Mittwoch, 24. April 2024
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Vorsicht Sebastian: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel

Bundeskanzler Sebastian Kurz / Bild © Dragan Tatic / Rat Brüssel / Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres via flickr (Ausschnitt), CC BY 2.0

Die Wahlen im Burgenland und in Niederösterreich zeigen, was fast übersehen wird, auch Grenzen des Wachstums der türkisen Volkspartei auf.

Von den burgenländischen Wählern hatten sich die Berater von Sebastian Kurz mehr erwartet. Einerseits, dass die Volkspartei ein sattes Plus erzielt und damit wieder als Regierungspartner ins Spiel kommt. Andererseits hoffte man, dass die negative Stimmung, mit der die SPÖ bundesweit zu kämpfen hat, letztlich auch im östlichen Bundesland den Höhenflug von Hans Peter Doskozil einbremst und die Partei weiter weitgehend nur mit sich beschäftigen lässt. Daher hatte sich Kurz auch selbst in den Wahlkampf eingeschaltet. Die plus 1,5 Prozent auf das bislang schlechteste Wahlergebnis waren demnach eine magere Ausbeute.

Linker Mittelstand im Fokus

Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass Landes- und Kommunalwahlen eigenen Gesetzmäßigkeiten unterliegen, sehr wohl vom regionalen Spitzenkandidaten und nur beschränkt vom allgemeinen politischen Klima profitieren. Und da war der ÖVP Frontmann Thomas Steiner einfach zu farblos, ein zu schwaches Kaliber – im Vergleich zu Doskozil. Er hat gewissermaßen den Spagat geschafft, wobei ihm sein bürgernahes Gehaben zu Nutzen kam. Mit ihm würde man gerne auf ein Bier gehen, hört man selbst in bürgerlichen Kreisen. Dazu kommt, dass er in Punkto Migrationspolitik voll auf der türkisen Regierungslinie liegt. Das ist die eine Seite, die ihm Applaus über die eigene, in dieser Causa gespaltene Partei, bei der Wählerschaft generell brachte.

Das andere Gesicht des Hans Peter Doskozil

In der Sozialpolitik freilich steuert er einen anderen Kurs. Da sucht er die Bedürfnisse, Probleme und Wünsche des linken Mittelstandes anzusprechen. Dass er altes sozialistisches Gedankengut vertritt, wonach das Geld auf den Bäumen wächst, wurde von der Volkspartei zu wenig thematisiert. Es ist blanker linker Opportunismus, den Landesbediensteten einen Mindestlohn von 1700 Euro netto zu versprechen. Brutto sind das 2500 Euro. Pflegende Familienmitglieder beim Land anzustellen ist die zweite sagenhafte Zusage und kann bzw. wird die Zahl der Landesangestellten explodieren lassen. Beide Zusagen haben natürlich Gefallen in breiten Kreisen der Bevölkerung gefunden, ihm die absolute Mehrheit gebracht. Völlig übersehen wurde nur, dass die Umsetzung dieser Wahlzuckerl horrende Kosten im Landesbudget verursachen und die Gewerkschaften motivieren wird, ähnliches in der freie Wirtschaft zu fordern. EIne Mahnung für Kurz, die Sozialpolitik nicht den Grünen als Exerzierfeld den Grünen zu überlassen.

Wird Ludwig das Modell Doskozil kopieren?

Doskozil hat, wenn er auch vorerst als Landeshauptmann im Burgenland bleibt, das Zeug in sich, nicht nur Pamela Rendi Wagner ständig als die bessere Alternative vorgehalten sondern vor allem die personelle und Inhaltliche Herausforderung zu Kurz zu werden. Die Wiener Gemeinderatswahlen werden es in sich haben. Nicht nur wegen Strache. Bürgermeister Christian Ludwig wird sich seinen burgenländischen Amtskollegen zum Vorbild machen, wenngleich noch nicht abzusehen ist, wieweit der linke Parteiflügel an seiner Forderung nach einer offenen Gesellschaft, an der von den roten Pragmatikern so kritisierten Willkommenskultur festhält und damit die Partei spaltet. Jetzt nach den Wahlen Ur zeigt sich aber auch das Problem, dass Kurz seinen Vertrauten Gernot Blümel nebst der Funktion des Wiener ÖVP Spitzenkandidaten auch das Amt des Finanzministers aufgehalst hat. Und da zeigt sich auch eine Schwäche von Blümel im Vergleich zu Doskozil und Blümel. Technokrat versus Volkspolitiker.

Blümel muss lernen, Wien zu lieben

Klaus Schneeberger, dem es gelang in der „allzeit getreuen“ sozialistischen Hochburg Wiener Neustadt die ÖVP, nachdem sie seit den letzten Wahl aufgrund geschickter Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ bereits den Bürgermeister stellt, nun auch zur unangefochtenen Nummer 1 zu puschen, hat das angesprochen, worauf es bei den Wahlen in der Bundeshauptstadt ankommen wird: „Blümel muss es lernen, Wien zu lieben“. Das muss man freilich können, einstudieren kann man es nicht wirklich. Auch die NÖ Gemeinderatswahlen, haben so manche Signale in sich, die zeigen, das Bäume nicht in den Himmel wachsen. Schneeberger ist nämlich Repräsentant nicht der türkisen sondern der schwarzen ÖVP. Er hat in Niederösterreich ein gewichtiges Wort und hält mehr von blau-gelber als von türkiser Message Control. Hinzu kommt, dass die ÖVP Erfolge in Amstetten, Gmünd und Wiener Neustadt nicht über die massiven Stimmeneinbrüche von Klosterneuburg über Perchtoldsdorf bis Mödling, dem so genannten Wiener Speckgürtel, hinwegtäuschen dürfen. Dort hat Kurz nicht das Leiberl, das er sich wünscht.

Ungleiche türkise Wählergewichtung zwischen jung und alt

Seit den Nationalratswahlen, ebenso bei den Landtagswahlen zieht sich ein Trend durch. Die neue Volkspartei gewinnt überdurchschnittlich bei der älteren, also der Plus 50 Generation. Die übrigens personell am Schwächsten im Kurz Team vertreten ist. Im Mittelbau, also bei den 30 bis 50 Jährigen liegt man gerade im durchschnittlichen Trend. Defizitär ist hingegen die Repräsentanz bei der jüngeren Generation, die von 16 bis 30 reicht. Hier liegen die Schwarzen hinter den Grünen, oftmals auch der Blauen und catchen sich mitunter sogar mit den Roten. Mehr als nur mittelfristig gesehen, wird es für die neue Volkspartei notwendig werden, eine Lösung zu finden, um gegen dieses Ungleichgewicht anzukämpfen. Der Speckgürtel hat das am vergangenen Sonntag deutlich gemacht.

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