Am kommenden Dienstag treffen die Spitzenkandidaten von SPÖ und ÖVP, Eugen Freund und Othmar Karas, im ORF-Report erstmals direkt aufeinander. Wenn es nach dem Bundesgeschäftsführer der SPÖ, Norbert Darabos, und dem Generalsekretär der ÖVP, Gernot Blümel, geht, dann wird das nur eine Art Testlauf.
[[image1]]Tatsächlich will man nämlich die heiße Wahlkampfphase erst in der Woche nach Ostern anlaufen lassen. Schon zu Jahresbeginn hatte man sich darauf verständigt, dass in den ersten drei Monaten noch nicht die EU-Politik sondern nur die heimische Innen- und Wirtschaftspolitik im Mittelpunkt stehen soll. Daher haben Bundeskanzler Werner Faymann und sein Vize Michael Spindelegger gerade erst mit einer so genannten „Bundesländer-Tour“ den Startschuss für eine Imagekampagne der Regierung gegeben. Um ein besseres Verständnis für die Regierungspolitik zu werben ist auch bitter nötig, denn in den Umfragen sieht es für SPÖ und ÖVP im Augenblick recht düster aus.
Zu später EU-Wahlkampf-Beginn
Nicht alle sind mit dieser Strategie, den EU-Wahlkampf auf maximal ein Monat zu beschränken, einverstanden. So meinte etwa erst kürzlich in einem internen Kreis ein alter politischer Haudegen, der Ex-ORF- und Ex-ÖVP-Manager Kurt Bergmann, dass die ohnedies niedrige Wahlbeteiligung bei EU-Wahlen (2009 lag diese bei nur 46% in Österreich) geradezu danach schreien würde, frühzeitig mit einer Wahlkampagne zu beginnen. Denn abgesehen vom Stimmenfang für die Partei sollte es zunächst darum gehen, die Wähler auf die Bedeutung dieses Wahlgangs aufmerksam zu machen und zu mobilisieren, am 25. Mai auch zur Wahlurne zu gehen. Dahinter steht aber auch noch eine andere Überlegung. Gerade die Volkspartei würde dringend wieder einen Motivationsschub benötigen und dieser sei derzeit noch am ehesten mit einem guten Ergebnis bei der EU-Wahl zu erreichen. Immerhin geht dabei die ÖVP als Nummer 1 ins Rennen, nachdem ihr die Vorzugsstimmenkampagne beim letzten Mal gleich 30% der Stimmen bescherte.
Zeitungen machen Umfrage-Politik
Wie sieht es damit aber wirklich aus? Von den Zeitungen werden laufend demoskopische Erhebungen veröffentlicht, die allerdings zum Teil erheblich voneinander abweichen und fast schon zur Verwirrung der wahlberechtigten Bevölkerung beitragen. Kritik wird an so mancher Publizierung insbesondere durch die Boulevardpresse unter anderem auch vom renommierten Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer geübt. Anstatt um Objektivität bemüht zu sein, werden da eigenwillige Interpretationen getroffen, die primär Aufschluss über die Interessen der Auftraggeber der Umfragen geben.
FPÖ liegt im Bundestrend vorne
Bei einem Blick hinter die Kulissen und in die Datenbank mehrerer Meinungsforschungs-Institute ergeben sich interessante Erkenntnisse. So etwa werden von den Befragten unterschiedliche Wertungen vorgenommen, was Bundes- und EU-Politik anbelangt. Aktuell liegt in Bezug auf die nationale Ebene die FPÖ knapp vor der SPÖ und beide über 20 Prozent. Die ÖVP findet man mit weniger als 20 Prozent erst auf dem dritten Platz, während Grüne und Neos etwa 12 Prozent erreichen und sich um den vierten Platz matchen. Schlimm sieht es für die Volkspartei in der Bundeshauptstadt Wien aus, wo sie schon unter die 10-Prozent-Marke gerutscht ist. Hier konnte sie aus dem Mahü-Tohuwabohu der letzten Wochen überhaupt kein Kapital schlagen. Dagegen lastet ihr auf Bundesebene das Verwirrspiel um die Hypo-Bank wie ein schwerer Rucksack auf dem Rücken, während die Haider’sche Erblast die Freiheitlichen kaum zu Tangieren weiß.
Bei der EU hat die VP die Nase vorne
Anders sieht das Umfragebild aus, wenn es um die EU geht. Hier hat die ÖVP, mit einem Prozent Abstand gefolgt von der SPÖ, immer wieder die Nase vorne ist aber mit 22 Prozent weit vom Ergebnis 2009 entfernt. Dafür kommt die FPÖ, wenn es um die EU-Wahlpräferenz geht, bloß auf 16 Prozent während die Neos die Grünen, die generell stagnieren, sogar um zwei Prozentpunkte überholt haben. Das freilich sind alles nur Augenblickwerte, die kommende Woche bereits wieder etwas anders lauten können, aber jedenfalls einen gewissen Trend signalisieren.
Nur kurzes Freund’sches Strohfeuer
Geht es nach den Personen so sorgte der von Faymann auf den Spitzenkandidaten-Schild gehobene Ex-ORFler Freund nur für kurzes Strohfeuer. Nach einem Kurzzeithoch (ein klassischer Einstiegseffekt für einen Quereinsteiger) liegt er wieder hinter dem unverändert bekanntesten Europaparlamentarier Karas. Der seit 1999 im EU-Parlament sitzende, zunächst von der SPÖ ins Rennen geschickte unabhängige Abgeordnete Hans Peter Martin, der sich noch in der ersten Legislaturperiode von den Sozialdemokraten verabschiedete und seither mittels Unterstützung der Kronenzeitung in Straßburg sitzt, hat in einem Gespräch eine wenig erfreuliche Prognose abgegeben: . „Die Fehler, die er (Freund) am Anfang machte, werden ihn bis zur Wahlurne verfolgen.“
Wahlbeteiligung könnte steigen
In den nächsten zehn Wochen bis zum Wahltag werden die Umfragedaten wohl noch wie Fieberkurven auf und ab gehen, ehe sie sich mit der Stimmzettelabgabe stabilisieren. Hauptanliegen der roten und schwarzen Wahlkämpfer wird dabei sein, eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu erzielen, wobei man sich insbesondere um die eigenen Wählerschichten kümmern muss. Das schlechtere Abschneiden der FPÖ in den EU-relevanten Umfragen hat nämlich seine Ursache darin, dass bei den FPÖ-affinen Wählern die Bereitschaft wählen zu gehen weitaus geringer ist als bei den Konkurrenzparteien. Theoretisch könnte die Wahlbeteiligung sogar etwas steigen. An die 50 statt zuletzt 46 Prozent sind durchaus möglich. Damit rechnet man übrigens auch im Präsidium des EU-Parlaments, allerdings für ganz Europa, dessen Durchschnitt freilich wie schon bisher unter dem österreichischen Niveau liegen dürfte.