Samstag, 20. April 2024
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Nach zwei wichtigen Entscheidungen in Brüssel droht ein belangloser Gipfel

An diesem Donnerstag kommen die wichtigen Nachrichten eindeutig nicht vom EU-Gipfel. In der Nacht von Mittwoch auf Donnertag haben sich die Finanzminister nach zähen Verhandlungen auf Regeln zur Bankenabwicklung geeinigt. Und am Donnerstag vormittag haben die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament nach Monate langen Auseinandersetzungen ihren Haushaltsstreit beigelegt.

[[image1]]Die Entscheidung zur Bankenabwicklung ist ein wichtiger Baustein für die Bankenunion. Der Durchbruch zum Haushalt bildet die Grundlage für das Milliardenprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, das die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel beschließen werden. Jugendarbeitslosigkeit ist das zentrale Thema des Treffens in Brüssel. Verglichen mit dem Fortschritt, der bei den beiden wichtigen Themen erzielt worden ist, droht der Gipfel allerdings eine unspektakuläre Veranstaltung zu werden. Das Sechs-Milliarden-Euro-Programm war im Grundsatz schon beim vorhergehenden Gipfel beschlossen worden. Im März hatte die EU-Kommission empfohlen, die Mittel auf die ersten beiden Jahre des neuen Finanzrahmens zu konzentrieren, also auf 2014 und 2015, um einen maximalen Effekt zu erzielen. Auch dies dürfte durchgewunken werden.

Das größte Mitgliedsland Deutschland hat allerdings schon zu verstehen gegeben, dass Steuermittel das Problem der Jugendarbeitslosigkeit nicht lösen könne. „Die zentrale Verantwortung liegt bei den Mitgliedsstaaten“, sagte ein hoher deutscher Regierungsbeamter am Mittwoch. Konkret zielte er damit auf die Notwendigkeit zu Arbeitsmarktreformen ab.
Aus Südeuropa kam schon vor dem Gipfel Kritik an der europäischen Politik. Das spanische Parlament forderte in einer Entschließung Ministerpräsident Mariano Rajoy solle beim Gipfel einen zusätzliche Unterstützung für Kleine und Mittlere Unternehmen sowie für Jugendliche fordern.  Italieners neuer Ministerpräsident Enrico Letta kündigte an, er werde auf dem Gipfel für mehr Wachstum kämpfen. Dabei handelte es sich aber offenbar vor allem um eine Ankündigung für das heimische Publikum.

Im vergangenen Dezember hieß es noch, der Gipfel im Juni solle sich mit der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion befassen, doch davon ist nun nicht mehr die Rede. Die Fortentwicklung der Eurozone steht nicht auf dem Programm. Eine Debatte über verbindliche Reformversprechen der Mitgliedsstaaten wurde vertagt. Die Staats- und Regierungschefs werden im Rahmen des europäischen Semesters lediglich die jüngsten länderspezifischen Empfehlungen abnicken.

Misstöne zwischen Paris und Brüssel

Das Beispiel Frankreichs zeigt, wie wenig diese Übung bringt, die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet. Frankreich hatte lautstark gegen die Empfehlungen der Kommission vom Mai protestiert. Die Kommission hatte konkret angemahnt, dass Frankreich das gesetzliche Renteneintrittsalter erhöhen solle. Der französische Präsident François Hollande hatte daraufhin gepoltert, er lasse sich die Politik nicht aus Brüssel diktieren und verbat sich die Einmischung in  nationale Angelegenheiten. Prompt findet sich die Passage zum gesetzlichen Renteintrittsalter nicht mehr in der Empfehlung.

Der Gipfel dürfte ohnehin von Misstönen zwischen Paris und Brüssel geprägt sein. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte Frankreich in einem Interview kritisiert, weil die Regierung darauf bestand, die Kultur aus den Freihandelsverhandlungen (TTIP) mit den USA auszunehmen. Barroso hatte die Entscheidung als „reaktionär“ bezeichnet.  Industrieminister Arnaud Montebourg warf Barroso daraufhin vor, der Rechten mit solchen Äußerungen Auftrieb zu verschaffen. EU-Kommissar Michel Barnier, ein konservativer Franzose, den Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy nach Brüssel geschickt hatte, bezeichnete Montebourgs Ausspruch wiederum als „absurd und falsch“.

Unabhängig von der angespannten Stimmung zwischen Paris und Brüssel hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, in diesen Tagen Kritik an Frankreichs Wirtschaftspolitik geübt. Bei einem Besuch in Paris hat Draghi sehr deutlich eine Reform des Arbeitsmarkts gefordert. Die EZB könne Finanzmärkte stabilisieren, nicht aber die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes erhöhen.

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