EU-Infothek.com und dem eXXpress wurde der gesamte Amtsvermerk zur aktuellen Causa Prima übergeben: Das Mega-Dossier der Justiz hat 1398 Seiten, voll mit Analysen, Auszügen aus U-Ausschüssen, Grafiken und Mediendaten – zurück bis zum Telekom-Skandal und bis ins Jahr 2003.

So leitet die Staatsanwaltschaft den Aktenvermerk ein

In diesem Amtsvermerk heißt es einleitend:

„Aus den Chatauswertungen, dem Analysebericht zu BMF-Förderungen (etc.) sowie dem Bericht des
Wirtschaftsexperten X. geht zusammengefasst der Tatverdacht hervor, dass die Mediengruppe ÖSTERREICH im Gegenzug für die Bereitschaft, KURZ in seinen politischen Vorhaben (verdeckt) medial zu unterstützen, Inserate in erheblichem Ausmaß aus dem BMF erhielt.”

Dann werden, anhand der vorliegenden öffentlich verfügbaren Informationen über „Inseratenkorruption“ im Allgemeinen, (großteils anonym geschilderte Erfahrungsberichte sowie die Wechselwirkungen zwischen Medienkooperationen, also Inserate) beauftragenden Regierungsfunktionären und den Medieninhabern zur “weiteren Plausibilisierung des Vorwurfs” zusammengefasst. Gespickt mit Zitaten und Erfahrungsberichten bekannter heimischer Politiker.

Die Inseraten-Affäre um Ex-Kanzler Werner Faymann wird von den Ermittlern als Beispiel genannt / Bild APA

Einer der wesentlichsten Ausgangspunkte für die Aufnahme dieser Punkte war wohl (auch) die sogenannte „Inseraten-Affäre“, die Mitte 2011 nach einer Anzeige der FPÖ zu einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien gegen den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und andere führte. Damals stand dieser (im Wesentlichen) im Verdacht, dass er in den Jahren 2007 und 2008 als Infrastrukturminister Inserate in Boulevardmedien von den in seiner Ressortverantwortung unterstehenden Staatsunternehmen (ASFINAG, ÖBB) schalten ließ, wobei die Inserate keinen oder nur geringen Nutzen für die Unternehmen hatten und tatsächlich der Bewerbung des eigenen Images von Faymann gedient hätten, fasst der Vermerk zusammen.

ÖVP-Verfassungssprecher kritisierte Verstrickungen

Der damalige ÖVP-Verfassungssprecher. Wolfgang Gerstl warf Anfang 2012 dem damaligen Geschäftsführer der Mediengruppe „Österreich“ vor, dass

„redaktionelle Berichterstattung in der Mediengruppe „Österreich“ ganz eng mit dem Inseratenaufkommen verstrickt ist.“

Kritisierte „Verstrickungen“: Der damalige ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl / APA

Zitate aus Mitterlehners Buch „Haltung“

Die Staatsanwaltschaft zitiert dann aus dem Buch von Kurz-Vorgänger Reinhold Mitterlehner. Dieser erzählt dort über einen dort namentlich nicht näher genannten „Medienmacher“, der ihm bereits 2009 wenig verborgen gedroht habe, dass das Inseratenvolumen entscheidend für die Berichterstattung über ihn sein werde.

Die klassische Intervention, der Anruf auf dem Handy, kommt jedoch trotzdem nicht aus der Mode. Zur emotionalen Beeinflussung gehören immer zwei. Eine Person, die sie ausübt, und eine zweite, die sich das gefallen lässt. Natürlich funktioniert das in beide Richtungen. Da sind zum einen die Politiker, die von Journalisten eine bestimmte Berichterstattung erreichen wollen, und zum anderen die Medienmacher, die von Politikern Geld für Inserate und Kampagnen und Kooperationen einfordern und mit positiven oder negativen Schlagzeilen drohen. Ich erinnere mich noch gut an eines meiner ersten Gespräche im Jahr 2009 mit einem bekannten Zeitungsmacher, der mich nach einigen Monaten, nachdem ich Minister geworden war, in meinem Büro aufsuchte.

»Herr Mitterlehner, wir haben über Sie weder besonders positiv noch negativ geschrieben. Das könnte sich jetzt gravierend ändern«,

sagte er sinngemäß. In der Zwischenzeit legte sein Begleiter eine Grafik über die Inserate der einzelnen Ressorts auf dem Besprechungstisch auf:

»Ihr Ministerium inseriert im Schnitt weniger als alle anderen. Daher überlegen Sie sich, wie Sie das in Zukunft handhaben wollen.«

Die Zeitung hat in den Folgejahren nicht wirklich positiv über mich geschrieben.

Kurz-Vorgänger Reinhold Mitterlehner wird im Akt zitiert / APA

Christian Kerns Überlegungen werden von den Ermittlern herangezogen

Dann wird Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zitiert. Dieser berichtete über seine Amtszeit von Mai 2016 bis Dezember 2017, von einem Gespräch, in dem er ihm das Vorhaben der Regierung eröffnet habe, Inserate proportional zu Leserzahlen zu vergeben. Mit Mitterlehner sei besprochen gewesen, dass man Regierungsinserate durch den Ministerrat schicken wolle und dort Höhe und Hintergrund besprechen hätte wollen, wobei dies von Teilen der ÖVP abgelehnt worden sei.

Auch Christian Kern wird zitiert. Der Ex-Kanzler (SPÖ) wollte Inserate nur noch proportional zu Leserzahlen vergeben / APA

Kneissl kürzte das Inseratenbudget

Letztlich berichtet dann Karin Kneissl von ihren Erfahrungen als – vereinfacht – Außenministerin, als sie Ende 2017 das Inseratenbudget des Ministeriums stark kürzte.

”Ich kürzte das Inseratenbudget im des Außenministeriums um 80 Prozent“.

Kürzte das Inseratenbudget „ihres“ Ministeriums – Ex-Außenministerin Karin Kneissl / APA

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