Donnerstag, 28. März 2024
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Der Islam – eine Herausforderung auch für die EU

Drei Viertel der Österreicher, exakt sind es 73 Prozent, haben Angst vor der Verbreitung eines radikalen Islams. Fragen zu Themen wie Pensionen, Steuern oder Arbeitsplatzsicherheit rangieren erst dahinter. 90 Prozent der Befragten haben kein Verständnis, dass Vorschriften der eigenen Religion über staatliche Gesetze gestellt werden.

Aus der Studie des Österreichischen Integrationsfonds geht eindeutig hervor, dass der Islam eines der drängendsten Themen unserer Zeit geworden ist. Es ist eine Herausforderung an die Politik, an die Medien und damit an die Öffentlichkeit, sich mit diesem Problem intensiv auseinanderzusetzen. Im Päpstlichen Rat, dem „Think Tank“ des Heiligen Vaters, gibt es eine eigene Abteilung, die sich mit dem „interreligiösen Dialog“ beschäftigt. Mehr noch, es ist ein Österreicher, der drei Jahrzehnte als Botschafter tätig war, erst 2011 zum Priester geweiht wurde, nun im Vatikan seinen Amtssitz hat und sich intensiv mit dem Islam beschäftigt. EU-Infothek führte ein ausführliches Gespräch mit P. Michael Weninger. Seine Schlussfolgerung:  Die Prophezeiung Erdogans, wonach Europa noch islamisch werde, entbehre jeder Grundlage. Aber Europa müsse sich seiner christlichen Wurzeln stärker besinnen und mit dem Islam ernsthaft auseinandersetzen.

Nicht der Islam das Christum nimmt am meisten zu

Wenngleich die Zahl der Muslime in Europa zunimmt, nicht der Islam sondern das Christentum ist die am stärksten wachsende Religionsgemeinschaft und zwar weltweit. Das ist, so Weninger, statistisch belegt. Europa, insbesondere auch die EU seien gut beraten, sich der Entwicklung bewusst zu sein, die der Kontinent unter dem maßgebenden Einfluss des Christentums in der Vergangenheit genommen hat und daher auch in der Politik, im öffentlichen Bewusstsein wieder Berücksichtigung finden müsste. Für den ausgewiesenen Islam-Kenner ist es notwendig, einen Blick in die Geschichte zu werfen. Es ist ein unumstößliches Faktum, dass Europa auf drei Säulen ruht. Diese tragen die Namen Athen, Rom und Jerusalem. Athen ist die Wiege der Demokratie, Rom der Ursprung des Rechtsverständnisses und das Christentum, das von Jerusalem seinen Ausgang nahm, war ganz entscheidend dafür, dass heute Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und soziale Gerechtigkeit die wesentlichen Standards der europäischen Gesellschaft bilden.

Notwendigkeit einer christlichen, politischen Theologie

Europa ist mittlerweile der säkularisierteste aller fünf Kontinente. Dabei zeigt sich jetzt, dass die strikte Trennung von Kirche und Staat insofern problematisch ist, als es keinen weltanschaulich neutralen Staat geben kann. Mit der Verbannung religiöser Symbole aus dem öffentlichen Leben würde sich der Staat nur selbst diskriminieren, aus politischer Korrektheit heraus eine falsch verstandene Neutralität entstehen, so Weninger. Allerdings auch die Kirchen hätten Handlungsbedarf, so sei „eine christliche politische Theologie“ sehr wohl gefragt.

Es gibt einen eigenen „europäischen Islam“

In Zusammenhang mit einer so genannten Islamphobie müsse freilich auch bewusstgemacht werden, dass der Islam als Religion „ein genuiner Bestandteil Europas“ ist. So ist in Österreich der Islam bereits seit 1912 eine anerkannte Religionsgemeinschaft. Bedingt übrigens durch die damalige Annexion von Bosnien-Herzegowina, wo schon seit dem Mittelalter in Folge der Ausdehnung des osmanischen Reiches auch der Islam heimisch wurde. Allerdings auch in Frankreich durch die Zuwanderer aus Nordafrika und in Großbritannien bedingt durch den Zuzug aus den ehemaligen Kolonien gibt es eine verwurzelte islamische Community. Und sogar auch im Osten Finnlands, wo sich im 19. Jahrhundert russische Tataren ansiedelten.

Dem Islam fehlt eine hierarchische Ordnung

Das Problem, das mit dem Flüchtlingszustrom der vergangenen Jahre entstand, indem die überwiegende Mehrzahl der Asylsuchenden Muslime sind, hat seine Ursache in dem Phänomen der „Ungleichzeitigkeit“. Kommen doch viele dieser Menschen aus Ländern, die in der gesellschaftlichen Entwicklung weit hinter dem westlichen und europäischen Standard zurückgeblieben sind. Weninger bringt den „Kulturschock“, den viele Islamgläubige erleben, wenn sie nach Europa kommen auf den Nenner, wenn er sagt, „fromme Menschen kann man nicht in eine Spaßgesellschaft integrieren“. Allerdings, auch die Frömmigkeit hält sich bei vielen von ihnen in Grenzen, gibt es doch unter ihnen auch sehr viele Agnostiker.

DEN Islam gibt es eigentlich gar nicht

Die Schwierigkeiten einer Dialogführung der christlich orientierten Welt bestünden darin, dass es DEN Islam eigentlich nicht gibt. Das ist eine Conclusio, die man im Päpstlichen Rat gezogen hat. Besteht er doch aus einer Vielzahl von Traditionen, die noch dazu in einem Konflikt zueinander leben, in zahllose Kulturen aufgefächert und auch unterschiedlich staatlich organisiert sind. So herrscht in Saudi-Arabien eine absolutistische Monarchie, in Iran eine Theokratie und in Indonesien eine islamische Demokratie. Dazu kommt, dass es im Gegensatz zu den christlichen Kirchen keine klare hierarchische Ordnung gibt, was dazu führt, dass die Ansprechpartner auf Augenhöhe für einen interreligiösen Dialog fehlen. Bei aller Aufmerksamkeit für den Papst-Besuch in Ägypten, sein Referat an der Al-Azhar-Universität in Kairo ist ein Signal, das aber nur für eine kleine Gruppe von muslimischen Glaubensbrüdern Relevanz hat.

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