Samstag, 27. April 2024
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Löger kündigt Start der Steuerentlastungsoffensive für 2020 an

Finanzminister Hartwig Löger / Bild © Bundesministerium für Finanzen (FinTech Beirat) / Fotocredit: BMF/Wilke, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons (Ausschnitt)

Auf Finanzminister Hartwig Löger ruhen besonders hohe Erwartungen. An seiner Budgetpolitik werden die Eckpfeiler jener Politik erkennbar, die sich dem Auftrag der „Veränderung“ verschrieben hat und Österreich „zukunftsfit“ machen will. EU-Infothek hat Löger mit einer Reihe aktueller Fragen konfrontiert. Seine Antworten geben einen Überblick über die nächsten Vorhaben, so auch auf die Frage nach den berühmten „Leuchtturmprojekten“.

EU-I: Im Zuge der Budgetrede haben Sie von einer „neuen Zeitrechnung in der Budgetpolitik“ gesprochen und für das kommende Jahr angekündigt, erstmals seit 1954 mehr einnehmen als ausgeben zu wollen. Werden Sie, wenn Sie einen Blick auf die aktuelle Budgetentwicklung werfen, dieses Versprechen auch einhalten können

Löger: Wir sind nach wie vor auf Kurs. Das Doppelbudget 2018/2019 ist ein klares Bekenntnis zu einem Ende der Schuldenpolitik. Denn erstmals seit 1954 gibt der Bund 2019 weniger aus, als er einnimmt, 2019 erzielen wir einen Überschuss von 541 Millionen Euro. Dieses Budget ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in eine stabile Zukunft.

Konsensuales Pflegemodell

Eines der großen Probleme, die es rasch zu lösen gilt, betrifft die Pflegefinanzierung. Für heuer konnte mit den Bundesländern nach einem längeren Tauziehen eine Einigung bezüglich der Finanzierung erzielt werden. Wie sieht es aber mit der Zukunft aus, wird da an einem neuen Modell gearbeitet, zeichnen sich bereits Konturen ab?

Niemand am Verhandlungstisch war glücklich, erst im Nachhinein über Details wie die Finanzierung zu verhandeln. Die Sieger der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sind definitiv die Betroffenen, also die Menschen in Pflege.

Klar ist jedoch, dass wir mit dieser Einigung nur ein Symptom behandeln und die Wurzelbehandlung vertagt wurde. Denn die Pflege daheim wird mit der Abschaffung des Pflegeregresses aktuell benachteiligt. Wir treten aber verstärkt für die Pflege in der Familie ein, denn in den meisten Fällen ist es genau das, was sich die Betroffenen wünschen.

Wir werden das Thema Pflege daher ganzheitlich diskutieren müssen, um noch bestehende Ungerechtigkeiten gegenüber der Pflege daheim zu beseitigen. Mein Ziel ist, in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes konsensuales Modell mit allen relevanten Akteuren zu erarbeiten.

Automatische Steuer-Anpassung

Ein Dauerbrenner ist die Abschaffung der so genannten Kalten Progression. Darunter versteht man die Steuermehrbelastung, die dann eintritt, wenn – was bei einem progressiven Einkommensteuertarif der Fall ist – die Einkommensteuersätze nicht am Ende eines Jahres der jeweiligen Inflationsrate angepasst werden. Die ÖVP hat sich dieses Anliegen auf ihre Fahnen geheftet. Wann ist mit einem Antrag zur Abschaffung der kalten Progression zu rechnen?

Prioritär ist für uns eine wesentliche finanzielle Entlastung für alle Steuerzahler. Das soll als erster Schritt im Rahmen der Steuerentlastungsreform umgesetzt werden. „Entlastend“ wirken soll die Reform auch, indem durch eine massive Vereinfachung des Steuerrechts die Anwenderfreundlichkeit für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erhöht wird.

Die Bekämpfung der kalten Progression folgt als zweiter Schritt. Wir wollen eine automatische Anpassung der Grenzbeträge für die Progressionsstufen auf Basis der Inflation des Vorjahres umsetzen. Die Entlastungswirkung (Tarif) aus der Steuerentlastungsreform wird damit für die Zukunft „eingefroren“.

Jeder fünfte Pensionist geht einer Berufstätigkeit nach und leidet unter der Besteuerung durch die SVA. Wann ist hier mit dem schon versprochenen Ende dieser Doppelbesteuerung zu rechnen?

Im Rahmen der geplanten Steuerentlastungsreform wollen wir die Menschen ehrlich entlasten. Das erreichen wir durch Sparen im System. Dazu gehört auch, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern nicht in die linke Tasche etwas geben, während wir es ihnen aus der anderen Tasche wieder rausnehmen. Unterm Strich soll allen – und damit natürlich auch den Pensionistinnen und Pensionisten – mehr zum Leben bleiben.

Und wann wir mit der Steuerentlastungsreform konkret gestartet?

Stufenweise ab 2020.

Der Leuchtturm ist die 40-Prozent Abgabenquote

Bei der Umsetzung des Regierungsprogramms wird immer wieder von der Öffentlichkeit nach Leuchtturmprojekten gefragt. Wo sehen Sie ein, zwei solche in nächster Zukunft?

Das große Ziel dieser Bundesregierung ist, die Abgabenquote in Richtung 40% zu senken.

Mit dem Familienbonus Plus, der ab 1. Jänner 2019 wirken wird, haben wir einen ersten großen Schritt und ein Zeichen der Wertschätzung für steuerzahlende Familien gesetzt. Insgesamt werden rund 950.000 Familien und etwa 1,6 Mio. Kinder von einer Steuerlast von bis zu 1,5 Mrd. Euro befreit. Der Familienbonus Plus ist somit die größte Entlastungsmaßnahme aller Zeiten für Familien.

Eine echte Steuerentlastungsreform ist der nächste große Schritt. Ein neues Einkommensteuergesetz soll zu einer Vereinfachung und gleichzeitig zur Entlastung der Einkommen in den ersten drei Tarifstufen führen. Die gilt es durch Systemeinsparungen zu finanzieren und nicht über neue Steuern. Damit werden wir auch Anreize für unsere heimischen Klein- und Mittelunternehmen schaffen, damit diese vermehrt in Österreich investieren. Ich bin überzeugt, dass wir so die Ziele unseres Regierungsprogramms erreichen werden.

Besteuerung digitaler Dienstleistungen

Auf dem Programm für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft steht unter anderem die Besteuerung der Internet Giganten. Wann wird es dazu einen entsprechenden Vorschlag geben und wie könnte dieser konkret aussehen?

Große internationale Digitalunternehmen erwirtschaften zwar Gewinne in Österreich, zahlen aber dafür zu wenig Steuern, weil sie ihren Hauptsitz beispielsweise in Irland haben. Es geht nicht an, dass sie deswegen keinen fairen Beitrag zum Steuersystem leisten. Hier müssen wir ansetzen: Steuerfairness muss an oberster Stelle stehen. Im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft werde ich einen Fokus auf die Besteuerung digitaler Dienstleistungen legen. Denn die Versteuerung muss dort erfolgen, wo die Wertschöpfung stattfindet.

Die EU-Kommission hat bereits Vorschläge auf den Tisch gelegt, die sicherstellen sollen, dass digitale Großunternehmen einen gerechten Steueranteil tragen. Wir werden dieses Thema auch weiterhin aus gesamtstrategischer Sicht bewerten, um keine Schritte zu setzen, die den europäischen Markt auf globaler Ebene schwächen. Ich bin zuversichtlich, dass wir so zu mehr Transparenz und Fairness gelangen werden.

Erst vor wenigen Tagen gab es eine Meldung, dass Österreich bei der Besteuerung der Internet-Riesen auch vorpreschen und einen Alleingang machen könnte. Wie steht es darum?

Diesbezüglich werden die zuständigen Minister Blümel, Hofer und Löger ein entsprechendes Modell ausarbeiten.

In Zusammenhang mit dem Blocking von Internet-Glückspielplattformen, die in Österreich ohne Lizenz am Markt tätig sind, wurde eine Novelle vor Monaten ausgesandt und dann wieder zurückgezogen. Wann wird es die „Endfassung“ geben?

Der Kampf gegen illegales Internet-Glücksspiel und der Spielerschutz sind mir große Anliegen. Wir haben in der Vergangenheit bereits zahlreiche Maßnahmen zum Jugend- und Spielerschutz getroffen: Zunächst die Anbindung der legalen Glücksspielautomaten an das Datenrechenzentrum der Bundesrechenzentrum GmbH. Darüber hinaus unterstützt auch die Finanzpolizei mit ihren Kontrollen den Kampf gegen das illegale Automatenglücksspiel ganz wesentlich. Die Bemühungen zur Eindämmung des illegalen Glücksspiels und zur Erhöhung des Spielerschutzes werden wir auch weiterhin konsequent fortsetzen. Derzeit befinden wir uns gerade im Abstimmungsprozess.

Durchforstung des Förderungsdschungels

Ihre Vor-Vorgängerin Maria Fekter hat einmal das Bestehen von mehr als 40.000 Förderungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene beklagt, Wäre es nicht an der Zeit, diesen Förderungsdschungel zu durchforsten und einen Kahlschlag vorzunehmen?

Für mich steht außer Frage, dass wir den Förderdschungel durchforsten und existierende Ineffizienzen beseitigen werden. Das Förderwesen muss treffsicherer und transparenter werden. Dazu braucht es eine Aufgabenabgrenzung zwischen den Gebietskörperschaften und Fördergebern mit einer klaren Aufgabenzuordnung. Nur so können Doppelgleisigkeiten vermieden werden. Um das Förderwesen zu verbessern, wurde in der Vergangenheit bereits die Transparenzdatenbank ins Leben gerufen. Dort werden Förderungen der unterschiedlichen Gebietskörperschaften strukturiert erfasst, wodurch Mehrfachförderungen vermieden werden können.

Wir wollen eine bundesweite gemeinsame Strategie mit abgestimmten Konzepten, Volumina und Zielen sowie Gebietskörperschaften übergreifende einheitliche Standards für das Förderwesen. Daran werden wir weiter arbeiten, damit das Geld tatsächlich bei den Menschen ankommt. Deswegen haben wir uns auch im Regierungsprogramm für eine umfassende Verwaltungsreform ausgesprochen.

Professionelles Beteiligungsmanagement

Österreichs Ministerien haben mehr als 1200 (!) „Tochter- und Enkel-Firmen“, welche „ausgelagert“ sind. Abgesehen von den Kosten, die ein solcher Apparat verursacht, wäre es hier nicht notwendig die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Firmen zu überprüfen und zu evaluieren.

Wir wollen ein zukunftsfähiges und professionelles Beteiligungsmanagement mit zeitgemäßen Strukturen schaffen. Fest steht, wir wollen unsere Beteiligungen stark managen und das österreichische Interesse wahrnehmen. Deshalb planen wir die Struktur der ÖBIB zu stärken. Für die Republik ist eine gute Dividendenentwicklung wichtig, ebenso wie die Rolle der Unternehmen für den Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze.

Die ÖBIB soll eine operative Holding aller Staatsbetriebe werden. Gibt es dazu bereits konkrete Vorstellungen und ist vor allem auch daran gedacht, weitere Unternehmen unter die Fittiche der ÖBIB zu nehmen.

Wie bereits angesprochen, arbeiten wir derzeit intensiv an einer Weiterentwicklung der ÖBIB Unsere oberste Prämisse ist ein professionelles Beteiligungsmanagement für den Standort, für die Republik und damit auch für den Steuerzahler einzusetzen. Eine ÖBIB Neu wird sich nicht nur an hohen Dividenden orientieren, sondern an einer bestmöglichen Entwicklung der Unternehmen mit dem Erhalt Österreichs als Kernaktionär bei den Beteiligungen. Dieses Zukunftsmodell wird im Laufe der zweiten Jahreshälfte im Detail präsentiert.

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