Donnerstag, 25. April 2024
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Immer neue Rekorde in den Auktionssälen

Ein Auktionsrekord jagt den nächsten. Der Kunstmarkt boomt noch kräftiger als die Börse. Mittlerweise werden Preise gezahlt, die noch vor zwanzig Jahren als völlig utopisch galten. Die Europäer genießen auf dem Kunstmarkt ein hohes Ansehen. Vor allem im asiatisch-pazifischen Raum. Die neue Art Basel in Hongkong war ein deutlicher Hinweis, wo künftig in Sachen Kunst die Musik spielen wird.

[[image1]]Als der Hammer fiel, stockte sogar vielen leidenschaftlichen Kunstfreunden der Atem: Sage und schreibe 58,3 Millionen US-Dollar investierte bei der jüngsten Auktion von Christie’s ein bislang unbekannter Bieter für das Bild „Number 19“ des US-amerikanischen Künstlers Jackson Pollock. Das war der vielbeachtete Höhepunkt einer Versteigerung der Superlative. Insgesamt erwarben die Bieter allein in dieser Auktion Kunstwerke für fast eine halbe Milliarde US-Dollar. Das freute nicht nur Jussi Pylkkänen. Der Chef von Christie’s Europe ist überzeugt: „Wir befinden uns in einer neuen Ära des Kunstmarktes mit einer globalen Konkurrenz, die auf dem höchsten Level um Arbeiten wetteifert“.

Nicht zuletzt die Werke europäischer Künstler sind auf dem internationalen Kunstmarkt sehr gefragt und erzielen bemerkenswerte Ergebnisse. Mit an der Spitze: der deutsche Künstler Gerhard Richter. Er gilt inzwischen als der „teuerste lebende Maler“. Sein Bild „Domplatz, Mailand“ wurde jüngst bei Sotheby’s für rund 29 Millionen Euro versteigert. Im vergangenen Herbst erst hatte sein Gemälde „Abstraktes Bild“ einen Preis von rund 26 Millionen Euro erzielt. Richters „Domplatz, Mailand“ entstand im Jahr 1968 und ist fast drei Meter hoch. Gekauft wurde es jetzt von Don Bryant, einem Sammler aus New York.

Europäer gut am Kunstmarkt aufgestellt

Über Rekordauktionen berichtete auch das österreichische Dorotheum, selbst wenn diese eine ganze Nummer kleiner ausfielen als die Spitzenergebnisse der großen Konkurrenten Christie’s und Sotheby’s. Aber immerhin: Für das Gemälde „Die Witwe“ wurde ein Weltrekordpreis von 238.200 Euro erzielt. Es stammt von dem österreichischen Künstler Wolfgang Hutter, einem der Hauptvertreter der Wiener Schule für Phantastischen Realismus.

Der Kunstmarkt boomt stärker denn je, von Krise keine Spur. Das Geld wohlhabender Anleger vor allem in Asien und in den USA fließt nicht nur in die Sachwerte Immobilien und Aktien, sondern zunehmend auch in Kunst. Und die Europäer sind auf diesem Markt recht gut aufgestellt. Mitte Juni beginnt die 44. Art Basel, eine der wichtigsten internationalen Kunstmessen. Traditionell sind dort besonders stark Galerien aus Europa vertreten. Sie kommen teilweise aus den großen europäischen Märkten wie Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien, teilweise aber auch aus Klein- oder Kleinststaaten wie Slowenien, Island und Monaco. Insgesamt werden auf der von der Schweizer Großbank UBS gesponserten Art Basel 304 internationale Galerien Arbeiten aus elf Jahrzehnten zeigen. Neben den Galerien aus Europa sind auf dieser Kunstmesse inzwischen immer mehr Galeristen aus dem asiatisch-pazifischen Raum anzutreffen.

Darüber hinaus sind die Organisatoren der Art Basel mit ihrem Erfolgsprodukt nun auch direkt in Asien präsent. Unlängst eröffneten die Basler ihre neue Tochtermesse in Hongkong – mit 245 der international renommiertesten Galerien. Die Wahl des neuen Standorts kann nicht überraschen, immerhin gilt Hongkong inzwischen als einer der führenden Umschlagplätze des globalen Kunstmarktes. Dort wird bis 2017 das Museum for Visual Culture (kurz M+) entstehen, das künftig der Art Basel Hongkong einen geziemenden Rahmen geben soll. Die Regierung von Hongkong lässt sich das Prestigeprojekt „West Kowloon Cultural District“, zu dem das M+ gehören wird, rund 2,5 Milliarden Euro kosten. Rund 100 Millionen Euro davon dürften allein zum Ankauf von Kunst ausgegeben werden.

Überhaupt haben die Schweizer den chinesischen Kunstmarkt offenbar fest im Fokus. Als erster europäischer Galerist eröffnete der Luzerner Urs Meile eine Niederlassung in Peking, wo er unter anderem neue Werke des schweizerisch-amerikanischen Künstlers Not Vital präsentiert.

Tatsächlich sind die Summen, die derzeit in Kunstwerke fließt, atemberaubend. „Vor 20 Jahren hätten wir uns das nicht träumen lassen“, sagt Christie’s Europa-Chef Pylkkänen. Allein für das Bild von Jackson Pollock hätten 50 Gebote vorgelegen, viele davon im Bereich von über 20 Millionen US-Dollar. Die Galeristen setzen dabei zunehmend auf die reichen Festland-Chinesen, die erst allmählich ihr Interese an der Gegenwartskunst entdecken – und dann vor allem große Namen aus Europa und den USA präferieren. Die Art Basel Hongkong zeigte jedoch, dass im gesamten asiatisch-pazifischen Raum Potenzial vorhanden ist. Jedenfalls kamen zur Vernissage dieser neuen Kunstmesse Sammler aus der gesamten Region und nahmen dafür mehrstündige Flüge in Kauf. Keine Frage, Hongkong entwickelt sich zunehmend zu einer Drehscheibe des internationalen Kunstmarktes – und die Europäer genießen dort einen exzellenten Ruf.

Großbanken entdecken die Kunst

Derweil entdecken auch die europäischen Großbanken die Kunst als Geschäftsidee. Beschränkten sie sich bisher vor allem auf ihre Rolle als Sponsoren und als Käufer von Gemälden und Skulpturen, die anschließend die Vorstandsetagen schmückten, so planen inzwischen mehrere größere Geldinstitute in Europa, eigene Kunstfonds aufzulegen. Der aktuelle Art & Finance-Report der Beratungsgesellschaft Deloitte in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Art Tactic zeigt: 18 Prozent der in drei europäischen Ländern befragten Geldinstitute erwägen, in den kommenden beiden Jahren Kunstfonds als neue Assetklasse anzubieten. Ganz neu ist diese Idee freilich nicht. Weltweit gibt es bereits mehrere Dutzend solcher Fonds, die meisten – wie könnte es anders sein? – in China. Immerhin glauben 60 Prozent der befragten Bankmanager, dass die Nachfrage nach Kunst als Investment künftig weiter steigen wird.

Für Private Banking- und Private Wealth-Berater bedeutet dies: Sie müssen sich zunehmend vertiefte Kenntnisse über alternative Formen der Sachwertanlagen zulegen – von der Kunst über Uhren und Oldtimer bis hin zu edlen Weinen.

 

Bild: Karin Jung/www.pixelio.de
 

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