neu vergeben, aber das Thema rückt bereits in den Fokus. Am Rande des EU-Gipfels in der kommenden Woche, wollen die Staats- und Regierungschefs das Thema ansprechen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy tourt in diesen Tagen nach Paris, London und Berlin, um in der Angelegenheit zu sondieren.

[[image1]]Besonders brisant ist das Thema, weil der Vertrag von Lissabon das Vorgehen  geändert hat. Zum ersten Mal bekommt das Europäische Parlament das Recht, den Kommissionspräsidenten zu wählen. Und Artikel 17 des Lissabon-Vertrags sieht vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten den Ausgang der Europa-Wahl bei ihrer Personalentscheidung für die Kommissionsspitze berücksichtigen müssen.

Noch herrschen in Brüssel und in den nationalen Hauptstädten unterschiedliche Ansichten, wie dieser Artikel zu interpretieren ist. Die Staats- und Regierungschefs möchten nach wie vor den Posten hinter verschlossenen Türen besetzen. Die Fraktionen im Europa-Parlament wünschen sich, dass jede Partei bei der Europawahl im Mai 2014 mit einem Spitzenkandidaten antritt, der dann im Herbst 2014 den bisherigen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso beerben würde.

Martin Schulz, Olli Rehn, Ulrike Lunacek

Die Vorbereitungen laufen schon: Die europäischen Sozialdemokraten werden im Januar 2014 ihren Kandidaten küren. Eine Überraschung wird es nicht geben, Parlamentspräsident Martin Schulz, ein Deutscher, läuft sich schon warm. Bei den Liberalen hat der finnische EU-Währungskommissar Olli Rehn Interesse für eine Spitzenkandidatur bekundet. Die Grünen werden ihr Duo, eine Frau und einen Mann, in einer Online-Wahl bestimmen. Die österreichischen Grünen haben die Europaabgeordnete Ulrike Lunacek nominiert.

Die bisher größte Fraktion, die  Konservativen, hat bisher Mühe, eine geeignete Persönlichkeit zu finden. Die Fraktion hat zwar auch angekündigt, mit einem Spitzenkandidaten ins Rennen zu gehen, tut sich aber bisher sehr schwer. Das hängt damit zusammen, dass die Konservativen immer noch die größte Chance haben, am Schluss den Kommissionspräsidenten zu stellen, denn im Kreise der Staats- und Regierungschefs sind sie immer noch stark.

Vor allem wird keine Personalentscheidung gegen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fallen, die Barroso seinerzeit zum Brüsseler Job verhalf, noch bevor sie Deutschland regierte. Diejenigen in der Europäischen Volkspartei, die sich den Kommissionsposten zutrauen, haben nicht unbedingt Lust auf einen aufreibenden Wahlkampf in ganz Europa. Von Barrosos Nachfolger wird gewichtige Politerfahrung erwartet, am besten als Regierungschef. Es ist aber schwer vorstellbar, dass ein amtierender Ministerpräsident Zeit für eine Wahlkampagne in allen 28 Mitgliedsstaaten hat.

Skepsis am Personenwahlkampf

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat schon öffentlich gemacht, dass er es für falsch hält, die Europawahl zur Wahl des EU-Kommissionspräsidenten umzufunktionieren. „Nach einem Gesicht zu suchen, das die EU führen soll: Das ist keine Lösung“, sagt der Belgier. EU-Vizepräsidenten Viviane Reding hatte dagegen in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass ein Wahlkampf mit Spitzenkandidaten das Interesse der Bürger wecken würde. Sie sieht darin eine Chance, den Wahlkampf in eine „echte Debatte über die Zukunft Europas“ zu verwandeln.

Skepsis an einem Personenwahlkampf kommt auch vom früheren österreichischen Diplomaten Stefan Lehne, der gemeinsam mit Analystin Heather Grabbe das Thema für den britischen Thinktank Centre for European Reform untersucht hat. Ein Politiker, der für eine Partei Wahlkampf betreibt, hätte später Mühe, glaubwürdig die Unparteilichkeit der Kommission zu vertreten, argumentieren die beiden. Sie bezweifeln auch, dass ein personalisierter Wahlkampf mehr Bürger ermuntern könnte, sich an der Europa-Wahl zu beteiligen. Ein deutscher Kandidat wie Martin Schulz könnte etwa in Griechenland Ressentiments gegen die Deutschen wecken.

Wie auch schon bei den Personalentscheidungen vor fünf Jahren wird am Schluss eine Paketlösung vereinbart, bei der auf geographische und parteipolitische Ausgewogenheit geachtet wird. Geht der Posten des Kommissionschefs an einen Konservativen, so können sich die Sozialdemokraten Hoffnung auf einen anderen Topjob machen, etwa den Außenvertreter. Schon beim letzten Mal gab es Druck, die Jobs nicht nur an Männer zu vergeben, weshalb Catherine Ashton Hohe Vertreterin für Auswärtiges wurde.  

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