Donnerstag, 5. Dezember 2024
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Ratingagenturen: Strengere Vorschriften treten in Kraft

Ratingagenturen spielen auf den Finanzmärkten von heute eine wichtige Rolle. Ihre Ratings beeinflussen das Verhalten von Anlegern, Kreditnehmern, Emittenten und Regierungen unmittelbar.

[[image1]]Am 20. Juni treten nun für Ratingagenturen strengere Vorschriften in Kraft, die die Rechenschaftspflicht dieser Agenturen für ihre Ratings erhöhen. Die neuen Vorschriften sollen auch verhindern, dass sich die Märkte allzu sehr auf Ratings stützen, und gleichzeitig die Qualität des Ratingprozesses verbessern. Bei Länderratings werden die Agenturen künftig zu größerer Transparenz verpflichtet sein. Die neuen Vorschriften treten am 20. Juni 2013 in Kraft.

Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier dazu: „Bei der Bewertung von Staaten verlangen die neuen Vorschriften Ratingagenturen künftig mehr Transparenz und Rechenschaft ab. Die neuen Vorschriften werden auch zu verstärktem Wettbewerb in der zurzeit von einigen wenigen Agenturen dominierten Branche und zum Abbau des übermäßigen Rückgriffs auf Ratings durch die Marktteilnehmer beitragen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung von Finanzstabilität und Vertrauen in die Finanzinstitute, der helfen wird, weitere Krisen zu verhindern.“

Was wird sich durch die neuen Vorschriften ändern?

1. Abbau des übermäßigen Rückgriffs auf Ratings
Den G20-Zusagen entsprechend werden die neuen Vorschriften den Rückgriff auf Ratings verringern; hierzu werden die Finanzinstitute verpflichtet, ihre eigene Kreditrisikobewertung zu verstärken und sich nicht ausschließlich und automatisch auf externe Ratings zu stützen. Auch die Europäischen Aufsichtsbehörden sollten Verweise auf externe Ratings vermeiden; zudem werden sie ihre Vorschriften und Leitlinien überprüfen müssen und in Fällen, in denen die Gefahr eines automatischen Rückgriffs auf Ratings besteht, die entsprechenden Verweise gegebenenfalls streichen müssen.

2. Qualitative Verbesserung bei den Ratings von Staatsanleihen der EU-Mitgliedstaaten
Um Unruhe auf dem Markt zu vermeiden, werden die Ratingagenturen für ihre EU-Länderratings einen Zeitplan aufstellen. Erfolgen solche Ratings unaufgefordert, sind sie auf drei pro Jahr beschränkt. Von dieser Regel kann unter außergewöhnlichen Umständen und bei ausreichender Begründung abgewichen werden.

3. Erhöhung der Rechenschaftspflicht von Ratingagenturen
Die neuen Vorschriften werden die Rechenschaftspflicht der Agenturen für ihr Handeln erhöhen, denn Ratings sind mehr als nur Meinungsäußerungen. Aus diesem Grund stellen die neuen Vorschriften sicher, dass eine Ratingagentur bei einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstoß gegen die Verordnung über Ratingagenturen und damit verbundenem Schaden für einen Anleger oder Emittenten haftbar gemacht werden kann.

4. Verringerung von Interessenkonflikten beim Modell des zahlenden Emittenten
Die Verordnung wird die Unabhängigkeit der Ratingagenturen erhöhen und durch eine obligatorische Rotation bei bestimmten komplexen strukturierten Finanzinstrumenten (Wiederverbriefungen) zur Beseitigung von Interessenkonflikten beitragen. Auch für die Beteiligung an Ratingagenturen gelten Beschränkungen. Um das Risiko von Interessenkonflikten zu mindern, werden Ratingagenturen den neuen Vorschriften zufolge für Anteilseigner, die mindestens 5 % ihres Kapitals oder ihrer Stimmrechte halten, künftig offenlegen müssen, ob diese mit 5 oder mehr Prozent an einem bewerteten Unternehmen beteiligt sind, und müsste eine Ratingagentur von einem Rating absehen, wenn ein Anteilseigner, der 10 oder mehr Prozent ihres Kapitals oder ihrer Stimmrechte hält, an einem bewerteten Unternehmen mit 10 oder mehr Prozent beteiligt ist.

5. Veröffentlichung von Ratings auf einer europäischen Ratingplattform
Alle verfügbaren Ratings werden auf einer europäischen Ratingplattform veröffentlicht, die ab Juni 2015 zur Verfügung stehen wird. Dies wird die Vergleichbarkeit und Sichtbarkeit der Finanzinstrumente-Ratings von in der EU registrierten und zugelassenen Ratingagenturen erhöhen. Darüber hinaus wird es den Anlegern helfen, ihre eigene Kreditrisikobewertung vorzunehmen, und zu größerer Vielfalt in der Ratingbranche beitragen.
 

Bild: Markus Vogelbacher / pixelio.de/ © www.pixelio.de

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