Donnerstag, 28. März 2024
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Euro-Rettung: Weitere Milliarden notwendig

Griechenland ist nicht alleine: Auch für andere Problemfälle muss im Herbst über weitere Hilfen entschieden werden. Nach der Bundestagswahl in Deutschland am 22. September sind wichtige Beschlüsse zu erwarten. Allerdings wird in der Öffentlichkeit bisher kaum über den weiteren Finanzbedarf von Ländern wie Irland und Portugal gesprochen.

[[image1]]Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem blieb am Donnerstag in Brüssel sehr vage, als er im Europäischen Parlament sagte: „ Es wird Maßnahmen geben, um Irland zu unterstützen, wenn es das Hilfsprogramm verlässt.“ Irland will Anfang 2014 wieder zurück an die Kapitalmärkte, nachdem das dreijährige Hilfsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) zum Jahresende ausläuft. Um einen problemlosen Übergang zu garantieren, wünscht sich die irische Regierung eine Kreditlinie, auf die sie im Notfall zurückgreifen könnte.

Kreditlinie soll Investoren Sicherheit geben

An diesem Freitag nannte der irische Premierminister Enda Kenny erstmals einen Größenordnung: zehn Milliarden Euro, was dem jährlichen Staatshaushalt des Landes entspricht. „Meine Hoffnung ist, dass dies nur als Sicherheit da wäre, um unseren Kreditgebern Vertrauen zu geben, dass wir aber gar nie auf die vorsorgliche Kreditlinie zurückgreifen müssten.“

Es gilt als wahrscheinlich, dass der europäische Krisenfonds ESM die Kreditlinie vergeben wird. Die Statuten des ESM sehen diese Möglichkeit ausdrücklich vor. Irland wäre das erste Land, das auf dieses Instrument zurückgreifen würde.

Eine Entscheidung zu Irland könnte möglicherweise schon im Oktober fallen. Zuvor muss sich die Koalitionsregierung allerdings noch auf einen Haushalt für das kommende Jahr einigen. Die beiden Regierungsparteien sind sich bisher noch nicht über das Ausmaß der Einsparungen einig. Premier Kenny hofft, dass die Kreditlinie nicht mit weiteren Auflagen verbunden sein wird.

Ein sehr viel größeres Problem als Irland, das eine realistische Chance hat, sich wieder vollständig an den Kapitalmärkten zu finanzieren, stellt Portugal dar. Mitte 2014 läuft dort das internationale Kreditprogramm über 78 Milliarden Euro aus und niemand erwartet, dass Portugal dann den Sprung zurück an die Kapitalmärkte wird schaffen können.

Seit der Regierungskrise im Juli ist unklar, welchen Kurs die Koalition einschlagen wird, und wer in Lissabon überhaupt das Sagen hat. Der stellvertretende Premierminister Paulo Portas vom kleinen Koalitionspartner CDS-PP hat die Zuständigkeit für das internationale Kreditprogramm an sich gerissen und so Finanzministerin Maria Luís Albuquerque vom großen Koalitionspartner, der konservativen PSD, de facto entmachtet.

Portugal ächzt unter der Schuldenlast

Wegen der Regierungskrise hatte die Troika, bestehend aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und IWF, ihre Mission zunächst verschoben und kehrt erst jetzt zurück. Die Prüfung vor Ort sollte ein klareres Bild ergeben, vor allem zur Tragfähigkeit der Schulden. Die Staatsschuld ist seit Beginn des Hilfsprogramms gewachsen, so dass erhebliche Zweifel bestehen, ob das Land die Verbindlichkeiten je wird zurück bezahlen können. Auch wenn die Schuldenlast nicht dieselben Ausmaße wie in Griechenland erreicht, so ist doch eine gewisse Parallele zu beobachten.

Sorgen bereitet zudem, dass das Verfassungsgericht schon zum zweiten Mal ein Sparprogramm der Regierung gekippt hat, weil die Richter die Maßnahmen als nicht verfassungskonform eingestuft haben. Bisher ist nicht klar, an welchen anderen Stellen die Regierung nun kürzen will. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho hat schon von einem zweiten Rettungspaket für das Land gesprochen.   

Slowenien bleibt ebenfalls ein Problemfall, auch wenn das Land bisher noch keine Hilfe in Brüssel beantragt hat. Mittelfristig wird das Land alleine nicht überleben können. Weder bei der Bankensanierung noch bei der Sanierung des Staatshaushaltes kommt Slowenien voran. Dies könnte die Finanzmärkte beunruhigen und einen Antrag auf Hilfe beim ESM auslösen.

Auch in Zypern bleibt die Situation schwierig. Das Land hat zwar die Auflagen des Hilfsprogramms zunächst erfüllt und wird die nächste Tranche von 1,5 Milliarden fristgemäß erhalten. Die Umstrukturierung der größten Bank des Landes, der Bank of Cyprus, kommt aber nicht wie geplant voran. Weiterhin bestehen Kapitalverkehrskontrollen, die die Wirtschaft so gut wie lahm legen. Die scharfe Rezession wiederum senkt Hoffnung auf eine baldige wirtschaftliche Erholung.

In Brüssel herrscht angesichts der Vielzahl offener Fragen Konsens: Es wird ein bewegter Herbst werden.

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