Dienstag, 30. April 2024
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Das „Crypto Valley“ als europäische Schwerpunktregion für digitale Assets und die Stellung Österreichs dazu

Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)
  1. Einleitung

Nachdem im letzten Beitrag die Rolle und Funktion von „Krypto“-Währungen untersucht wurde,[1] soll nunmehr eine kurze Darstellung des sog. „Cypto Valley“ als europäische Schwerpunktregion, versucht werden, in der die Schweiz und Liechtenstein durch den Erlass einer Reihe einschlägiger Gesetze für die Emittierung, den Handel und die Eigentumsverhältnisse an „Krypto“-Werten zu weltweit führenden Niederlassungen von „Krypto“-Unternehmen geworden sind. Zur Kontrastierung soll auch noch eine kurze Darstellung der einschlägigen Situation in Österreich in Bezug auf die Behandlung virtueller Währungen angefügt werden.

  1. Das „Crypto Valley“ als signifikante europäische Schwerpunktregion

Zur Veranschaulichung der Größenverhältnisse der im vorerwähnten letzten Beitrag angesprochenen Phänomene im Fin-Tech und Finanzbereich, soll anschließend ein kurzer Blick auf die europäische Schwerpunktregion, das sog. „Crypto Valley“, geworfen werden. Darunter versteht man eine Reihe von Kantonen in der Schweiz sowie das Fürstentum Liechtenstein, wo sich schwerpunktmäßig die wichtigsten „Krypto“-Unternehmen niedergelassen haben. Mit den beiden Instituten SEBA Bank und Sygnum Bank sind im „Crypto Valley“ auch die weltweit ersten von einer renommierten Aufsichtsbehörde, nämlich der schweizerischen Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), voll regulierten „Krypto“-Banken, bewilligt worden. Die Bewilligung für Bitcoin Suisse, die ebenfalls beantragt wurde, wurde Mitte März 2021 vorerst allerdings verweigert.[2]

Durch den Erlass einer Reihe einschlägiger Gesetze für die Ausgabe, den Handel und die Eigentumsverhältnisse an „Krypto“-Werten ist die Schweiz zum weltweit führenden Sitzstaat von „Krypto“-Unternehmen geworden. So waren in ihr im Jahr 2020 die Hälfte dieser einschlägigen Unternehmen in Zug domiziliert (425 Unternehmen), danach folgten die Kantone Zürich (139), Genf (45), Tessin (42), Waadt (27), Luzern (16) und Bern (14). Die insgesamt 842 Schweizer Unternehmen beschäftigten dabei rund 4.400 Mitarbeiter. Bis Ende 2020 hat sich die Zahl der Unternehmen auf 960, und die von deren Mitarbeitern auf 5.184 erhöht.[3] In den Top 50 Unternehmen sind 819 Mitarbeiter angestellt.

In Liechtenstein wiederum hatten sich 80 Unternehmen angesiedelt.

Der Marktwert der 50 größten Unternehmen des „Crypto Valley“ ist innerhalb eines Jahres (2020) um 680%, dh von 37,5 Mrd. auf 254,9 Mrd. $ angestiegen.[4]

2.1. Fürstentum Liechtenstein 

Der erste Rechtsträger, der im „Crypto-Valley“ eine umfassende Regulierung der Fin-Tech und Blockchain-Unternehmen vornahm, war Liechtenstein. Am 21. März 2018 teilte Regierungschef Adrian Hasler während seiner Rede auf dem Finance Forum in Vaduz mit, dass seine Regierung ein Gesetz plane, mit dem auf der Blockchain-Technologie basierende Geschäftsmodelle regulatorisch entsprechend behandelt werden sollen. „Mit dem geplanten Gesetz werden wir eines der ersten Länder weltweit sein, das dieses Thema in dieser Breite gesetzlich regelt und damit die Grundlage für weitgehende wirtschaftliche Anwendungen schafft“.[5]

In der Folge verabschiedete der liechtensteinische Landtag am 3. Oktober 2019 einstimmig das „Token- und VT-Dienstleistergesetz“ (TVTG), das zum einen die zivilrechtlichen Fragestellungen in Zusammenhang mit Kunden- respektive Vermögensschutz regelt, und zum anderen eine adäquate Aufsicht über die verschiedenen Dienstleistungsunternehmen etabliert. Bei der Tokenisierung von Vermögenswerten werden Rechte (bzw. Anteile) an realen oder virtuellen Vermögenswerten in eine einzige digitale Abbildung – einen sog. „Token“ – umgewandelt, sodass real existierende Vermögenswerte digital übertragen, verwahrt und gehandelt werden können, ohne dass es dabei einer zentralen Instanz oder eines Intermediärs – wie zB eines Auktionshauses oder eines Vermittlungsportals – bedarf.[6]

Dazu kommen noch Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche hinzu, indem Dienstleister den Sorgfaltspflichtregeln unterstellt werden. Der liechtensteinische Regierungschef bemerkte dazu: „Mit dem TVTG wird ein wesentliches Element der Finanzplatzstrategie der Regierung umgesetzt und Liechtenstein als innovativer und rechtssicherer Standort für Anbieter in der Token-Ökonomie positioniert“.[7] Mit dem, am 1. Jänner 2020 in Kraft getretenen, TVTG-Gesetz ist das Fürstentum Liechtenstein tatsächlich der erste Staat, der über eine umfassende Reglementierung des „Krypto“-Bereichs verfügt.[8]

2.2. Schweiz

Im Gegensatz zu Liechtenstein, das auf die Technik des Erlasses neuer gesetzlicher Regelungen setzte, ging die Schweiz einen anderen Weg und ergänzte diesbezüglich nur den bereits vorhandenen Bestand an einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.[9]

Nachdem der Schweizer Bundesrat im Dezember 2018 einen Bericht zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Blockchain und „Distributed Ledger Technologie“ (DLT) im Finanzsektor publiziert hatte, schickte er bereits im März 2019 eine Reihe von Anpassungen bestehender Gesetze in die Vernehmlassung, verzichtete aber auf die Schaffung eines spezifischen Technologiegesetzes. Auf der Basis der Anregungen, die der Bundesrat aus dieser Vernehmlassung erhalten hatte, verabschiedete er in der Folge am 27. November 2019 die Botschaft zum Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register. Mit der am 25. Oktober 2020, gemeinsam mit dem DLT-Gesetzesentwurf, publizierten Mantelverordnung werden punktuelle Anpassungen in neun Bundesgesetzen vorgeschlagen, und zwar sowohl im Zivilrecht, als auch im Finanzmarktrecht. Damit will der Bundesrat die Rahmenbedingungen für DLT/Blockchain weiter verbessern, wobei es bei der DLT im Kern um Systeme zur gemeinsamen Datenverwaltung geht, die auf verteilten Registern beruhen. Eine Blockchain wiederum ist eine mögliche Form, wie Daten in einem solchen System abgelegt werden. Die DLT ermöglicht damit einen direkten, elektronischen Werttransfer zwischen den Teilnehmern eines Netzwerkes, ohne dass eine kontoführende Stelle (zB (Zentral)Bank) dafür eingeschaltet werden muss.

Nachdem der Bundesrat am 10. September 2020 das vorerwähnte „Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register“ (DLT-Gesetz) verabschiedet hatte, setzte er am 11. Dezember 2020 nunmehr diejenigen Elemente der DLT-Mantelverordnung per 1. Februar 2021 in Kraft, die die Einführung von Registerwertrechten (Security Token) ermöglichen. Erstmals kam es dabei zu einer erfolgreichen Verbindung einer Aktie mit einem Blockchain-basierten Token, nämlich durch die Erfassung der Aktien von MME Compliance auf der digitalen Aktienplattform von Daura. Das DLT-Gesetz bestimmt in diesem Zusammenhang nämlich, dass der Token mit der Aktie gleichzusetzen ist.[10]

Dabei handelt es sich um Novellierungen sowohl im Obligationenrecht, als auch im Bucheffektengesetz und im IPR-Gesetz. Zudem müssen sich ab diesem Datum nur noch jene Finanzdienstleister einer Ombudsstelle anschließen, die Finanzdienstleistungen gegenüber Privatkunden erbringen. Diejenigen, die Finanzdienstleistungen ausschließlich gegenüber institutionellen oder professionellen Kunden erbringen, sind davon befreit. Die übrigen Bestimmungen des DLT-Gesetzes werden voraussichtlich am 1. August 2021 in Kraft treten und die Einführung des DLT-Handelssystems, einer neuen Form von Lizenz für Handelsplätze für digitale Vermögenswerte, mit sich bringen.

Hinsichtlich der Tätigkeiten, die von der neuen Lizenz erfasst sind, unterscheidet sich das DLT-Handelssystem stark von den heutigen Handelsplätzen. Neben dem Handel können DLT-Handelssysteme auch die Verwahrung von DLT-Effekten anbieten, eine Dienstleistung, die bisher eine Lizenzierung als Zentralverwahrer erforderte. Des Weiteren kann das DLT-Handelssystem auch die Abrechnung und Abwicklung von Geschäften mit DLT-Effekten anbieten, was nach gegenwärtigem Recht eine zusätzliche Lizenz als Zentralverwahrer bzw. als Zahlungssystem erforderlich gemacht hat. Von der Lizenz als DLT-Handelssystem nicht erfasst ist hingegen das Clearing von Transaktionen. Zusammengefasst ist das neue DLT-Handelssystem ein One Stop Shop für den Handel, die Verwahrung und die Abwicklung von digitalisierten Vermögenswerten, der nicht nur Banken oder Brokern, sondern auch Retailkunden offensteht.[11]

Mit dem Inkrafttreten des zweiten Teils des DLT-Gesetzes Anfang August 2021 werden Unternehmen versuchen, eine beträchtliche Präsenz auf dem Schweizer Börsenmarkt für den regulierten Handel mit „Krypto“-Währungen sowie für andere „Krypto“-Währungsaustauschoperationen aufzubauen. Diesbezüglich haben bereits folgende drei Unternehmen eine Lizenz von der Schweizer Finanzmarktaufsicht (FINMA) erhalten: SEBA Crypto AG, Sygnum Bank und Crypto Broker AG.[12] Die Schweiz ist damit, neben dem Fürstentum Liechtenstein, eines der wenigen Länder, die eine umfassende „Krypto“- und Blockchain-Regulierung verabschiedet haben, die alle wichtigen Asspekte der Branche berücksichtigt.[13]

Einen gewissen Rückschlag stellt hingegen die am 17. März 2021 erfolgte Verweigerung der Erteilung einer Bankbewilligung für den Zuger Finanzintermediär „Bitcoin Suisse“ durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) dar, die wahrscheinlich auf Mängel im Geldwäscherei-Abwehrdispositiv zurückzuführen ist. Mitbestimmend dafür dürften aber auch Bedenken angesichts des rasanten Wachstums von „Bitcoin Suisse“ in den letzten Monaten gewesen sein. So war das Transaktionsvolumen im Februar 2021 mit rund 1 Mrd. Franken hundert Mal höher (sic) als im Juni 2019, als das Gesuch für eine Bankbewilligung eingereicht wurde.[14] Bitcoin Suisse hat aber bereits angekündigt, die Banklizenz neuerlich zu beantragen und zwar nicht nur für die Schweiz, sondern nunmehr auch für Liechtenstein und die EU.

Ganz allgemein haben die Gesetzesänderungen neue Rechtsgrundlagen vor allem für die Schaffung einer neuen Wertpapierkategorie im Obligationenrecht, die Aussonderung von tokenisierten Vermögenswerten im Fall eines Konkurses im Insolvenzrecht und die Schaffung einer neuen Bewilligungskategorie für DLT-Handelssysteme im Finanzmarktinfrastrukturrecht gebracht.

Was hingegen die Regulierung des Status der rund 2.000 Schweizer Vermögensverwalter im Speziellen betrifft,[15] so ergingen vor Kurzem zwei einschlägige Gesetze, nämlich das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)[16] und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG)[17], die beide vom Parlament am 15. Juni 2018 verabschiedet wurden. Das FIDLEG enthält Verhaltensregeln, die Finanzdienstleister gegenüber ihren Kunden einhalten müssen. Das FINIG hingegen vereinheitlicht im Wesentlichen die Bewilligungsregeln für bestimmte Finanzinstitute. Am 6. November 2019 hat der Bundesrat mit der Finanzdienstleistungs-VO (FIDLEV)[18], der Finanzinstituts-VO (FINIV)[19] und der Aufsichtsorganisationen-VO (AOV)[20] auch die entsprechenden Ausführungsbestimmungen zu FEDLEG und FINIG erlassen, die, zusammen mit FIDLEG und FINIG, per 1. Jänner 2020 in Kraft gesetzt wurden.

Vergleicht man die Schweizer Regulierung mit den parallelen Regelungen in der EU[21], dann muss man feststellen, dass der vor kurzem ergangene Vorschlag der Kommission für eine „Market in Crypto-Assets“ (MiCA) – Verordnung[22], die in der EU für einheitliche Regeln im Umgang mit digitalen Währungen und Krypto-assets sorgen soll – anders als das DLT-Gesetz – keine Token erfasst, die Finanzinstrumente darstellen. Letztere sollen in der entsprechend anzupassenden Markets in Financial Instruments Directive (MiFID)[23] auf Finanzinstrumente auf DLT-Grundlage[24] ausgeweitet werden, ebenso wie auch eine Pilotregelung für DLT-Marktinfrastrukturen für solche Instrumente von der Kommission vorgeschlagen wird.[25] Da die Umsetzung dieser Anpassungen im Schoß der EU offensichtlich noch eine Weile dauern wird – vor allem sollte geklärt werden, ob „Krypto“-Währungen ohne zentralen Emittenten, wie zB der Bitcoin, von der geplanten MiCA-Verordnung überhaupt erfasst, oder sogar verboten  werden[26] – wird die mit dem DLT-Gesetz in der Schweiz einhergehende Rechtssicherheit, mindestens bis zur Inkraftsetzung der MiCA und der entsprechenden Anpassung der MiFID in Europa einzigartig sein.[27]

Ganz in diesem Sinn äußerst sich auch Luzius Meisser, CEO und Mitbegründet von Aktionariat: „Wenn sich digitale Wertrechte etablieren, dann in der Schweiz. Die europäischen und nordamerikanischen Länder haben zu komplizierte Gesetzgebungen und sind dementsprechend auch noch nicht sehr weit“.[28]

  1. Österreich

3.1. Österreich als „FinTech-Hotspot“  

Im Gegensatz zu seinen Nachbarn Liechtenstein, Schweiz, aber auch Deutschland, hat Österreich bisher davon abgesehen, ein spezifisches regulatorisches Regime für kryptobezogene Aktivitäten oder Transaktionen zu schaffen. Vor 2018 haben seine Behörden, vor allem aber die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA), eine besonders skeptische Haltung gegenüber digitalen Vermögenswerten eingenommen, und dabei stets auf die enorme Volatilität sowie die Verbraucherschutzrisiken verwiesen, die mit diesen verbunden sind.[29] Erst im Zuge der Aufarbeitung des Bitcoin-bezogenen Betrugsfalles „Optioment[30] wurde im Februar 2018 im Schoß der FMA ein „FinTech-Beirat“ gegründet,[31] ein Umstand, der in der Folge zu einem entscheidenden Wandel in Bezug auf die Aufgeschlossenheit gegenüber digitalen Finanzierungsmethoden führen sollte.

Mit seiner nunmehr offenen Haltung gegenüber neuen Technologien und „Krypto“-Währungen erlangte Österreich sehr bald eine gewisse Bedeutung als „FinTech-Hotspot“ und wurde zum bevorzugten Standort zahlreicher Startups, wie zB Bitpanda. Das 2014 in Wien gegründete „Krypto“-Unternehmen beschäftigt mehr als 350 Personen aus 50 Nationen und erreichte Anfang 2021 eine Bewertung von über 1,2 Mrd. Euro.[32] Laut eigenen Angaben hat Bitpanda zwei Millionen User.[33] Mitte Februar 2021 erhielt Bitpanda die Konzession als Wertpapierhändler und bietet in diesem Zusammenhang den Handel mit „Krypto“-Währungen, wie Bitcoin, Ether uam an, für die seit dem 10. Jänner 2020 eine Registrierungspflicht bei der FMA besteht. Kunden können diese digitalen Vermögenswerte kaufen, verkaufen oder auf eigene Wallets (digitale Geldbörsen) legen. Bitpanda verlangt in diesem Zusammenhang für jede Transaktion, die über ihre Plattform abgewickelt wird, handelsübliche 1,49 Prozent.[34]

Derzeit gibt es, gemäß einer Studie der Österreichischen Nationalbank (ÖNB), 112 österreichische Unternehmen, die sich als FinTech-Unternehmen qualifizieren. Diese sind in der Regel Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen (KMU), bei denen der mittlere Umsatz 650.000 € und die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter sechs beträgt. Insgesamt erwirtschaftete die österreichische FinTech-Industrie 2020 einen Jahresumsatz von 130 Mio. € und beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter. Trotz dieser eher kleinen Zahlen muss angemerkt werden, dass die Wachstumsraten der FinTechs weit über denen der gesamten Finanzbranche liegen.[35]

Was den rechtlichen Rahmen von FinTech-Unternehmen betrifft, so wurde durch § 23a des Finanzmarktaufsichtsbehördengesetzes[36] eine sog. „regulatorische Sandbox“ eingeführt, die es Unternehmen ermöglichen soll, ihr Geschäftsmodell zu testen und danach so optimal als möglich auf die geltenden Rahmenbedingungen auszurichten. Bei der Bestimmung des regulatorischen Status, der auf ein spezielles Geschäftsmodell mit „Krypto“-Assets anzuwenden ist, ist nämlich eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, wobei sich aus folgenden gesetzlichen Bestimmungen unterschiedliche Lizenzpflichten ergeben können: (a) Zahlungsdienstegesetz[37], (b) Bankwesengesetz[38], (c) E-Geldgesetz[39], (d) Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz[40], (e) Wertpapieraufsichtsgesetz[41] und (f) Kapitalmarktgesetz[42]. Neben diesen speziellen gesetzlichen Regelungen bestehen noch weitere Sondergesetze, die folgende Bereiche betreffen: (a) Geldwäsche[43], (b) Besteuerung (Einkommenssteuer, Umsatzsteuer) und (c) Datenschutz (EU-Datenschutzgrundverordnung[44], Datenschutzgesetz[45])).

Die Wiener Börse hat mittlerweile schon eine Reihe von „Krypto“-Finanzprodukten in ihre Notierung aufgenommen – so notierten an der Wiener Börse seit Anfang Oktober 2020 bereits Bitcoin und Ether – und auch „Krypto“-Zahlungen beginnen sich zu etablieren. So arbeitet die Raiffeisen Bank Austria an einer nationalen digitalen Währung „Pilot[46] und der große Mobilfunkbetreiber A1 akzeptiert über sein firmeneigenes Zahlungsnetzwerk „Salamantex“ schon seit Juli 2020 Zahlungen in Form von „Krypto“-Währungen (Bitcoin, ETH, Dash uam.).[47]    Angesichts des Mandats der Kommission, bis zum 11. Jänner 2022 Gesetzesvorschläge für weitere Regulierungsmaßnahmen im FinTech-Bereich zu prüfen und zu entwerfen,[48] sind in Österreich Änderungen gegenüber dem derzeitigen Rechtsbestand mit Sicherheit zu erwarten.[49]

3.2. Wissenschaftliche Einrichtungen im „Krypto“-Bereich

Nachstehend sollen in aller Kürze diejenigen wissenschaftlichen Einrichtungen in Österreich dargestellt werden, die sich mit verwandten „Krypto“-Phänomenen beschäftigen.

3.2.1. Forschungsschwerpunkt für Blockchain und Kryptoökonomie an der WU Wien

Wie bereits vom Wirtschaftsministerium mehrmals angekündigt, begann die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) Ende des Jahres 2017 einen eigenen Forschungsschwerpunkt für Kryptoökonomie einzurichten, der unter der Leitung des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Alfred Taudes[50] steht.[51] Dafür bekam die Bildungseinrichtung vom Wissenschaftsministerium 500.000 Euro für fünf Jahre zugesagt. Der Schwerpunkt will sich vor allem der Frage widmen, wie und ob sich auf Basis von Blockchain-Technologien neue Wirtschaftssysteme herausbilden können. Dabei werden interdisziplinär Volkswirte, Betriebswirte, Juristen, Banken-, Steuer- und Marketingexperten zusammenarbeiten, um herauszufinden, wie dezentrale Applikationen (dApps), das Zusammenspiel mit IoT, künstliche Intelligenz, dezentrale Verwaltung und Crypto-Recht am besten eingesetzt werden können. Hinter der Umsetzung steht ua auch der Verein „Blockchain Initiative Austria(BCI).[52]

Der Forschungsschwerpunkt an der WU Wien soll sich zu einem Zentrum für die Blockchain-Bestrebungen in ganz Österreich entwickeln, an die andere interessierte Einrichtungen andocken können. In Österreich gibt es diesbezüglich mit dem Wiener Forschungsinstitut RIAT (Research Institute for Arts & Technology), dem Blockchainhub Graz und dem SBA Research in Salzburg weitere Einrichtungen, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen.

3.2.2. Christian Doppler-Labor an der TU Wien

Auf der TU Wien wurde ein neues Christian Doppler-Labor mit dem Namen „Blockchain Technologies for the Internet of Things“ (CDL-BOT) eingerichtet, das das erste Labor dieser Art darstellt, das sich auf die Kombination aus Blockchain-Technologie und Internet of Things (IoT) spezialisiert hat, und das unter der Leitung von Ass.-Prof. Stefan Schulte steht.[53] Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit soll auf der Forschung und Entwicklung von Partnerschaften zwischen privaten Unternehmen und Unternehmen der öffentlichen Hand liegen, die die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) in praktischen Anwendungsbereichen nutzen wollen.

Die Eröffnung desselben erfolgte am 26. November 2020 durch die österreichische BM für Digitalisierung und Wirtschaft, Margarethe Schramböck, und zwischenzeitlich haben sich bereits zwei renommierte Unternehmen dem CDL-BOT angeschlossen, nämlich zum einen die IOTA Foundation, eine Non-Profit-Organisation hinter dem deutschen Krypto-Projekt IOTA (IOTA Tangle und MIOTA), sowie, zum anderen, das Unternehmen Pantos, ein Tochterunternehmen von Bitpandavolatiliät, der vorstehend bereits erwähnten Handelsplattform für „Krypto“-Währungen und digitale Assets[54].

Mit der steigenden Anzahl von Anwendungsbereichen für DLT-basierte Zahlungen und den Datenaustausch im Internet of Things (IoT) müssen immer wieder neue DLTs integriert werden, weshalb die Interoperationalität zwischen den DLTs immer wichtiger wird. Durch die Nutzung des IOTA-Standards können IoT-Geräte automatisch Daten und Zahlungen an andere Geräte übertragen, die sich ebenfalls im IOTA-Netzwerk befinden. Das IOTA-Netzwerk kann in der Theorie dabei bis zu 10.000 Transaktionen pro Sekunde abwickeln, was durch das Upgrade „Chrysalis“ im August 2020 ermöglicht wurde.[55]

3.2.3. „Blockchain Initiative Austria“

Nach intensiven Vorbereitungen im Jahr 2020 wurde – ua mit fachlicher Expertise der AUSTRIAPRO und unter Zusammenarbeit mit dem Austrian Blockchain Center – im Jänner 2021 der Verein „Blockchain Initiative Austria“ (BCI) gegründet.[56] Zweck des Vereins ist die Unterstützung des Aufbaues einer sicheren, dauerhaften und vertrauenswürdigen Infrastruktur für die privatwirtschaftliche Blockchain-Nutzung in Österreich. Analog zur „Austrian Public Service Blockchain“ ist der erste Anwendungsfall hierfür die „Daten-Zertifizierung“ – auch „Dokumenten-Notarisierung“ genannt – bei der digitale Fingerabdrücke von Dateien in der Blockchain hinterlegt werden, um zu einem späteren Zeitpunkt die Unverändertheit der Daten belegen zu können. Seit 2. Februar 2021 ist unter https://proof.li eine Referenzimplementierung der „Dokumenten-Notarisierung“ im Echtbetrieb verfügbar und öffentlich einsehbar.[57]

  1. Schlussbetrachtungen

Anfang 2021 waren über 8.400 „Krypto“-Währungen auf dem Markt[58] – nachdem zwischenzeitlich seit der Erfindung von Bitcoin 1.839 digitale Währungen wieder aufgegeben wurden[59] – wobei allein die Marktkapitalisierung von Bitcoin Ende 2020 765 Mrd. US-$ und die von Ether 156 Mrd. US-$ betrug. An dritter Stelle rangiert mit über 30 Mrd. US-$ die von der Börsen-Plattform Binance kreierte „Krypto“-Währung BNB.[60] Angesichts dieser Größenordnungen nimmt es wunder, dass über den damit ermöglichten digitalen Zahlungsverkehr ohne Zentralinstanzen, wie etwa Banken, oder der spekulativen Veranlagung derselben, noch keine umfassende Aufklärung der interessierten österreichischen Öffentlichkeit erfolgt ist.

Da der Handel zB mit Bitcoins ein gewisses technisches „know-how“ voraussetzt, muss sich der nicht-kundige Interessent, einer Reihe von speziellen Dienstleistern bedienen, die ihn über den Kauf, die Aufbewahrung und die sichere Übertragung an Andere beraten, um keiner betrügerischen Manipulation zu unterliegen.

Bedauerlicher Weise hat die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) in diesem Zusammenhang aber feststellen müssen, dass Anlagebetrug inzwischen größtenteils mit „Krypto“-Währungen betrieben wird. Mehr als 60% der bei der FMA von „Whistleblowern“ angezeigten Fälle von Anlagebetrug stehen in Verbindung mit „Krypto-Assets“, wobei hauptsächlich soziale Netzwerke, wie Facebook, WhatsApp, Telegram und TikTok als Nährböden dienen, um Anleger in betrügerische Veranlagungen zu locken.

Es ist daher hoch an der Zeit, dass eine diesbezügliche Informationskampagne gestartet wird, mittels derer unwissenden Anlegern, denen unglaubliche Spekulationsgewinne in Aussicht gestellt werden – so stieg der Wert einer Bitcoin-Einheit von 500 Dollar im Jahr 2014 auf 60.000 Dollar (sic) Mitte März 2021[61] – vor Augen geführt wird, welches Risiko sie bei der enormen Volatilität dieser „Krypto“-Währung eigentlich eingehen. Laut JP Morgan Chase & Co hat Bitcoin das Potential, langfristig 146.000 Dollar zu erreichen, da es mit Gold als Anlageklasse konkurriert. Dabei müsste aber die Marktkapitalisierung von Bitcoin um das 4,6-fache steigen, um den Gesamtanlagen des Privatsektors in Gold über börsengehandelte Fonds oder Goldbarren und Goldmünzen zu entsprechen.[62]

_____________________________

[1] Hummer, W. Virtuelle Währungen (sog. „Krypto“-Währungen) und deren Bedeutung für das herkömmliche Geld- und Finanzsystem, EU-Infothek vom 29. März 2021.

[2] Siehe dazu nachstehend.

[3] CV VC Top 50 Report H2/2020.

[4] Grundlehner, W. Die Blockchain-Industrie ist immun gegen das Corona-Virus, www.ch vom 8. März 2021, S.1.

[5] Kasanmascheff, M. Liechtenstein will Blockchain-Technologie mit neuem Gesetz fördern, Cointelegraph vom 28. März 2018.

[6] Stefanoski, D. – Sahin, O. Aktuelle Entwicklungen im Bereich „Decentralized Finance“, Advertorial vom 29. September 2020.

[7] Landtag stimmt dem Blockchain-Gesetz einstimmig zu, Landesverwaltung Fürstentum Liechtenstein-Medienmitteilung vom 3. 10. 2019.

[8] Cant, J. Liechtenstein’s Parliament Unanimously Approves New Blockchain Act, Cointelegraph vom 5. Oktober 2019.

[9] Vgl. Graham-Siegenthaler, B. – Furrer, A. The Position of Blockchain Technology and Bitcoin in Swiss Law, Jusletter vom 8. Mai 2017; Beutler, C. Swiss law reforms make crypto respectable, swissinfo.ch vom 10. September 2020.

[10] Grundlehner, W. Die digitale Aktie ist da – und wenig passiert. Die Tokenisierung hat in der Schweiz ein rechtliches Fundament erhalten, NZZ vom 17. März 2021, S. 21.

[11] Vgl. Glarner, A. – Ganzoni, R. Neues Schweizer DLT-Handelssystem, MME vom September 2020.

[12] Musharraf, M. Schweiz: Neue Gesetze legen rechtlichen Grundstein für Blockchain und Krypto, Cointelegraph vom 10. September 2020; Avan-Nomayo, O. Erster Teil von Schweizer Blockchain-Gesetz tritt in Kraft, Cointelegraph vom 1. Februar 2021.

[13] Vgl. Grundlehner, W. Die Blockchain-Industrie ist immun gegen das Corona-Virus (Fn. 4).

[14] Vgl. Grundlehner, W. Erfolgreiche Bitcoin Suisse darf keine Bank werden, nzz.ch vom 17. März 2021.

[15] Vgl. Müller, A. Unabhängige Vermögensverwalter sind in der Schweiz eine heimliche Macht, NZZ vom 26. März 2021, S. 19.

[16] AS 2019 4417.

[17] AS 2018 5247.

[18] AS 2019 4459.

[19] AS 2019 4633.

[20] AS 2019 4715.

[21] Vgl. Müller, L. – Reutlinger, M. – Kaiser, P. Entwicklungen in der Regulierung von virtuellen Währungen in der Schweiz und der Europäischen Union, EUZ 3/2018, S. 80 ff.

[22] Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates on Markets in Crypto-assets, and amending Directive (EU) 2019/1937 (COM(2020) 593 final vom 24. September 2020).

[23] Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente (…) (ABl. 2014, L 173, S. 349 ff.).

[24] COM(2020) 596 final.

[25] COM(2020) 594 final.

[26] EU-Vorschlag mit Pferdefuss, NZZ vom 17. März 2021, S. 21.

[27] Vgl. Glarner/Ganzoni, Neues Schweizer DLT-Handelssystem (Fn. 11).

[28] Zitiert in Grundlehner, Die digitale Aktie ist da – und wenig passiert (Fn. 10).

[29] Die FMA hat bereits im November 2017 Informationen zu den mit virtuellen Währungen verbundenen Risiken veröffentlicht; FMA, Europäische Aufsichtsbehörden veröffentlichen gemeinsame Warnungen zu virtuellen Währungen, Pressemitteilung vom 12. Februar 2018, S. 2.

[30] Vgl. dazu Pfluger, B. – Hahn, A. Justiz ermittelt im Fall Optioment gegen elf Personen, Der Standard vom 2. Februar 2019.

[31] FMA (Hrsg.), Die Kontaktstelle FinTech. Innovation weiterentwickeln (2018).

[32] Lammer, B. Bitpanda ist jetzt ein „Einhorn“, Die Presse vom 17. März 2021, S. 20.

[33] Wiener Krypto-Fintech wird erstes „Unicorn“, Wiener Zeitung vom 17. März 2021, S. 1.

[34] Wiener Krypto-Firma Bitpanda wird Österreichs erstes „Unicorn“, Wiener Zeitung vom 17. März 2021, S. 10.

[35] Fletzberger, B. Austria: Fintech laws and Regulations 2020, ICLG 2020, S. 1.

[36] BGBl. I Nr. 97/2001.

[37] BGBl. I Nr. 17/2018.

[38] BGBl. 532/1993 idgF.

[39] BGBl. I Nr. 107/2010.

[40] BGBl. I Nr. 135/2013.

[41] BGBl. I Nr. 107/2017.

[42] BGBl. I Nr. 62/2019.

[43] In Umsetzung der 5. Geldwäsche-Richtlinie der EU (Richtlinie (EU) 2018/843, ABl. 2018, L 156, S. 43 ff.) erging das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (BGBl. I Nr. 118/2016), geändert durch Art. 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (…) geändert werden (BGBl. I Nr. 25/2021).

[44] ABl. 2016, L 119, S. 1 ff.

[45] BGBl. I Nr. 165/1999.

[46] Raiffeisen Bank to pilot digital currency, 20 May 2020.

[47] Vgl. Avan-Nomayo, O. Wegen zunehmender Betrugsfälle – Österreich fordert strengere Krypto-Regulierung, Cointelegraph vom 20. Februar 2021.

[48] Vgl. Waechter, O. Regulierung virtueller Währungen, vom 31. Juli 2019.

[49] Schmidt, S. Österreich: Regulierung virtueller Währungen im Jahr 2020: Licht in die österreichische Blockchain-Landschaft bringen, Oblin Rechtsanwälte LLP, vom 1. Dezember 2020.

[50] Institute for production engineering & Research Institute for Cryptoeconomics.

[51] WU startet Forschungsschwerpunkt für Blockchain und Krypto-Ökonomie, Trending Topics vom 27. Oktober 2017.

[52] Vgl. dazu nachstehend.

[53] Steinschaden, J. Mit Pantos und IOTA: Neues Christian Doppler Labor an TU Wien forscht an Blockchain

[54] Vgl. dazu vorstehend.

[55] McNally, C. IOTA schließt sich neuem Blockchain- und IoT-Forschungslabor der TU Wien an, Cointelegraph vom 27. November 2020.

[56] Der Sitz des Vereins befindet sich in der Anton-Krieger-Gasse 83, 1230 Wien, die Mail-Adresse lautet: hello@bc-init.at

[57] BCI News Jänner 2021, S. 1.

[58] Knips-Witting, M. Kryptowährungen als Spekulationsobjekt, vom 12. März 2021, S. 6; Blumenstein, Was ist eigentlich Bitcoin?, Diese Technik steckt dahinter (www.t-online.de vom 23. Jänner 2021) erwähnt für Jänner 2021 insgesamt 8.200 Kryptowährungen, ebenso wie auch Wimmer, F. – Sandner, P. – Schmitt, S. – Andres, J. Steuerschätzung: 1,2 Mrd. EURO Steuereinnahmen für das Steuerjahr 2020 durch Kryptowährungen, Frankfurt School Blockchain Center, vom 13. Jänner 2021, S. 2.

[59] Laut Website deadcoins.com; vgl. Grundlehner, W. Auf dem Friedhof der Kryptowährungen, nzz.ch vom 27. Dezember 2019.

[60] Grundlehner, W. Bitcoin-Euphorie trägt Coinbase-Aktien nach oben, NZZ vom 27. Februar 2021, S. 13.

[61] Lammer, Bitpanda ist jetzt ein „Einhorn“ (Fn. 32).

[62] Grundlehner, W. – Schürpf, T. Bitcoin-Höhenflug abrupt gestoppt: Hat Elon Musk die Kryptowährung kippen lassen?, nzz.ch vom 23. Februar 2021.

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