Dienstag, 19. März 2024
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Österreich als Primus inter Pares in Mittel- Südosteuropa gefordert

Dubrovnik, Kroatien / Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)

Die an Österreich im Osten und Südosten angrenzende Region muss mehr Augenmerk seitens der EU erfahren. Auch Österreich ist dabei gefordert.

Die Mittel- und Südosteuropa-Politik wird einen Schwerpunkt der Arbeit der Europäischen Union in den kommenden fünf Jahren bilden müssen. Und es wird dies vor allem auch eine Agenda für Österreich werden, das wie kein anderes EU-Land in dieser Region schon jetzt wirtschaftlich ganz stark vertreten ist. Zudem aber vor allem durch die gemeinsame über Jahrhunderte währende Geschichte über einen entsprechenden Zugang zu den Befindlichkeiten der jeweiligen Staaten verfügt. Und dabei gilt besonders zu berücksichtigen, dass die EU 1992 im Zuge des Avis, mit dem das Tor zu den Beitrittsverhandlungen geöffnet wurde, konkrete Hoffnungen mit Österreich verband. So wird in dem Avis extra hervorgehoben, dass der EU „die Erfahrungen eines Landes zum Vorteil gereichen, das wie Österreich aufgrund seiner geographischen Lage, seiner Vergangenheit, der ererbten und neu hinzugewonnenen Verbindungen genau im Mittelpunkt des Geschehen Iiegt, aus dem das neue Europa entsteht“.

Keine Lehrmeister-Rolle

Kein Land in Westeuropa hat so wie Österreich nicht nur traditionelle Bande zu Mittel-Südosteuropa, von Polen bis hinunter am Balkan, sondern stand auch in der Zeit der Trennung Europas in zwei ideologische Welten mit ihnen immer in einem engen Kontakt. Das ist eine wichtige Vertrauensbasis von großem Wert und die Basis für den Dialog. Die Staaten jenseits des einstigen Eisernen Vorhangs sind aber mittlerweile selbstbewusst geworden. Sie wissen sehr wohl auch über ihren Wert für die EU Bescheid. Österreich könnte hier sehr entscheidend mitwirken, dass der alte Westen und der neue Osten noch enger zusammenrücken, durch die Erweiterung am Balkan die Europäische Union gewissermaßen komplettiert wird. Dies darf aber nicht erfolgen, indem man in Wien glaubt, eine Art Lehrmeisterrolle zu spielen. Der Schlüssel lautet vielmehr, ein „Primus inter Pares“ zu sein. Das erfordert Gespür von den politisch handelnden Personen,

West-Ost-Teilung Europas

Zehn von bald nur noch 27 EU-Staaten (wenn der Brexit einmal über die Bühne gegangen ist) gelten als die so genannten osteuropäischen Staaten. Eine Bezeichnung, die heute zwar noch immer geläufig ist, die aber von den unter diesen Sammelbegriff fallenden Ländern, so gar nicht geschätzt wird. Da gefällt die Bezeichnung „neue Demokratien“ schon besser. Sie, die einstigen Volksdemokratien, sind erst schrittweise ab 2004 zur Union gestoßen. So richtig aufgenommen im Kreis der Union fühlen sich freilich einige nicht. Das zeigt sich allein daran, dass die Repräsentanz von Politikern aus osteuropäischen Ländern an der Spitze der EU und ihrer Institutionen noch etwas zu wünschen übrig lässt. Diese West-Ost-Teilung muss überwunden werden.

Unterschiedliche Interessenslagen

Das hat auch damit zu tun, dass es in den klassischen westeuropäischen Ländern – unter anderem auch historisch bedingt – zum Teil an Interesse und Verständnis für diese Länder mangelt. Das zeigt sich zum Beispiel am Beispiel der Erweiterung um die Balkanländer. Hier stehen von Frankreich angefangen, viele auf der Bremse. Es sind vor allem jene, die die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei trotz Aussichtslosigkeit nicht beenden wollen, gleichzeitig aber nicht sehen, wie wichtig das Heranführen der Länder von Serbien bis zu Albanien an die europäischen Standards wäre. Auch aus sicherheitspolitischen Gründen, weil hier eine Reihe von Unruheherden lauern, die nur durch die Schaffung einer EU-Perspektive gelöst werden können.

Das Gefahrenpotential des 16+1 Gipfels

Gleichzeitig aber darf nicht übersehen werden, dass die Nachlässigkeit des Schulterschlusses der Kern-EU mit jenen osteuropäischen Ländern, die auf den Beitritt warten und jenen, die zwar schon dabei sind, sich aber mehr Beachtung wünschen, andere Begehrlichkeiten weckt. Das gilt nicht nur für Russland, das um mehr Einfluss am Balkan wirbt, sondern auch für China. Längst nicht mehr zu unterschätzen ist der so genannte China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel, auch „16+1-Gipfel“ genannt. Das sind jährlich stattfindende Treffen des chinesischen Ministerpräsidenten mit den Regierungschefs mittel- und osteuropäischer Länder, um die geschäftlichen Beziehungen auszubauen und Investitionsmöglichkeiten für chinesische Unternehmen zu erschließen. Ganz konkret geht es dabei bereits um Projekte, die durchaus das Missfallen Brüssels erwecken. Wie etwa den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Belgrad und Budapest.

Osteuropäische Staaten gehören mehreren Blöcken an

So sehr etwa die osteuropäischen Staaten mit Eifer bei diesen 17-1 Gipfeln dabei sind, gehen sie in anderen Bereichen durchaus eigene Wege, bilden eigene Blöcke. Das gilt einerseits für die baltischen Staaten, die schon frühzeitig gewissermaßen und den Schutz und Schirm der Skandinavier genommen wurden und davon profitieren. Sowie andererseits für die Visegrad-Gruppe, die innerhalb der EU in einigen Fragen (etwa der Migrationspolitik) eine eigene Linie vertreten und gegen den vermeintlichen Main-Stream opponieren. Zusätzlich gibt es in den mittel- bis südosteuropäischen Staaten auch noch das Problem im Umgang mit der Rechtsstaatlichkeit in allen öffentlichen Bereichen sowie mit der Korruption.

Politische Zurückhaltung

Unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, zu Beginn der 1990er Jahre hatte es Österreich verabsäumt, die in die Freiheit entlassenen ehemals kommunistischen Staaten auf dem Weg in die Demokratie richtig zu begleiten, eine Wegweiserfunktion in Richtung EU auszuüben. Dabei waren es gerade österreichische Politiker, die in der Umbruchphase zu den entscheidenden Unterstützern der Dissidenten- und Oppositionsbewegung zählten. Sehr wohl erkannten die Wirtschaft, die Banken die Chancen, die die neuen Märkte boten. Mit dem Ergebnis, dass heute Österreich in diesen Ländern zu den größten Investoren zählt. Die politische Zurückhaltung mag freilich auch damit zu tun haben, dass man jeden Eindruck vermeiden wollte, in jene Fußstapfen zurückzukehren, die die Monarchie hinterlassen hatte und alte „Herrschaftsideen“ so aufleben lässt

Österreichs Rolle in Mittel- Südosteuropa

Wenngleich immer wieder davon die Rede ist, dass Österreich – das derzeit keinem Block angehört – seinerzeit an der Gründung der Visegrad-Gruppe hätte mitwirken müssen, so wird das heute als durchaus nicht mehr opportun angesehen. Weil es eben nicht nur um Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn geht. Österreichs Horizont ist da viel weiter zu spannen. So geht es auch darum, Slowenien und Kroatien einzubinden, die ein wenig im luftleeren Raum hängen. Schlussendlich ist Österreich aber vor allem für jene Balkanstaaten, die noch um einen EU-Beitritt verhandeln, zu einem Hoffnungsträger geworden. Das war in der ablaufenden Legislaturperiode so und sollte in der kommenden erst recht der Fall sein. In diesem Zusammenhang hatte die alte türkis-blaue Regierung klare Prioritäten erkennen lassen, die nun einer Fortsetzung harren.

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