Samstag, 5. Oktober 2024
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Streit um Gibraltar illustriert die Schwäche von Spanien und Großbritannien

Der aktuelle Konflikt zwischen Spanien und Großbritannien um Gibraltar erinnert an einen Streit kleiner Kinder im Sandkasten. Von außen ist schwer nachvollziehbar, wer angefangen hat. Was allerdings nicht so wichtig ist, denn alle Seiten sind schuldig. Und obwohl alle Beteiligten ein Interesse daran haben, den Streit möglichst schnell einzustellen, kommen sie von alleine nicht auf diese Idee.

[[image1]]Wenn Spanien und Großbritannien ausgerechnet im Sommerloch 2013 ihre Differenzen um die 300 Jahre alte Kronkolonie lautstark austragen, dann ist das kein Zufall. Beide Regierungen, sowohl die spanische von Mariano Rajoy als auch die von David Cameron, können ein Thema gebrauchen, mit dem sie von den innenpolitischen Problemen ablenken können. Rajoys Partido Popular ist tief in einen Spendenskandal verwickelt. Cameron fehlt es ebenfalls an Popularität, was er bisher vor allem durch anti-europäische Töne wettzumachen versucht hat. Großbritannien und Spanien eint noch etwas: Beide Länder blicken auf eine lange Kolonialgeschichte zurück. Spanien besitzt heute noch in Nordafrika die Enklaven Ceuta und Melilla, auf die es ebenso wenig verzichten möchte wie Großbritannien auf Gibraltar.

Schritt für Schritt zur Eskalation

Der aktuelle Streit ist ein Paradebeispiel, wie ein Konflikt eskalieren kann. Spanien stören die Betonklötze, mit denen die Briten ein künstliches Riff vor Gibraltar bauen wollen. Es befinde sich auf spanischem Hoheitsgebiet, argumentiert Madrid. Außerdem entziehe es den Fischern der Umgebung die Lebensgrundlage. Im Gegenzug verstärkt Spanien die Kontrollen an der Grenze zu Gibraltar mit dem Hinweis es gebe in großem Stil Schmuggel und Geldwäsche obendrein. Die Briten schickten daraufhin einen Marine-Verband angeführt von der Fregatte HMS Westminster ins Mittelmeer. Der spanische Außenminister José Manuel Garcia-Margallo kündigte im Gefolge an, sich neue Verbündete zu suchen. Ausgerechnet mit Argentinien will er Anfang September Gespräche führen, wie beide Länder bei den Vereinten Nationen oder dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag agieren könnten, um die Zukunft von Gibraltar und den Falkland Inseln zu beeinflussen.

Das ist gelinde gesagt kindisch – und vor allem sehr uneuropäisch. Die spanische Idee, beim Grenzübertritt von Gibraltar künftig 50 Euro zu kassieren, hat die EU-Kommission bereits als illegal eingestuft. Die europäischen Verträge lassen solche Kleinstaaterei im 21. Jahrhundert nicht mehr zu.

Mehr Realismus notwendig

Beide Regierungen sollten der Realität ins Auge sehen. Auch wenn sich Madrid noch so sehr ein Ende der Kronkolonie wünscht, Großbritannien wird weiterhin Anspruch auf Gibraltar erheben, so wie es Spanien auf Ceuta und Mellila tut. Großbritannien sollte gleichzeitig die spanische Kritik am Schmuggel und an der Geldwäsche ernst nehmen. Spaniens Außenminister García-Margallo spricht von 21.770 Unternehmen, die in Gibraltar registriert sind und einen sehr niedrigen Steuersatz von nur zehn Prozent zahlen. Bei 30.000 Einwohnern in Gibraltar liegt der Verdacht nahe, dass es sich zumindest bei einem Teil dieser Unternehmen um Briefkastenfirmen handelt. Themen wie diese müssen die Briten in den entsprechenden Gremien offen diskutierten. Bisher hat London Gespräche darüber immer abgeblockt. „Es wird Zeit, dass wir eine Diplomatie von Erwachsenen sehen“, urteilt der frühere britische Europaminister Denis MacShane.

Spaniens Außenminister hat seit seinem Amtsantritt Gibraltar thematisiert und forciert es nun. Ministerpräsident Rajoy kommt es gelegen, um von der wirtschaftlichen Misere des Landes abzulenken. Gerade erst in dieser Woche wurde bekannt, dass der Anteil der faulen Bankenkredite einen Höchststand erreicht hat. Ohne grundlegende Bankensanierung wird sich die spanische Wirtschaft aber nicht erholen können. Rajoy und seine Minister sollten ihre ganze Kraft darauf legen statt Konflikte der Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.

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