Samstag, 20. April 2024
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Die SPÖ steht vor einer kernlosen Zukunft

Christian Kern / Bild © SPÖ Presse und Kommunikation via flickr (Ausschnitt) CC BY-SA 2.0

Die aktuelle Situation der SPÖ erinnert an die alten Zeiten der Volkspartei.

Christian Kern hat seine Partei mit der Entscheidung, gewissermaßen über Nacht von der österreichischen auf die europäische Bühne zu übersiedeln, vor vollendete Tatsachen gestellt. Und damit im Grunde genommen eine herzlose Beziehung beendet. Durch eine von langer Hand vorbereitete Intrige, an der unter anderem  der RTL-Manager Gerhard Zeiler beteiligt waren, wurde Werner Faymann im Mai 2016 abserviert und Kern inthronisiert. Nach einem anfänglichen Schwung zeigte sich alsbald, dass es Kern nie wirklich gelang, die Herzen der Genossinnen und Genossen zu erobern. Dazu kam, dass auch der Faymann-Freundeskreis keine Gelegenheit ausließ, sich für das angetane Ungemach zu revanchieren.

Statistik

Insgesamt eine Vorgangsweise, die man bisher nur von der Volkspartei kannte, die es blendend verstand ihre jeweiligen Parteiobmänner zunächst enthusiastisch auf den Schild zu heben, um sie dann möglichst rasch, nachdem sich die erhofften Erfolge nicht sofort einstellten, wieder abzuservieren. Das lässt sich auch an der Statistik ablesen. Sebastian Kurz ist bereits seit Gründung der Partei im Jahre 1945 der 17te Parteiführer der ÖVP. Christian Kern ist zwar erst die Nummer 9 in der zeitlichen Abfolge an der Spitze der SPÖ, aber er hat einen anderen Rekord gebrochen, wird er doch in die Parteigeschichte als der am kürzesten im Amt befindliche Bundeskanzler und nun auch Parteivorsitzender eingehen.

Seelenzustand

Einen Einblick in den Seelenzustand der SPÖ gewährte der Dienstag-Nachmittag. Nicht nur, dass sich die Nachricht vom Rückzug Kerns als  SPÖ-Vorsitzender wie ein Lauffeuer verbreitete, sondern es war die Reaktion darauf, die überraschte. So wurde allgemein vermutet, dass der Kurzzeit-Kanzler nun doch ein lukratives Angebot in der Privatwirtschaft erhalten habe. Kursierten doch schon seit Monaten Gerüchte, wonach ein Headhunter unterwegs sei, um nach einem Spitzenjob Umschau zu halten. Offenbar hatte gerade die Tatsache, dass es derzeit keine passenden Umstiegsmöglichkeiten gibt, dazu geführt, dass sich Kern zur Flucht aus den Niederungen der österreichischen Innenpolitik in die lukrativen Gefilde der EU entschloss.

Nachfolge

Wie schnell sich die zunächst überraschten Parteigranden von Kern abnabeln wollen, zeigt das nun vereinbarte Procedere. Der Wunsch des Noch-Parteivorsitzenden, mit seiner Nachfolge bis nach den EU-Wahlen im Mai 2019 zu warten, wurde abgeschmettert. Bereits bis zum 15. Oktober will man sich auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger geeinigt haben und dieser soll dann auf einem Parteitag Ende November auch schon zum neuen roten Bundes-Häuptling gewählt werden. Bis dahin wird nun aber wohl jene Richtungsdiskussion ausbrechen, die schon vor wenigen Wochen kurz aufblitzte. Als Kern überlegte, die ideologische Krise der SPÖ damit zu bekämpfen, indem er die Flanke zu Grün-Themen öffnet, erteilte der Burgenländer Hans Peter Doskozil diesen grünen Fundi-Ideen sofort eine Abfuhr.

Flügelkämpfe

Nun, mit der Suche nach einer neuen Parteiführung wird erst Recht eine Diskussion zwischen den jeweiligen Flügeln aufbrechen, um eine künftige Weichenstellung über den Parteikurs zu treffen. Zu Wort melden wird sich vor allem der linke Flügel, der nicht zuletzt durch den neuen Wiener Bürgermeister und Wiener SPÖ-Vorsitzenden Michael Ludwig bereits zurecht gestutzt wurde. Einen Fürsprecher haben die Linken allerdings im Parlament und das ist niemand geringerer als Andreas Schieder, dem mit dem Verweis der SPÖ auf die Oppositionsbank, Kern als Klubobmann vor die Nase gesetzt wurde. Er dürfte nun wieder innerparteilichen Auftrieb erhalten. Seine Lebenspartnerin, die ehemalige Wiener Stadträtin und indoktrinierte Sozialistin Sonja Wehsely wird ihm dabei als Brückenbauerin zum linken Lager sicher behilflich sein.

Personalreserve

An sich ist die augenblickliche Personalreserve der SPÖ relativ beschränkt. Und zwar allein deshalb, da für den Parteivorsitz an der Bundesparteispitze nur ein Politiker oder eine Politikerin in Frage kommen, die auch im Nationalrat vertreten sind. Allein schon deshalb lag es auf der Hand, dass Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und der Schon-bald-Landeshauptmann des Burgenlandes, Hans Peter Doskozil, nein sagen mussten. Damit bleiben für Personalspekulationen nur drei Namen übrig, wobei Parlamentsvizepräsidentin Doris Bures auch schon abgewunken hat, weil sie sich nicht die Kärrnerarbeit eines Umbaus der SPÖ antun will. Was man nicht von Wolfgang Katzian, dem ersten jung im Amt befindlichen ÖGB-Präsidenten, sagen kann. Was gegen ihn spricht ist die Tatsache, dass man sich in der SPÖ eigentlich nicht vorstellen kann, dass ein Sozialpartner und Interessensvertreter auch gleichzeitig die Partei führt und schlussendlich ein Regierungsamt anstrebt.

Frontfrau-Option

Bleibt somit nur die Kurzeit-Ministerin Pamela Rendi-Wagner. Sie gilt als sympathisch, allerdings noch viel zu wenig in der Partei verankert. Womit sie sicher rechnen darf, ist die Unterstützung der Frauen in der Partei. Als Quereinsteigerin hat sie freilich das Problem, noch über viel zu wenig Erfahrung mit der Parteiorganisationen zu verfügen. Auch ihr ideologisches Profil ist weitgehend bekannt. Sie muss daher damit rechnen, vor allem vom linken Flügel abgeklopft zu werden. Das  eigentliche Auswahlkriterium bezüglich der künftigen SPÖ-Frontfrau oder des künftigen Front-Mannes wird sein, ob es gelingt, die SPÖ wieder mehrheitsfähig zu machen. Das wird aber nur mit jenen Themen möglich sein, wie etwa der allgegenwärtigen Migrationsfrage, die schon bisher zu einer innerparteilichen Zerreißprobe geführt hat und mit dem vor kurzem vorgestellten Migrationspapier nur mühsam zugedeckt wurde.

Hoffnung

Die einzige Sorge, um die Kern die SPÖ befreit hat, ist nun die Suche nach einem Spitzenkandidaten für die EU-Wahl. Hier hat Kern freilich eine Vorgangsweise gewählt, die ein problematisches Licht auf seine Führungsqualitäten wirft. Hat er doch weder für die Spitzenkandidatur in Österreich noch für jene der Sozialdemokratischen Europa-Familie ein Mandat. Und nicht einmal einen Freundeskreis, der hinter ihm steht und ihn protegiert. Vielmehr hat er sich selbst dazu ernannt. Die offizielle Beschlussfassung ist nämlich erst für November angesagt. Einerseits beim Parteitag der SPÖ, wo nun vor allem die Neuwahl des 10ten Parteivorsitzenden im Vordergrund steht und andererseits bei der Tagung der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten, wo bereits im Vorfeld mehrere Aspiranten aus anderen Ländern ihre Anwartschaft auf diese Spitzenfunktion angemeldet haben. In der Hoffnung, dass sie damit auch die Nachfolge von Kommissionspräsident Jean Claude Juncker antreten können. Derzeit ist freilich in den Umfragen die Europäische Volkspartei unverändert die Nummer 1. Und die  Sozialdemokraten laufen sogar Gefahr von der Fraktion der so genannten Rechst-Populisten auf den dritten Platz verdrängt zu werden.

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