Samstag, 2. November 2024
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Europäisches Gold strömt nach Asien

Während sich international das Kapital aus Asien verabschiedet, sichern sich asiatische Investoren die von den Finanzmärkten abgegebenen Goldbestände.

[[image1]]Seit Beginn der Zivilisation dient Gold nicht nur als Schmuckmetall sondern auch als wertbeständiges Zahlungsmittel, wobei es zudem ein Charakteristikum des Untergangs von Weltreichen war, dass dem – wie am Ende des römischen, spanischen oder britischen Imperiums – der Verlust der Goldbestände vorangegangen war. Seit dem Ende der Goldbindung des US-Dollars im Jahr 1971 wird Gold allerdings vor allem als Investitions- und Spekulationsgut genutzt, das sich als Fluchtwährung in Krisenzeiten und auch als Inflationsschutz großer Beliebtheit erfreut.

Folglich sollte aus der aktuellen Verlagerung der globalen Goldbestände nach Asien wohl noch nicht auf ein Ende der westlichen Dominanz geschlossen werden, sondern vielmehr auf das Gegenteil – einer sich abzeichnenden Finanzkrise in den aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften.

Gold-ETFs verkauften heuer bereits mehr als 700 Tonnen Gold

Verfügbar wurden diese Goldbestände weil die börsengehandelten Gold-Finanzprodukte (Gold-ETFs) seit Ende 2012 massive Abflüsse an Investorengeldern verzeichneten und von den von ihnen zu diesem Zeitpunkt gehaltenen 2600 Tonnen, die ungefähr der jährlichen Goldproduktion entsprechen und großteils in London gelagert werden, heuer im ersten Halbjahr mindestens 700 Tonnen verkaufen mussten. Dass diese fast komplett in Asien gelandet sein dürften, zeigt nun – bevor die dahingehend verlässlichsten Importstatistiken veröffentlicht werden – eine Analyse der der Australischen Macquarie Bank.

Demnach wären im ersten Halbjahr 797 Tonnen Gold von Großbritannien in die Schweiz exportiert worden (davon 240 Tonnen allein im Mai), die vor allem von Goldfonds abgegeben wurden. Während Teile davon wohl auch auf westliche Investoren entfallen, die das Vertrauen in „Papiergold“, wie es in verbriefter Form an den Finanzmärkten angeboten wird, verloren haben und eine physische Einlagerung in schweizerischen Tresoren vorziehen. Macquarie zufolge sei der Großteil davon aber in der Schweiz gelandet, weil es dort für den physischen Weiterexport in die in Asien gefragten Formate raffiniert werde. Das war immerhin fast zehnmal so viel wie im gesamten Vorjahr, in dem insgesamt nur 92 Tonnen von Großbritannien in die Schweiz geflossen waren, und bestätigt die umlaufenden Schätzungen, wonach allein Chinesen und Inder rund 70% des im 2. Quartal des laufenden Jahres weltweit gehandelten Goldes gekauft hätten.

Indien und Pakistan behindern Goldimporte

Gerade im bereits länger von einer schweren Wirtschaftskrise betroffenen Indien sind die Goldimporte derart angeschwollen, dass sich die Regierung dazu gezwungen sah, um das ausufernde Handelsbilanzdefizit zu vermindern, die Einfuhrsteuer auf acht Prozent anzuheben und den Goldimporten, die nach Öl das Umsatzstärkste Importgut Indiens darstellen, noch weitere nicht-tarifäre Beschränkungen aufzuerlegen.

Bislang hatte das allerdings nur dazu geführt, dass das Gold nun über Pakistan eingeschmuggelt wird, was Pakistan, dessen Goldimporte sich dadurch mehr als verdoppelt hatten, seinerseits zu einem kurzfristigen Goldimport-Verbot veranlasste. In China kommen zu der seit dem Goldpreiseinbruch massiv angeschwollenen privaten Nachfrage auch noch die Käufe der Notenbank, die ihre gewaltigen Dollarreserven schon länger für Goldkäufe nutzt, wobei die Zahlen für Juni ziemlich interessant sein dürften, da China, das sonst zu den wichtigsten Käufern von US-Staatsanleihen zählt, seinen Bestand in diesem Monat um 22 Milliarden Dollar verringert hatte.

Internationale Gelder verlassen Asien

Während das Motiv für Goldkäufe bei der Chinesischen Notenbank aber wohl darin liegt, die enormen Dollarbestände abzubauen, dürften die asiatischen Privatanleger ihre Bestände nicht nur aufgrund des zuletzt von 1800 Dollar auf 1200 Dollar je Feinunze eingebrochenen Preises aufstocken, sondern weil sie zunehmend das Vertrauen in die eigenen Volkswirtschaften verlieren – was offenbar auch bei den internationalen Investoren der Fall ist. Denn seit sich die Anzeichen verdichten, dass China auf ein Phase mit schwächerem Wachstum zusteuert und die USA ihre superlockere Geldpolitik straffen will, werden die Gelder der internationalen Investoren mit zunehmender Dynamik aus Asien abgezogen, was sich bereits in massiven Verlusten an den asiatischen Aktienmärkten und Einbrüchen der Wechselkurse zeigte.

Beispielsweise flossen laut Bloomberg heuer im ersten Halbjahr 155,6 Milliarden Dollar in Aktienfonds, die in den westlichen Industriestaaten investieren; aus asiatischen Fonds wurden hingegen 7,6 Milliarden Dollar abgezogen, wobei sich der Abfluss im Sommer noch erheblich verstärkt habe. In der Folge verlor der Asien-Aktienindex MSCI Asia Pacific in den letzten drei Monaten fast 15 Prozent, während der Markbreite US-Index S&P 500 nur 1,2 Prozent und der Stoxx Europe 600 nur 2,4 Prozent abgaben, wobei der Einbruch zuletzt deutlich an Dramatik gewann.

So sackte der  ohnehin schon länger schwache indische Aktienmarkt in der letzten Woche um mehr als fünf Prozent ab, in Thailand waren es sechs Prozent, während der Indonesische Aktienmarkt sogar zehn Prozent abgab. Gleichzeitig haben in den letzten drei Monaten so gut wie alle asiatischen Währungen (außer dem chinesischem Yuan) gegenüber dem Euro zehn oder mehr Prozent verloren.

Mehr als drei Billionen Dollar an ausländischem Kapital

Der Grund für die asiatischen Sorgen dürfte indes in der zunehmenden Überschuldung des Privatsektors liegen, der sich seit dem Ausbruch der Weltfinanzkrise im Jahr 2008 ausgesprochen günstiger Finanzierungsbedingungen erfreut hat. So waren in den letzten vier Jahren mehr als drei Billionen Dollar an internationalen Geldern in die asiatischen Emerging Markets geflossen, während die asiatischen Notenbanken (ohne China und Japan!) laut Citigroup seit 2009 rund 900 Milliarden Dollar an Währungsreserven angehäuft und dafür einheimischer Währung in Umlauf gebracht haben.

Inzwischen zeigen sich die Folgen des billigen Geldes in einem teilweise dramatischen Anstieg der öffentlichen und besonders der privaten Verschuldung, die oft mit erheblichen Immobilien-Preissteigerungen verbunden war, die in Hong Kong, Singapur und Südkorea bereits zu deutlich sichtbaren Immobilienblasen geführt haben. Gleichzeitig stiegen die Einzelhandelsumsätze in Emerging Asia zwischen 2008 und 2012 jährlich im Schnitt um 8,8 Prozent, was den Exporteuren aus den USA, Japan und der Eurozone darüber hinweggeholfen hat, dass die Zuwächse im Westen im Schnitt nur bei 0,9 Prozent gelegen hatten.

Kreditkartenschulden mehr als verdoppelt

Dafür sind laut Citigroup allerdings die Konsumkredite (ohne Immobilien) in Asien (ohne Japan) in den letzten fünf Jahren um 67 Prozent auf insgesamt mindestens 1,66 Billiarden Dollar angestiegen und die Kreditkartenschulden haben sich mehr als verdoppelt. Folglich haben die Bankkredite im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung wieder die Niveaus von vor der letzten Asienkrise (1997/98) erreicht und liegen im Verhältnis zu den verfügbaren Einkommen mittlerweile um bis zu 30 Prozent höher als in den USA.

Da große Teile dieser Schulden zudem gegenüber ausländischen Gläubigern bestehen, trifft es sich auch nicht besonders gut, dass die bislang so solide asiatische Exportkonjunktur gerade erhebliche Ermüdungserscheinungen zeigt. So gab China gerade den niedrigsten Exportzuwachs seit einem Jahr bekannt, während Malaysia für April gerade einen überraschenden 3,3prozentigen Rückgang gegenüber dem Vorjahresmonat bekannt geben musste, während auch die Philippinen, Indonesien und Thailand Rückgänge verzeichneten.

Um den damit verbundenen Wechselkurseinbrüchen entgegenzutreten straffen die asiatischen Notenbanken (abgesehen von Japan) nun auch noch die Geldpolitik, so dass nun gleichzeitig Exporte, der Zufluss ausländischen Kapitals und die expansive Geldpolitik versiegen, was dramatische Folgen haben müsste und anscheinend auch die asiatische Bevölkerung zu Vorsichtsmaßnahmen treibt.

 

Bild: Rike / pixelio.de/ © www.pixelio.de

 

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