Freitag, 19. April 2024
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Sozialer Zusammenhalt in Krisenzeiten

Die Wirtschaftskrise beschäftigt zahlreiche Expertenteams. Während einige dieser Teams krampfhaft überlegen, wie die Krise überwunden werden kann begnügen sich andere mit Ursachenforschung und den Auswirkungen der Krise auf die Gesellschaft. Was Österreich betrifft wollen Experten nationalen Pessimismus erkennen.

[[image1]]Bankencrash, Wirtschaftskrise und horrende Arbeitslosenzahlen speziell in den südlichen Ländern Europas sind geeignet, weitreichende Befürchten zu schüren. Wie wirkt sich die Krise auf die Bevölkerung aus? Wo liegen ihre Ursachen? Wie sehen die ÖsterreicherInnen die Zukunft? Die vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank geförderte Studie untersucht in einer repräsentativen Umfrage den Generationenzusammenhalt in Österreich. Drei Viertel der Befragten führen an, von der Krise bislang nicht betroffen zu sein. Doch wie bei Studien üblich, steckt der Teufel im Detail. Prof. Dr. Hannes Bauer und Univ. Prof. Dr. Anselm Eder geben einen tieferen Einblick in die sensible Materie.

Geld wird immer knapper

Der Wertverlust von Vermögen ist die größte Sorge der Österreicher, wobei niedrigere Einkommen und Pensionen ähnlich positioniert sind wie eine allgemeine Verschlechterung der allgemeinen Lebensbedingungen, man fürchtet um den Lebensstandard. Höhere Steuerbelastung sowie nicht zuletzt drohende Arbeitslosigkeit sind eher geringere Befürchtungen. Zudem kommt, dass ohnehin nur 5 % der Vermögenden das 139-fache davon besitzen, was mehr als die Hälfte der Haushalte als sein eigen Hab und Gut bezeichnet.

Wirtschaftskrise schürt Erwartungsangst

Was die Zukunft betrifft, so haben die ÖsterreicherInnen sehr ernsthafte Befürchtungen. 85 % der Befragten rechnen in den nächsten zwei Jahren mit spürbaren negativen Auswirkungen durch die Krise, was bei den politischen Entscheidungsträgern für schrillende Alarmglocken auslösen sollte. Die Werte sind sehr wohl geeignet, Wahlentscheidungen zu beeinflussen. Einmal mehr steht die Angst vor dem Wertverlust von Vermögen steht im Vordergrund. Die sinkende Kaufkraft könnte den gewohnten Lebensstandard schmälern, wobei vielfach mit Entlassungswellen und drohender Arbeitslosigkeit gerechnet wird. Speziell die jüngere Generation und hier sozial schlecht abgesicherte Personen mit geringerer Ausbildung sind gefährdet. Dabei ist eine deutliche Diskrepanz zwischen Betroffenheit und erwarteter Betroffenheit erkennbar.

Wenig Vertrauen in Politik

Ein Umdenken bei der Führungselite bleibt aus Sicht der Befragten reines Wunschdenken, die illustre Privilegienwirtschaft wird wohl weiterhin boomen. Die Hoffnung auf neue Werte hält sich in überschaubaren Grenzen. Solidaritätseinbruch ist vorerst nicht zu erkennen, doch die Lage ist ernst. Am Verantwortungsbewusstsein in der Gesellschaft wird sich kaum was ändern. Nur einige Wenige können der Krise positive Effekte abgewinnen. Die Noten für die österreichische Bundesregierung sind nicht die Besten, nur wenige attestieren dieser ein kompetentes Krisenmanagement. In Zahlen ausgedrückt: 28 % der Befragten bekennen sich zum Lobgesang, und das ist erstaunlich viel.

Spekulanten, Börsianer & Co.

Die Schuldfrage für die Misere wird ebenfalls beleuchtet. Die Mehrheit vertritt, die Auffassung, dass Spekulanten dafür verantwortlich sind, gefolgt von Banken, wobei die Trennlinie nur schwer zu erahnen ist. Konzerne steigen diesbezüglich wesentlich besser aus. Von teils penetrantem Lobbyismus abgesehen, kommt deren Image mit einigen Dellen und Blessuren relativ gut weg. Griechenland, welches uns die Politik untergejubelt hat bleibt in der Umfrage vergleichsweise verschont, ähnlich ist es mit andern Sorgenkindern der EU. Dem gegenüber steht natürlich die Erweiterungspolitik der Europäischen Union, die im Grunde genommen keine andere Option zum eingeschlagenen Weg bildet. Das Friedensprojekt Europa hat Vorrang. Die Politik kommt nicht ungeschoren davon, diese hat das Schlamassel laut Statistik maßgeblich mitverschuldet und die Krise aufgrund zahlreicher taktischen Fehlgriffe erst ermöglicht. Da ist sichtlich irgendetwas außer Kontrolle geraten.

Immer auf die Kleinen

Wie üblich scheint es der kleine Mann zu sein, der für die Krise geschröpft wird. Nahezu durch die Bank dominiert die Auffassung, dass es einige Personengruppen gibt, die von der Krise auf Kosten anderer Profit schlagen, und das nicht zu knapp. Das könnte durchaus zu einer weiteren Verstimmung und damit Verunsicherung der Bevölkerung führen. Speziell was die Wirtschaft betrifft sind weitreichende Befürchtungen ersichtlich. Arbeitslosigkeit gibt den ultimativen Stimmungskiller, mit der Inflation sieht es nicht viel besser aus. Die Abwertung des Euro wird mit 80 %-iger Wahrscheinlichkeit gehandelt, zudem eher mit dem Austritt einiger Länder aus der Eurozone gerechnet wird, als dass die Währungsunion – so zumindest sieht es die Statistik – in Gefahr ist.

Friede, Freude, Eierkuchen

Die Prioritäten der Österreicher sind in einem sicheren Arbeitsplatz zu finden, Familie und Freunde bieten den erforderlichen Rückhalt. Zusammenhalt gilt als kostbare Tugend, es geht um menschliche Werte und Vertrauen. Speziell in der Krise ist es wichtig, dass Europa zusammenrückt, was den  Erweiterungskurs der EU in seiner einzigartigen Richtigkeit bestätigt. Die Gruppe jener, die sich offen dafür ausspricht, die Landesgrenzen dicht zu machen hält sich in überschaubarer Zahl, die europäische Ideologie gewinnt an Dimension.

Jetzt trink`ma noch a Flascherl Wein …

Wer Geld hat setzt auf Sicherheit, zudem ist eine Krisenberichtigungsstrategie ersichtlich: 76 % tendieren dazu, das Leben zu genießen, solange es noch geht, das kontrazyklische Verhalten dämpft die Krise. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten mimt auf Sparefroh, die politische Haltung färbt ab.
Regen Zuspruch findet eine Steuer auf Spekulationsgewinne sowie eine Reichensteuer. Es ist jedoch zu befürchten, dass genau diese sehr eng gesteckten Zielgruppen dieser Idee wenig bis nichts abgewinnen können. Man hat ja schließlich nichts zu verschenken …  

 

Bild: S. Hofschlaeger / pixelio.de/ © www.pixelio.de

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