Freitag, 11. Oktober 2024
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Gefährdet neues Lehrerdienstrecht den Standort Österreich?

Das berufsbildende (höhere) Schulsystem sorgt für eine starke Wirtschaft, hohe (Jugend-) Beschäftigung  und eine geringe Kluft. Gefährdet das künftige Besoldungssystem diesen Trumpf?

[[image1]]So überfällig ein neues Dienstrecht war, so zwiespältig ist das hier vorliegende. Positiv: Direktoren werden künftig nur mehr auf fünf Jahre bestellt. Gut ist auch die Anhebung der Lehrverpflichtung auf europäisches Niveau, das ermöglicht zusätzliche Betreuungsleistungen. Statt 18 Stunden bei AHS und BHS (20-22 bei Pflichtschullehrern) halten alle Lehrer künftig einheitlich 24 Einheiten.

Lehrer-Gehälter: Von Grün zu Rot

Für Oberstufenlehrer bleiben die Gehälter optisch gleich – statt bisher 5.140 Euro Letztgehalt sind es nur noch 4.200 Euro plus 679 Euro Zulagen). Die Saläre der Pflichtschullehrer (Volks- und Hauptschule) werden aber fürstlich angehoben, sie sind denen der Oberstufenlehrer künftig gleichgestellt („4.200 Euro plus Zulagen“).

Bei Volksschullehrern steigt das Lebenseinkommen um 50.000 Euro, bei Hauptschullehrern um 85.000. Damit bleibt die SPÖ-Präferenz bei Pflichtschul-Pädagogen auf Jahrzehnte zementiert – auf Kosten der eher „Grün“-wählenden AHS/BHS.

Und auf Kosten des Budgets – denn die Lehrer-Ausgaben werden explodieren. Bis 2042 werden mindestens 5,4 Milliarden Euro mehr angefallen sein.

Pseudostudium Pädagogik?

Als Ausgleich für die Lohnerhöhung müssen Volks- und Hauptschullehrer künftig bis zum „Master“ studieren. Wer einen Vorgeschmack auf das neue akademische Niveau bekommen möchte, möge sich im „Bachelorstudium zum Lehramt an Volksschulen“ einschreiben. Von Prüfungsstress und Bücher-Pauken keine Spur – dafür viel Zeichnen, Malen, Diskutieren.

Lehrer ohne Fachwissen

Verlangt man auf der einen Seite von Volksschullehrern einen Master, sollen künftig alle Lehrer auch solche Fächer unterrichten dürfen, für die sie nicht ausgebildet sind. In eingeschränktem Maße geht das heute schon: Juristen unterrichten BWL – auch wenn ihr Niveau das eines HAK-Erstklässlers nicht übersteigt. Und Geografen lehren Marketing – auch wenn sie nie im Leben in einer Firma waren, geschweige denn im Marketing.

Die Ergebnisse sind schon heute niederschmetternd, künftig wird das Alltag sein. Dann unterrichten Religionslehrer in BWL die „Gemeinwohl-Ökonomie“, Englischlehrer turnen und Philosophen lehren Hochbau.

Lehrer-Bildung: Im Sommer geschlossen

Nicht angetastet werden hingegen die Pädagogischen Hochschulen („PHs“), die Fortbildungsorganisationen des Bundes für Lehrer. Da kann es schon einmal passieren, dass die Vortragenden des Kurses „Internet I“ in den ersten beiden Stunden Outlook installieren, um in den beiden anderen die Teilnehmer zu bitten, ihnen Fragen über das Internet zu stellen.

Mit den PHs leistet sich Österreich neben dem WIFI, dem BFI und den Volkshochschulen noch eine vierte hochsubventionierte Fortbildungsstätte. Allerdings nicht im Sommer, da hat man geschlossen.

Die drei anderen Institute haben im Sommer zwar offen, sind dann aber schlecht gebucht. Was läge also näher, als die teuren PHs zuzusperren und die Lehrerfortbildung auf WIFI, BFI und VHS aufzuteilen? Wenigstens sollen sich Lehrer künftig in ihrer Freizeit fortbilden müssen – dafür nur 2 Tage.

„1–2–3“ – Chance vorbei

Das neue Dienstrecht wird die Lehrerkosten nicht senken, sondern erhöhen – ohne die Unterrichtsqualität zu steigern. Es wird auch künftig keine konkretisierten, standardisierten  Unterrichtsinhalte oder gar Benotungsschemata aus Wien geben. Im Gegenteil: Wenn alles schiefläuft, werden die Lehrer in die Kompetenz der Länder fallen – und Protektion und Schiebung neue Urstände feiern. Redundanzen in der Lehrer–Verwaltung werden nicht beseitigt („PHs“), der Parteien-Einfluss nicht verringert.

Österreich hat seine Chance auf ein zukunftsfähiges Bildungssystem vertan, weil ein anachronistisches Verhältniswahlrecht keine klaren Entscheidungen zugelassen hat. Statt die Absolventen unseres Schulsystems auf die Bedürfnisse einer modernen Wirtschaft vorzubereiten, verliert man sich in einem Sammelsurium an teils widersprüchlichen Einzelmaßnahmen. Den Rest umarmt ein Föderalismus „Marke 1961“ zu Tode.

Wenigstens quantitativ werden die neuen Pädagogik-Studien die „Akademiker“-Zahlen auf Welt-Niveau bringen. Und vielleicht wird Österreichs Industrie die Stelle von Controllern und Maschinenbauern künftig ja mit Geografen und Psychologen besetzen.

Vielleicht aber auch nicht.

 

Bild: knipseline / PIXELIO/©www.pixelio.de

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