Samstag, 5. Oktober 2024
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„Oettinger-Rundumschlag“: Ist der Euro noch zu retten?

Nach Günther Oettingers Abrechnung mit Schuldenwahnsinn und Euro-Sklerose muss eine ernsthafte Diskussion folgen, wie der Euro (und damit Europa) zu retten sind.

[[image1]]EU-Kommissar Oettinger von der „EU-Partei“ CDU bezeichnete die EU als „Sanierungsfall“. Mitgliedsländern wie Bulgarien, Rumänien oder Italien wären kaum regierbar, Frankreich reformunfähig. Europa zelebriere ein „Gutmenschentum” statt die Wettbewerbs- und Schuldenkrise zu bekämpfen.

Problemfall „EU-Lebensstil“

Hatte man die Euro-Krise anfangs noch altbewährten Sündenböcken („Banken“, „Spekulanten“) zugedacht, zeigt sich immer deutlicher, dass es in Wahrheit eine Krise des europäischen Lebensstils ist.

Etwa Frankreich: Dort hat man mit 35 Stunden in der Woche die geringste Wochen-, Jahres und sogar Lebens-Arbeitszeit der Welt. Damit produziert man aber schlicht zu wenige Güter und Dienstleistungen – und damit zu wenig Steueraufkommen. So kann man weder den aufgeblasenen Sozialstaat (mit 57% Staatsquote!) noch den frühesten Pensionsantritt (mit 58 Jahren knapp vor Österreich) finanzieren.

Frankreich hat mittlerweile die höchsten Arbeitskosten in der Welt – und täglich weniger Jobs.

Budget: Ohne Renten Überschuss

Wer Europas Tradition, Pensionen auf Pump auszuzahlen, kritisiert, den beruhigt man mit einem (leider nicht) bewährten Rezept: Man müsse nur die vielen Superreichen stärker zur Kasse bitten.

2013 wird Österreichs Staatshaushalt 75 Mrd. Euro ausgeben, unglücklicherweise aber bloß 68,7 Mrd. Euro einnehmen. Kein Problem: Obwohl man Banken „an Sonntagen“ gerne als kapitalistische Unglücksbringer vorführt, borgt man sich „an Montagen“ einfach die fehlenden 6,1 Mrd. Euro von ihnen. Und zahlt dann jahrhundertelang nur Zinsen – denn Tilgungen sind nicht vorgesehen.

In den 75 Mrd. Euro Staatsausgaben stecken alleine 10 Mrd. Euro[1] Zuschuss zu den ASVG-, und weitere 6,1 Mrd. Euro für Beamten-Pensionen[2]. Ohne sein Pensionsproblem hätte man kein Budgetdefizit von 6,3 Mrd. Euro, sondern einen Überschuss von 9,8 Mrd.

Von Griechenlands Regionalpolitik abhängig

Europa hat aus geopolitischen Motiven viel zu viele wirtschaftlich schwache Länder aufgenommen. Einige (wie Italien) haben ineffiziente Parlaments- und Verwaltungsstrukturen, andere (wie Bulgarien) haben gleich gar keine aufzuweisen. Sie werden von zutiefst korrupten und unfähigen Eliten im Elend gehalten. 2008 verzichtete Bulgarien eher auf 82 Millionen Euro EU-Mittel, als Korruptionsfällen nachzugehen. Schon 2009 hat Europa aber doch noch überwiesen – und sich damit zum Deppen gemacht.

Der Euro hätte die unterschiedlichen Mentalitäten schnell angleichen sollen – bislang vergebens. Zwar hat der Euro die Zinsen für Hellas, Spanien und Co. auf Rekordniveau gesenkt, doch haben die nicht – wie von Brüsseler Beamten brav ersonnen – damit Schulden getilgt und Investitionen finanziert. Im Gegenteil: Den neuen Zinsenspielraum nutzte man für reinste Schuldenorgien und hat die Milliarden knapp vor Wahlen an das Volk verschenkt.

Europa musste (?) zusehen, wie Griechenland – trotz horrender Defizite – in nur 10 Jahren sein Rentenniveau real verdoppelte.

Pulverfass Griechenland

Wer in Griechenland was werden möchte, der wird Soziologie oder Philosoph – und geht dann schnell zum Staat. Maschinenbau oder Elektrotechnik, Forschen und dann Produktion? – Am Peloponnes eher unbekannter Lebenslauf.

Das Land erstickt an seinen Schulden. Wer auf ähnlich hohe Defizite in den USA verweist, der vergisst ein entscheidendes Detail: Amerika verfügt über hohe Steuereinnahmen einer leistungsfähigen Industrie. Hellas´ Firmen haben kaum Produkte. Und wenn, dann stehen sie dank dem Euro in direkter Konkurrenz zu solchen „Made in Germany“.

Das Spiel ist aus

Bis zu 120 Milliarden Euro an EU-Geldern gehen jährlich verloren – jeder vierte Euro. Und vor allem auf dem Balkan. Die EU-Bürokratie ist unfähig, Strukturen vor Ort genügend schnell zu ändern. Die wenigen verbliebenen EU-Nettozahler können die fehlerhaften Strukturen des „kranken Mannes Europa“ nicht mehr kompensieren.

Länder wie Griechenland haben im Euro keine Chance, er verunmöglicht dort jede Produktion. Und Nord-Europa muss sich mehr und konsequenter einmischen – oder es verliert den Euro. Länder, die sich reformunfähig zeigen, müssen aus dem Schutzschirm fliegen. Und wer – wie Francois Holland – das Problem der Schuldenberge mit neuen Schulden lösen möchte, hat in der EU nichts verloren. Sonst reißt er Wettbewerbsfähigere in den Strudel.

 


[1] Statistik Austria, Gesamtüberblick 2013, Tabelle 18a: 9,966 Mrd. Euro

[2] Ebenda, Tabelle 18b: Ausgaben von 8,476 Euro stehen Einnahmen von 2,305 Mrd. gegenüber

 

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