Donnerstag, 28. März 2024
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Schulden ohne Ende – Wie lange werden sich die Krisenstaaten noch gegeneinander ausspielen lassen?

Die neuesten Zahlen von Eurostat bestätigen die schlimmsten Befürchtungen: Portugals Staatschulden lagen am Ende des 1. Quartals 2013 demnach bei 127,2 Prozent der Wirtschaftsleistung und um 15 Prozentpunkte höher als noch vor einem Jahr.

[[image1]]In Italien sind sie um 6,5 Prozentpunkte auf 130,3 Prozent des BIP angestiegen und Irland machte sogar einen Sprung um 15 Prozentpunkte auf 125 Prozent des BIP, ebenso Spanien das nun bei 90 Prozentpunkten liegt, während Griechenland mit plus 24 Prozentpunkten auf 160,5 Prozent trotz Schuldenschnitt noch locker alle anderen übertrifft.

Im Schnitt lagen die Staatsschulden im Euroraum somit bei 92,2 Prozent des BIP, was eigentlich die letzten Zweifel am Scheitern der bisherigen Krisenpolitik ausräumen sollte.

Wie lange lässt der Souverän dies noch zu?

Denn bekanntlich treiben die massiven Sparprogramme überall in Südeuropa die Menschen auf die Strassen, was auch kaum verwundern sollte. Denn während die EU-Hilfsgelder vor allem den Zins- und Tilgungsdienst auf die bestehenden Schulden sicherstellen, greifen die Sparprogramme überwiegend bei denjenigen, die sich am wenigsten helfen können und denen nun auch kaum mehr geholfen wird.

Das zeigt sich mittlerweile nicht nur in Griechenland sondern auch schon in Spanien, Irland und Portugal an einer faktischen Rationierung der öffentlichen medizinischen Versorgung, weitgehenden Streichungen im Bildungssystem und einer generellen Verlotterung der Infrastruktur, was um so prekärer erscheint, als sich die Schuldensituation dennoch nirgends bessert oder auch nur Besserung in Sicht ist.

Jedenfalls zeigen sich die offiziellen Prognosen reihum als bar jeder Realität, was eigentlich niemand überraschen sollte. Denn immerhin predigen nicht nur Seiten wie diese seit Jahren gebetsmühlenartig, dass Sparen ohne Wachstum makroökonomisch nur ins Desaster führen kann, so dass eigentlich nur überrascht, dass die „Finanzmärkte“ momentan eher gelassen auf derartige Daten reagieren und der jüngste Abverkauf an den Bondmärkten nach der von US-Notenbankchef Ben Bernanke angedeuteten Zinswende nur die zehnjährigen Dollarrenditen um fast die Hälfte hat ansteigen lassen, nicht aber die Eurobonds von Spanien, Italien und den anderen Krisenländern.

Hier wirkt offenbar noch immer die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi vom Vorjahr, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenstaaten aufzukaufen, was sich aber durchaus auch als Fehlkalkulation der Märkte herausstellen könnte. Denn in andauernder Abwesenheit eines Wachstumswunders, werden die Regierungen der Krisenländer sich irgendwann der enden wollenden Leidensfähigkeit der Wählern beugen und einen Politikwechsel vornehmen müssen oder sie werden – will man die Demokratie nicht ganz abschaffen – aus den Ämtern gejagt.

Beispiel Portugal

Wie unsanft die Finanzmärkte auf derlei reagieren hat zuletzt Portugal gezeigt, wo Anfang Juli der maßgeblich an der Ausarbeitung des umstrittenen Sparprogramms beteiligte Finanzminister Vitor Gaspar zurückgetreten war, was die konservative Regierung in eine Krise gestürzt hatte. Präsident Anibal Cavaco Silva forderte daraufhin ein „Abkommen zur nationalen Rettung“, das EU-konforme Sparmaßnahmen garantieren sollte, was an der oppositionellen Sozialistische Partei (PS) scheiterte, die mittlerweile eine Neuverhandlung der staatlichen Ausgabenkürzungen fordert, die sie selbst 2011 beschlossen hatte, und zudem Neuwahlen verlangt.

Daraufhin stiegen die Zinsen für zehnjährige portugiesische Staatsanleihen neuerlich auf an die acht Prozent, was gemeinhin als untragbares Crash-Niveau angesehen wird, und erst nach einer beruhigenden Ansprache des Präsidenten letzten Sonntag kamen die Renditen wieder auf ein Niveau von rund 6,5 Prozent zurück.

Kein Einschreiten der EZB bei Absage an Sparpläne

Wie aber die Märkte reagieren werden, sollten nun weitere Krisenländer beginnen öffentlich darüber nachzudenken, die Sparprogramme zurückzufahren, ist also absehbar. Die EZB hätte in so einem Fall jedenfalls Schwierigkeiten, ein Einschreiten zu rechtfertigen, das darüber hinaus geht, Anleihen von denjenigen Krisenstaaten aufzukaufen, die zwar weiterhin ihre Sparwilligkeit beteuern, aber von einer Krise in einem anderen Krisenland „angesteckt“ werden, was wohl unweigerlich geschehen würde.

Bei Einschreiten des EU-Fonds müssten hingegen starke wie schwache Eurozonestaaten gleichermaßen bluten, nur wie sollen etwa spanische Politiker es ihren Wählern erklären, dass Spanien budgetwirksam Milliardensummen für ein anderes Land in die Hand nimmt, während die Arbeitslosenquote im eigenen Land gerade auf 30 Prozent zugeht und die Gelder für laufenden staatliche Pensionszahlungen nur noch durch das Anzapfen der Reserven für künftige Zahlungen aufgetrieben werden können?

Krisenstaaten vereinigt euch!

Insofern ist mittlerweile fast schon erstaunlich, warum sich die Krisenländer, die zu den aktuellen Bedingungen allesamt kaum jemals von ihren Schuldenbergen herunterkommen werden, sich von den Finanzmärkten weiterhin gegeneinander ausspielen lassen.

Immerhin stellen sie gemeinsam nicht nur für diese ein gewaltiges Bedrohungspotential da, das sie wohl auch nutzen könnten, um gegenüber den EU-Institutionen und eben den Märkten bessere und insbesondere sinnvollere Bedingungen durchzusetzen. Würden sie sich also auf ihre gemeinsamen Interessen besinnen, könnten sie wohl ein Ende mit Schrecken koordinieren, das dann nicht mehr ohne Ende vor allem von der Bevölkerung zu tragen wäre, sondern von den privaten Gläubigern, die als Vermögensbesitzer letztlich tatsächlich die einzigen wären, die diese auch tragen könnten – wobei freilich wiederum die Banken das größte Hindernis darstellen dürften, die Staatsanleihen auf Schulden gekauft haben und dann wohl neuerlich gerettet bzw. verstaatlicht werden müssten.

 

Bild: Lupo / pixelio.de/ © www.pixelio.de

 

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