Samstag, 20. April 2024
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Die rot/schwarze Voodoo-Reform

Warum musste es ausgerechnet Freitag, der 13., sein? Ohne darauf Bedacht zu nehmen, dass an solchen Tagen angeblich das meiste  Unglück passiert, haben Kanzler und Vizekanzler stolz bekanntgegeben, dass nach monatelangen Krämpfen endlich die Tarifreform ausgehandelt ist.

Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner, assistiert von Hans Jörg Schelling als derzeitigem Polit-Zampano schlechthin, haben mehr als sechs Millionen Landsleuten im Grunde genommen eine Freude bereiten wollen – rund fünf Milliarden Euro zu verteilen, ist ja im Prinzip gar nicht so schlecht. Das frühzeitige Weihnachtspräsent an die Österreicherinnen und Österreicher wird allerdings nicht mit der gehörigen Begeisterung quittiert. Natürlich ist es erfreulich, dass Kleinstverdiener, die gar keine Steuer blechen müssen, ab kommendem Jahr in den Genuss einer Gutschrift namens Negativsteuer kommen werden; oder dass der Eingangs-steuersatz von 36,5 auf 25 Prozent sinken und daher bei vielen Arbeitnehmern mehr im Börsel übrig bleiben wird.

Dennoch will in diesen Tagen keine echte Freude aufkommen – weder bei der breiten Masse der kleinen Lohnempfänger, die sich noch monatelang gedulden müssen, noch bei den bloß ein paar hundert Topverdienern, deren Spitzensteuersatz auf 55 Prozent erhöht wird – was aber kaum wehtun sollte, handelt es sich doch durchwegs um Einkommen über einer Million Euro. Auch wenn die Regierung den Bürgern die von der SPÖ angedrohte Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer letztlich erspart hat, ist beim rot/schwarzen Maßnahmenpaket offenbar für die meisten so einiges dabei, was ihnen total gegen den Strich geht. So etwa werden nach dem Motto „geben & nehmen“ die Grunderwerbs-, die Kapitalertrags- und die ermäßigte Mehrwertsteuer erhöht. Die Registrierkassenpflicht wiederum stößt bei zahllosen Betroffenen – von Wirten und Schuhhändlern bis zu Zahnärzten oder Apothekern – auf keinerlei Gegenliebe. Und das überraschende Vorhaben des Fiskus, künftig im Verdachtsfall direkt in Bankkonten Einsicht nehmen zu wollen, wird vielfach als endgültiges Ende des Bankgeheimnisses made in Austria kritisiert. Damit werden insbesonders Unternehmen a priori als potentielle Betrüger eingestuft.

„Göd wia Saund am Meer“

Die Wirtschaft, die – siehe oben – noch relativ glimpflich davon kommt, sieht sich freilich als große Verliererin der Voodoo-Reform. Denn mit ihrer geheimnisvollen Zauberkunst, die sowohl Unheil als auch Glücksgefühle  zu bewirken vermag, haben ihr die führenden Polit-Magier so einiges eingebrockt: Gleich nahezu zwei Milliarden Euro sollen unter dem Generaltitel Betrugsbekämpfung hereinkommen – ein geradezu kultisches Projekt, das Experten schon jetzt für ziemlich illusorisch halten. Trotzdem: Auf gerissene Gastwirte, Pfuscher aller Art und notorische Mehrwertsteuer-Trickser etwa kommen jedenfalls heiße Zeiten zu. Allein von der angekündigten Offensive mit Registrierkassen werden immerhin 900 Millionen Euro erhofft – eine ehrgeizige Zielsetzung, die zumindest im Jahr Eins ein frommer Wunsch bleiben dürfte.  Die Anhebung des bisher ermäßigten Mehrwertsteuersatzes trifft ebenfalls viele am falschen Fuß, darunter Hoteliers, Kulturveranstalter, Vielflieger oder Tierliebhaber. Die vorerst nur recht nebulös angekündigte Kürzung von Förderungen im Ausmaß von 500 Millionen wird schließlich an den heimischen Betrieben auch nicht gerade spurlos vorübergehen.

Ein weiterer Plan der Regierung – nämlich im Bereich Verwaltung 600 Millionen einzusparen – , zielt zwar auf andere Opfer ab, ist jedoch genauso mit Unsicherheiten behaftet wie die Maßnahmen, die der Wirtschaft zu schaffen machen werden. Kurzum: Vieles an dem offenbar hingeschluderten Reformkonzept ist noch unklar, so manches obendrein relativ unrealistisch. Die Gegenfinanzierung, die auf fünf Säulen ruhen soll, kann somit – obzwar Finanzminister Schelling Optimismus verbreitet – beileibe nicht als gesichert gelten. Dass es sich bei dieser „Steuer-Reform“, die nicht weniger als acht Jahre Vorlaufzeit benötigt hat, nicht um einen „großen Wurf“ handelt, dürfte sich schon blitzartig herumgesprochen haben. Dass die Regierung auf Grund falscher Annahmen im nächsten Jahr in die Bredouille geraten könnte und sich alsbald neue Belastungen einfallen lassen muss, ist folglich nicht auszuschließen.

Das Fazit: Es ist eine schöne – und längst fällige – Geste der Koalition, den Steuerzahlern ein bisschen etwas von dem zurück geben zu wollen, was diesen in den vergangenen Jahren etwa im Zuge der „kalten Progression“ abgeknöpft wurde. Vielmehr ist es jedoch nicht: Die Regierung hat es nach monatelangem Gezänk etwa um eine „Reichensteuer“ völlig verabsäumt, diese Tarifkorrektur mit strukturellen Reformen beispielsweise in den Bereichen Pensionen, Gesundheit oder Bildung zu untermauern – sprich: endlich einmal auch ausgabenseitig die richtigen Weichen zu stellen. Die Bürger können daher nicht den Eindruck gewinnen, dass das SP-/VP-Tandem, das Österreich mit dem Hypo-Drama gewaltige Probleme beschert hat, auch gewillt ist, zu sparen. Wie weltfremd manche Toppolitiker sein müssen, hat zuletzt ÖGB-Präsident Erich Foglar in der sonntägigen Diskussionssendung „Im Zentrum“ unter Beweis gestellt: Gleich zwei Mal gab er das Voodoo-Statement „Göd hamma wia Saund am Meer“ zum Besten …
 

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