Donnerstag, 28. März 2024
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Frank Stronach und der Euro

Der zuletzt deutlich konziliantere Milliardär gewinnt an Wählbarkeit und könnte der FPÖ mit seinen „nationalen“ Euros durchaus den Rang ablaufen.

[[image1]]Da Stronachs Programm von der populistischen Konkurrenz jede eigenständige Idee abgesprochen (FPÖ Generalsekretär Harald Vilimsky) oder als alter „Alter Sack gefüllt mit geklauten Ideen“ (BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher) bezeichnet wird, muss wohl davon ausgegangen werden, dass der Milliardär dabei nicht alles falsch gemacht haben kann. Offenbar hält er sich an die schon bei Jörg Haider oder dem Lega-Nord-Italiener Umberto Bossi beobachtbare Regel, dass erfolgreiche Populisten stets auch Diagnosen und Ideen unters Volk bringen müssen, die nicht nur unmittelbar überzeugen können, sondern auch einen gewissen Neuigkeitswert haben. So war Haiders Kritik an den groß-koalitionären Mauscheleien damals nicht nur weitgehend zutreffend, sondern in Form und Lautstärke auch neu; ebenso haben sich einige von Haiders Anmerkungen zu Integrationsfragen, die anfangs als schwere Tabubrüche betrachtet wurden, später als durchaus zutreffend herausgestellt. Das war freilich vor bald 20 Jahren, und wenn die FPÖ nun neuerlich mit diesen Themen in die Wahlen gehen wollte, dann sähe sie wohl ebenso alt aus wie diese. Folglich forciert sie schon länger auch die Euro-Frage, wobei sie hier allerdings rein gar nichts Neues anzubieten hat. 

Starkes Thema Euro-Kritik

Dass eine glaubhafte Euro-Kritik ein starkes Thema wäre, ist klar. Schließlich taucht der in den Medien seit Jahren nur noch aufgrund seiner Unzulänglichkeiten auf, das aber praktisch täglich, wobei sich die Sachkenntnis von Medien und Bevölkerung zumeist aber in gleichermaßen engen Grenzen hält. Wie sich in jedem Wirtshaus und jeder Trafik verifizieren lässt, haben die Kritiker mittlerweile jedenfalls die Oberhand gewonnen, und wer hier eine plausible Alternative anbieten könnte, dürfte durchaus auf Wahlerfolge hoffen. Könnte das Team Stronach der FPÖ also das Euro-Thema abnehmen, bliebe der FPÖ kaum mehr als das mittlerweile reichlich abgestandene Ausländerthema, wobei der Auswanderer Stronach bei teilweise ähnlichen Standpunkten hier die ungustiösen Töne unterlässt, die Strache wohl auch für einige entschiedene Euro-Skeptiker unwählbar machen.

Stronach doch lernfähig?

Allerdings hatte Stronach seine Lösung eines „Austro-Euro“ bereits bei einigen mehr oder weniger bizarren TV-Auftritten umrissen, die wohl seinen Vorschlag wirr und widersprüchlich erscheinen ließen, sondern wohl auch etliche potentielle Wähler aus seinem Lager vertrieben hatten. Auch wie die von ihm sehr wirr präsentierte Euro-Idee zu verstehen wären, blieb völlig offen, wobei Stronach jedoch einräumte, dass deren konkrete Ausformung noch nicht ausdiskutiert sei. Ob so ein Diskussionsprozess, der von Stronach wohl die Bereitschaft zuzuhören sowie eine gewisse Lernbereitschaft verlangt hätte, konstruktiv verlaufen würde, daran durfte nach den ZIB 2-Interviews aber wohl zurecht gezweifelt werden, jedoch deutet sein jüngster Auftritt bei Armin Wolf darauf hin, dass selbst Stronach bereit sein könnte, Ratschläge anzunehmen und sogar sein eigenes Verhalten zu überdenken.

Stronach in der ZIB 2 sachlich und konziliant

So trat er diesmal deutlich konzilianter auf und beantwortete vereinzelt Fragen sogar sachlich, was seine Chance auf Wahlerfolg und Regierungsbeteiligung vermutlich erheblich hat ansteigen lassen. Würde ein origineller Vorschlag nun auch noch die Euro-Ängste entsprechend kanalisieren, könnte die FPÖ vielleicht sogar überholt werden können, worauf anscheinend auch das Team Stronach spekuliert, dessen Hompage folglich auch allein zu diesem Thema etwas ausführlichere Inhalte anzubieten hat.

Experten aus Deutschland

Da die Vorschläge auch im Programm nicht klar ausgeführt werden, müssen deren Inhalte vor allem aus den Anmerkungen seiner Experten extrahieren werden, wobei Stronach gleich drei einschlägige Experten aus Deutschland importiert hat. Darunter den Fondsmanager und Vice President des Goldstandard Instituts Thomas Bachheimer, den marktliberalen Manager Hans Olaf Henkel, der 2010 mit seiner Forderung nach einem Nord- und einem Süd-Euro bekannt wurde, sowie den 1929 geborenen Wirtschaftswissenschafter und Finanzpolitiker Wilhelm Hankel als „wissenschaftlichen Kopf in Euro-Fragen“. Der war zuvor u. a. Gastprofessor in Harvard und Washington (D.C.) und hatte den Lehrstuhl für internationale Währungspolitik inne und ist ein langjähriger Gegner der Währungsunion. So hatte Hankel, der auch in national-konservativen bis rechtsextremen Zeitschriften publiziert, schon 1997 (erfolglos) beim deutschen Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung des Euro geklagt und klagte dort 2010 gegen die Finanzierung Griechenlands. Hankel ist nicht nur ein Gegner der direkten Staatsfinanzierung durch die Notenbank, sondern lehnt im Grunde jegliche Geld- und Kreditschöpfung ab. Dennoch fordern sie keine Rückkehr zu einer Goldwährung, sondern wollen – wie von Stronach im TV ausgeführt – den klassischen Euros im normalen Zahlungsverkehr durch einzelne National-Euros ersetzen, die gegeneinander im Wert schwanken können. Denn dadurch – und das ist ebenso wenig zu leugnen, wie ihre Diagnose einiger der Konstruktionsmängel der Eurozone – könnten die einzelnen Staaten ihre internationale Konkurrenzfähigkeit wesentlich einfacher erhöhen, als wie jetzt über eine Senkung von Löhnen und Preisen, was zweifellos zutrifft.

Cross-rates via „Verrechnungseuro“ statt Dollar

Wie sich dieses System, wie Stronach sagt, wesentlich vom alten Schilling-System unterscheiden soll, rekurriert offenbar auf die Praxis der Devisenmärkte, alle Wechselkurse als so genannte „Cross-rates“ über den Dollar-Wechselkurs zu berechnen. Werden beispielsweise dänische Kronen in britische Pfund gewechselt, dann werden die Kronen zuerst fiktiv in Dollars gewechselt und diese dann fiktiv in Pfund, woraus sich dann erst der Pfund/Kronen-Wechselkurs ergibt. Das ist ein Relikt der 1971 beendeten Bretton Woods Ära, als alle Währungen fix an den Dollar und dieser an Gold gebunden war. Diese Rolle soll laut Stronach ein Verrechnungs-Euro übernehmen, der dann zwar aus dem normalen Geldumlauf verschwinden soll, an den Finanzmärkten aber weiterhin gehandelt werden soll. Laut Hankel bedeute dies die die Entmachtung der EZB: „Denn die EZB kann zwar Euro drucken, aber nur in dem Umfang, wie sie nationale Währungen ankauft. Dadurch bleibt in ganz Europa die Geldmenge gleich und wir sind inflationsgeschützt“, wovon sich Stronach ein wesentlich inflationsunanfälligeres Währungssystem verspricht.

Kein Inflationsschutz durch National-Euro – im Gegenteil

Da in diesem System folglich aber wieder die einzelnen Notenbanken die Geldmenge kontrollieren würden, stellt sich hier jedoch die Frage, ob denn eine einzelne EZB von der Bevölkerung nicht vielleicht leichter zu kontrollieren wäre, als die einzelnen Notenbanken. Wie könnte in diesem System zudem verhindert werden, dass sich die europäischen Notebanken dieselben Abwertungs-Wettkämpfe liefern, wie aktuell vor allem die Notenbanken der USA, Großbritanniens und Japans (die EZB konnte sich dahingehend bislang auf die Eurozonenkrise verlassen), die sich mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik offenbar einen bewussten Abwertungswettlauf gönnen. Denn da die Auslandsschulden in alten Euros bestehen bleiben sollen, werden sich gerade die Länder, die eigentlich abwerten müssten um konkurrenzfähig zu werden, davor hüten, da sie sonst befürchten müssten, von den dadurch aufgewerteten Schulden ruiniert zu werden. Demgegenüber würden die wirtschaftlich derzeit starken Länder wohl gegen übermäßige Aufwertungen kämpfen müssen, der sie – wie heute die Schweiz – mit einer übermäßig lockeren Geldpolitik entgegentreten würden. Das würde der vermutlich hauptbetroffenen Bundesbank zwar sicherlich eine schwere Zereißprobe bescheren. Viel weniger Hemmungen hätte da aber wohl schon die Österreichische Nationalbank, wobei nicht vergessen werden sollte, dass auch die Bundesbank in extremen Stärkephasen der Mark schon mal alle geldpolitischen Schleusen geöffnet hatte.

Euro-Lehrgeld in den Wind schreiben?

Tatsächlich hatte niemand die deutschen und andere Banken gezwungen, den südlichen Instituten hunderte an Milliarden zu überlassen, damit dort unbeschränkt Konsumkredite, Immobilienblasen und Regierungen finanziert werden konnten. Klar ist auch, dass die Ausgleichsmechanismen, die den Aufbau derartiger Ungleichgewichte hätten verhindern sollen, nicht funktioniert haben. Nur beweist das Beispiel der USA, dass auch Währungsräume mit sehr geringer Homogenität funktionieren können; und immerhin hat Europa inzwischen ein enorm hohes Lehrgeld bezahlt, dass nicht so leicht in den Wind geschrieben werden sollte. So liegen die Schwachstellen des aktuellen Systems mittlerweile offen und können nicht mehr verleugnet werden. Jetzt wird immerhin diskutiert und werden Lösungen gesucht, wobei einige der Stäken und Bequemlichkeiten des Euro ja selbst von den entschiedenen Eurogegnern mitunter geschätzt und genossen werden.

Ungefährdete Dollar-Hegemony

Würde der Euro indes nur als Verrechnungseinheit überleben, ist kaum zu sehen, wie die berüchtigte Dollar-Hegemony gebrochen werden soll, die wohl von Anfang an das unausgesprochene Ziel der Europäer gewesen war. Dieses laut General Charles De Gaulle „exorbitante Privileg“ der USA, sich in der eigenen Landeswährung im Ausland zu verschulden, wäre für die Eurozonestaaten jedenfalls gestorben. Denn egal ob sie in Verrechnungseuro oder in National-Euro emittieren, wären alle Vertragspartner demselben Währungsrisiko ausgesetzt, wie in den Zeiten von Lira, D-Mark, Franc und Schilling, nur dass beim Wechseln von Franc in Schilling der Umweg nicht über den Dollar, sondern über den Euro gemacht würde.
 

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