Es klingt beinahe nach George Orwell’s „Großem Bruder“: zwei europäische Normungsorganisationen geben Mitte Februar 2014 bekannt, dass sie einen Grundstock von Regeln für die Vernetzung von Automobilen entwickelt haben, die es diesen in Zukunft erlauben werden, miteinander zu kommunizieren und wichtige (Verkehrs-)Informationen untereinander auszutauschen.
[[image1]]Das alte „Navi“ als Verkehrsinformationssystem der ersten Stunde hat offensichtlich ausgedient, aber was können diese neuen intelligenten Verkehrssysteme, deren Einsatz schon 2015 zu erwarten ist? Ebenso wird es ab Herbst nächsten Jahres zur Einführung des Auto-Notrufsystems „eCall“ kommen, dem allerdings nicht nur positive Aspekte attestiert werden.
Die ständige Zunahme des Volumens des Straßenverkehrs in der EU ist die Hauptursache für die wachsende Überlastung der Straßeninfrastruktur und den steigenden Energieverbrauch und stellt eine Quelle ökologischer und sozialer Probleme dar. Die Reaktion auf diese drängenden Herausforderungen kann in Zukunft nicht mehr auf herkömmliche Maßnahmen, wie etwa den immer stärkeren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, beschränkt werden, sondern bedarf innovativer, ganzheitlicher Lösungen, die über die bisher zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel hinausgehen.
Notwendigkeit „Intelligenter Verkehrssysteme“ (IVS)
Zur Zeit zirkulieren knapp 250 Millionen Kraftfahrzeuge auf den europäischen Straßen, wobei lediglich ein Bruchteil von ihnen mit modernen Navigationssystemen („Navis“) ausgestattet ist. Der Rest der Kraftfahrzeuglenker muss mit den sporadischen Verkehrsinformationen im Autoradio das Auslangen finden. Für die weitere „Flüssigmachung“ des Straßenverkehrs und die Verringerung von Verkehrsunfällen sollen daher „Intelligente Verkehrssysteme“ (IVS) eingesetzt werden, die darauf abzielen, innovative Dienste im Bereich verschiedener Verkehrsträger und des Verkehrsmanagements an sich anzubieten und dabei die verschiedenen Nutzer von Verkehrsinfrastrukturen mit umfassenden Informationen zu versorgen. Die Verkehrsteilnehmer sollen damit in die Lage versetzt werden, die Verkehrsnetze auf sicherere, koordiniertere und damit auch „klügere“ Weise zu nutzen.
„Intelligente Verkehrssysteme“ kombinieren Telekommunikation, Elektronik und Informationstechnologie mit Verkehrstechnik zu dem Zweck, Verkehrssysteme zu planen, zu konzipieren, zu betreiben, zu warten und zu steuern. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Straßenverkehrssektor und an dessen Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern wird einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Umweltschutzes, der Energieeffizienz, der Straßenverkehrssicherheit, der öffentlichen Sicherheit sowie der Mobilität von Personen und Gütern leisten und gleichzeitig das Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten sowie für eine Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung sorgen.[1] Ohne gemeinsame technische Vorgaben, wie zB für die Nutzung der Funkfrequenzen oder das Datenmanagement, kann eine Vernetzung von Fahrzeugen aber nicht bewerkstelligt werden.
„Autonome“ oder „kooperative“ Ausgestaltung von IVS
„Intelligente Verkehrssysteme“ können dabei entweder als „autonome Systeme“ an Bord des Fahrzeugs selbst isoliert funktionieren oder als „kooperative Systeme“ Bestandteil einer „Fahrzeug-Infrastruktur“–Kommunikation bzw. sogar „Fahrzeug-Fahrzeug“–Kommunikation sein. Nachdem es in den letzten Jahren technisch zum einen zu einer steten Verbesserung der autonomen Systeme (zB Navigationsgeräte) bzw. zum anderen auch der kooperativen Systeme im Anwendungsbereich der „Fahrzeug-Infrastruktur“ – Kommunikation (zB Notrufsystem „eCall“) gekommen ist, stellt die nunmehr in der EU angestrebte „Fahrzeug-Fahrzeug“–Kommunikation im Sinn einer direkten Vernetzung von Fahrzeugen untereinander ein Novum dar. Die geplante Einführung „Intelligenter Verkehrssysteme“ in der EU auf der Basis miteinander kommunizierender Fahrzeuge, die in einem kooperativen Verkehrsverbundsystem gegenseitig Informationen austauschen können, wäre ohne Zweifel ein Quantensprung in Sachen Verkehrssicherheit.
Zur Veranschaulichung führt die Europäische Kommission in einer ihrer Pressemitteilungen folgendes anschauliche Beispiel an: „Stellen Sie sich vor, Sie sind mit dem Auto unterwegs und auf ihrer Windschutzscheibe erscheint die Meldung, die Sie vor einem Unfall warnt, der gerade ein Stück vor Ihnen passiert ist.“[2] Es könnte aber auch ein massiver Einsatz von Scheibenwischern vorausfahrender Autos die nachkommenden Fahrzeuge warnen, dass sie in Kürze mit Regen und daher mit glatten Fahrbahnverhältnissen zu rechnen haben. Heftige Bremsmanöver könnten wiederum ein Indiz für eine sich anbahnende Stauentwicklung darstellen, usw.
Die „eSafety“-Initiative der Kommission
Bereits im April 2002 hatte die Kommission die Initiative „eSafety“ ins Leben gerufen, im Rahmen derer sie eine aus 40 Experten zusammengesetzte Arbeitsgruppe, das „eSafety-Forum“, mit dem Ziel einrichtete, Empfehlungen zur Unterstützung der Entwicklung, Einführung und Nutzung von „eSafety“-Systemen anzuregen und umzusetzen. Die Ausgangslage dafür war alarmierend: So starben im Jahr 2002 in der EU bei 1,300.000 Verkehrsunfällen mehr als 40.000 Menschen und die Zahl der (Schwer-)Verletzten betrug 1,700.000. Damit stellten Verkehrsunfälle bei Personen unter 45 Jahren die hauptsächliche Todesursache dar. Die volkswirtschaftlichen Kosten dieser Unfälle werden auf 160 Mrd. Euro geschätzt, was 2% des europäischen BIP entspricht.[3]
Dementsprechend forderte die Kommission in ihrem „Europäischen Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit“ (2003-2010) eine Reduktion der Zahl der Verkehrstoten bis 2010 auf die Hälfte.[4] Das gelang zwar nicht ganz, wenngleich der Rückgang der getöteten Unfallopfer tatsächlich beträchtlich war: Im Jahr 2012 kamen in der EU bei Verkehrsunfällen nur mehr 28.000 Personen ums Leben. Die Zahl der (Schwer-)Verletzten blieb mit über 1,5 Millionen aber beinahe gleich.
Das „eSafety-Forum“ legte im November 2002 seinen Abschlussbericht vor, der 28 detaillierte Empfehlungen enthielt und zuletzt zu dem Ergebnis gelangte, dass die intelligenten Fahrzeugsicherheitssysteme das größte Potential zur Lösung der Sicherheitsprobleme im Straßenverkehr bieten. Die Kommission listete in der Folge in einer Mitteilung vom 15. September 2002 diejenigen Maßnahmen auf, die sie zu ergreifen beabsichtigt, um die Entwicklung und den späteren Einsatz solcher intelligenter Fahrzeugsicherheitssysteme in der EU voranzutreiben.[5] In ihrer zweiten „eSafety“-Mitteilung vom 14. September 2005[6] forderte die Kommission die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten auf, für die Verbreitung des „eCall“-Systems unter den Bürgern zu sorgen. In ihrer dritten „eSafety“-Mitteilung vom 15. Februar 2006[7] wiederum bietet die Kommission in der Folge Lösungen für die sozialen Probleme an, die im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen entstehen.
Das Notrufsystem „eCall“
In vielen Fällen war für die nach wie vor hohe Zahl an Toten und Verletzten die späte Verständigung der Rettungskräfte durch die Unfallopfer oder -beteiligten bzw. durch Dritte verantwortlich, die das Hilfspersonal zu spät eintreffen ließ. Aber auch die genaue Ortung und Auffindung von auf abgelegenen Wegstrecken oder in unwegsamen Gelände verunfallten Personen stellt ein großes Problem für eine rasche medizinische Erstversorgung dar.
Einige große Automobilfirmen reagierten auf diese Herausforderungen bereits in der Vergangenheit und installierten automatische Notrufsysteme in ihren Neuwagen – allerdings nur gegen Aufpreis. So bot zB Mercedes eine solche Notruffunktion in seinem aufpreispflichtigen Infotainment-Paket „Comand Online“ an und BMW folgte diesem Beispiel mit einem ähnlichen System für seine hochpreisigen Fahrzeugtypen nach.[8] Allerdings werden durch diese Systeme bei einem Unfall nicht nur die Rettungskräfte, sondern auch die jeweiligen Service-Dienste dieser Automarken alarmiert. Nach ersten Schätzungen verfügen aber nicht einmal ein Prozent der in der EU zirkulierenden Automobile über eine derartige oder auch nur ähnliche Alarmeinrichtung.
Die Einführung eines in sämtlichen Fahrzeugen verfügbaren und auf dem Notruf 112, der europaweiten Notrufnummer,[9] basierenden „eCall“-Dienstes ist seit 2005 eine der wichtigsten Prioritäten der EU im Bereich der Straßenverkehrssicherheit. Hierzu wurden seitens der Kommission eine Reihe von Initiativen ergriffen, die die freiwillige Einführung eines solchen Systems zum Ziel hatten, denen allerdings kein Erfolg beschieden war. Es sollte in der Folge noch bis zum Juni 2013 dauern, bis sich die Kommission in der Lage sah, einen Vorschlag für eine bindende Verordnung des Europäischen Parlaments (EP) und des Rates („eCall-Verordnung“) vorzulegen, aufgrund derer bis zum Oktober 2015 ein solches vereinheitlichtes Notrufsystem in alle neu ausgelieferten Fahrzeuge verpflichtend zu installieren ist.[10] Die Rettungskräfte sollen dank dieser Technik fast doppelt so schnell am Unfallort sein, wie dies bisher der Fall war.
Die jährlichen Kosten für die Anwendung des „eCall“ werden auf 4,55 Mrd. Euro geschätzt. Hierunter fallen vor allem der Einbau des Geräts in die Fahrzeuge und die Aufrüstung der Notrufzentralen. Da aber die Einsparungen bei den durch Unfälle und Staus verursachten volkswirtschaftlichen Kosten zirka 26 Mrd. Euro betragen, ergibt sich ein sehr günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Kosten für die individuelle Installierung von „eCall“ beziffert das für Verkehr zuständige Mitglied der Kommission, Siim Kallas, mit „weniger als 100 Euro pro Auto“.[11]
In der parlamentarischen Debatte über die vom EP am 26. Februar 2014 in erster Lesung mit überwältigender Mehrheit – 485 Pro-Stimmen, 151 Gegenstimmen, bei 32 Enthaltungen – angenommene eCall-Verordnung[12] wurde von der Mehrheit der Abgeordneten aber darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Notrufdienst eigentlich um eine öffentliche Dienstleistung von allgemeinem Interesse handle, die dementsprechend allen Verbrauchern auch kostenlos zur Verfügung stehen sollte.
Die Abgeordneten zum EP verschärften aber auch die Datenschutzklausel im Entwurf der eCall-Verordnung, um damit zu gewährleisten, dass die Fahrzeuge aufgrund dieser Technologie nicht ständig ort- und verfolgbar sind. Laut Änderungsantrag des EP dürfen die vom System bei einem Unfall abgesetzten Daten nur Informationen zur Aktivierung (manuell oder elektronisch), zum Fahrzeugtyp, zum Treibstoff (Diesel oder Benzin), zum Unfallzeitpunkt, zur Fahrzeugposition, zur Fahrtrichtung und zur Anzahl der angelegten Sicherheitsgurte enthalten. Des Weiteren regte das EP an, dass das eCall-System in naher Zukunft auch für andere Fahrzeugklassen – wie zB LkW, Kraftomnibusse, motorisierte Zweiräder und landwirtschaftliche Zugmaschinen – eingeführt werden sollte.
Technisch besteht das „eCall“-System aus einer Box mit einer Mobilfunkeinheit, einem GPS-Empfänger und einem Antennenanschluss. Es ist mit einer Reihe von Sensoren, die sich bereits in den Fahrzeugen befinden, wie zB dem Auslösemechanismus für den Airbag, verbunden und kann bei deren Aktivierung, zB durch einen Crash des jeweiligen Fahrzeugs, sofort reagieren. Das Notrufsystem „eCall“ würde in einem solchen Fall alle relevanten Unfalldaten unverzüglich an eine Notrufzentrale übermitteln und zugleich eine Sprechverbindung zur Notrufnummer 112 herstellen. Der Alarm könnte aber auch manuell ausgelöst werden, ausschalten lässt sich das System „eCall“ hingegen nicht.
Studien belegen, dass damit die Wartezeiten im ländlichen Raum um 50% und in städtischen Gebieten um 40% verkürzt werden könnten, sodass das „eCall“-System pro Jahr bis zu 2.500 Menschenleben retten und die Schwere der Unfallverletzungen in 15% der Fälle deutlich mindern könnte.[13] Durch die Verkürzung der Zeit der Rettungsmaßnahmen kann das System aber auch dazu beitragen, die durch Verkehrsunfälle ausgelösten Staus zu reduzieren.
So segensreich dieses Notrufsystem auch sein mag, so wohnen ihm nach Ansicht von Kritikern auch eine Reihe von negativen Aspekten inne. Da sich das System nicht deaktivieren lässt, vermuten Kritiker, dass es dabei nicht nur um die Sicherheit der Fahrzeuginsassen sondern, ganz allgemein, auch darum geht, Informationstechnologie in ein Fahrzeug zu packen, die für andere Dienste genutzt werden kann, nämlich um zB Geschwindigkeiten zu messen, oder Bewegungsprofile der Verkehrsteilnehmer zu erstellen. Auch würden sich Autofahrer in Sicherheit wiegen, vom System gewarnt zu werden und dementsprechend bei Systemausfällen unter Umständen ungewarnt verunglücken. Dazu kommen noch, ganz allgemein, datenschutzrechtliche Bedenken.
Die Befürworter des „eCall“-Systems weisen wiederum darauf hin, dass dieses ein „schlafendes System“ ist, dass lediglich im Unfallzeitpunkt aktiviert wird und daher auf keine permanente Datenspeicherung und -abfrage hin ausgerichtet ist. Der technische Wert für eine raschere Verständigung der Einsatzkräfte sei aber ohnehin unbestritten.
Vom „eCall“-System zu „Intelligenten Verkehrssystemen“
Ausgehend von den Vorarbeiten zur Einrichtung des „eCall“-Systems veröffentlichte die Kommission 2008 einen Aktionsplan zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa,[14] der die Festlegung eines Mandats für die beiden europäischen Normungsorganisationen, das „European Telecommunications Standards Institute“ (ETSI) und das „European Committee for Standardization“ (CEN), zur Ausarbeitung harmonisierter Normen im Hinblick auf die Einführung „Intelligenter Verkehrssysteme“ vorsah.[15] Konkret wurde dieser Normungsauftrag im Oktober 2009 an ETSI, CEN, aber auch an das „European Committee for Electrotechnical Standardization“ (CENELEC), vergeben, wobei die drei europäischen Normungsorganisationen aufgefordert wurden, verschiedene Normen zur Einführung kooperativer „Intelligenter Verkehrssysteme“ auszuarbeiten. Dieses Mandat wurde von CEN und ETSI formell angenommen, während CENELEC das Mandat nicht annahm und daher an der Ausarbeitung der einschlägigen Normung auch nicht beteiligt war.
Am 7. Juli 2010 wurde durch die Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern[16] eine auf Artikel 91 AEUV gestützte Rechtsgrundlage verabschiedet, um damit die Einführung „Intelligenter Verkehrssysteme“ in ganz Europa zu beschleunigen. Im Laufe des Jahres 2013 stellten ETSI und CEN/ISO die erste Version des Normungspakets fertig und erfüllten damit das ihnen aufgetragene Mandat. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen gaben sie am 12. Februar 2014 anlässlich der Eröffnung des 6. Workshops über „Intelligente Verkehrssysteme“ in Berlin bekannt.
In Summe hat die Kommission bis heute mehr als 180 Millionen Euro in etwa 40 Forschungsprogramme zu kooperativen Verkehrssystemen investiert, deren Ergebnisse bei der Ausarbeitung des (ersten) Normungspakets sehr hilfreich waren. Es handelte sich dabei um Projekte wie Coopers, CVIS und Safespot, die vom Projekt COMeSafety koordiniert wurden und deren Arbeiten durch großangelegte Pilotprojekte, wie Drive C2X und FOTSIS weiter validiert wurden.
Die verabschiedeten Normen sollen gewährleisten, dass Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller per Funk nicht nur mit der Straßeninfrastruktur, sondern auch miteinander kommunizieren und sich automatisch über Unfälle, Glatteis, Geisterfahrer etc. warnen können. Auch wenn heutige Navigationssysteme zum Teil schon ähnliche Aufgaben erfüllen, wie zB Staus melden, ist die Genauigkeit der Angaben aus vernetzten Systemen um ein Vielfaches höher.
Dass die Einführung und Nutzung von „Intelligenten Verkehrssystemen“ naturgemäß mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden ist, ist einsichtig, sodass auch die entsprechenden datenschutzrechtlichen Vorkehrungen getroffen werden müssen. Dementsprechend sind auch die beiden Richtlinien 95/46/EG[17] und 2002/58/EG[18] zu berücksichtigen, bei denen neben den rein datenschutzrechtlichen Regelungen aber auch die Bestimmungen über die Grundsätze der Zweckbindung und der Datenminimierung angewendet werden sollen.
Die Arbeiten an der zweiten Ausgabe des Normungspakets haben bereits begonnen. Dabei geht es um weitere Verbesserungen der bestehenden Normen und um die Bewältigung komplexer Anwendungsfälle, wobei Institute aus Europa eng mit solchen aus den USA und Japan zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Systeme in der Folge auch weltweit eingesetzt werden können.
Fazit
„Jedes Ding hat zwei Seiten“. Dieses alte Sprichwort bewahrheitet sich auf dem Gebiet der Informationstechnologie wie in keinem anderen Bereich. So segensreich der eCall-Notdienst und die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander durch Intelligente Verkehrssysteme auch sein mögen, so stellen sie aufgrund der dafür notwendigen Datenerhebung, Datenspeicherung und Datenvernetzung doch ein erhebliches Risiko für die Geheimhaltung personenbezogener Daten dar. Man stelle sich nur vor, dass es einem Geheimdienst gelingt, in diese Systeme einzudringen und ein Bewegungsprofil einer observierten Person zu erstellen, um in der Folge entweder eine gezielte Tötung („targeted killing“) derselben durch den direkten Abschuss einer Kampfdrohne oder zumindest ein bewusstes Absterben des Motors von deren Fahrzeug durch Drohnen zu veranlassen, um die dann amobil gewordene Person auf andere Weise zu liquidieren. Selbst die EU unterstützt die Forschung für die Entwicklung des Projekts „Aeroceptor“, einer Helikopterdrohne, die „unkooperative Fahrzeuge“ durch elektrische Impulse zum Lahmlegen der Motorelektronik stoppen soll. Bisher gab sie dafür 3,5 Millionen Euro an Fördergeldern aus.[19]
Die Liste unbefugter bzw sogar missbräuchlicher Verwendungen von aus „Intelligenten Verkehrssystemen“ gewonnenen Daten lässt sich beliebig fortsetzen und sollte eigentlich zu denken geben. Es ist daher bei der Einrichtung dieser Systeme besonderes Augenmerk auf die Datensicherheit zu legen.
[1] Erwägungsgrund Nr. 4 der Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern, Amtsblatt EU 2010, L 207, S. 1 ff.
[2] Europäische Kommission-Pressemitteilung: „Europa geht mit neuen Normen für vernetzte Autos an den Start“, IP/14/141, vom 12. Februar 2014, S. 2.
[3] KOM(2003) 542 endg. vom 15. September 2003, S. 2.
[4] Vgl. dazu auch das Weißbuch der Europäischen Kommission „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“, vom 12. September 2001, KOM(2001) 370 endg.
[5] KOM(2003) 542 endg. (Fn. 3).
[6] KOM(2005) 431 endg.
[7] KOM(2006) 59 endg.
[8] Vgl. Hecking, C. Automatisches Notrufsystem: EU-Parlament beschließt eCall-Pflicht, //www.spiegel.de/auto/aktuell/ecall-eu-parlament-beschliesst-pflicht-zu automati…
[9] Die paneuropäische Notrufnummer 112, unter der Jedermann überall in der EU aus dem Festnetz oder dem Mobilfunknetz die Notdienste zu Hilfe rufen kann, wurde bereits 1991 eingeführt.
[10] Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des EP und des Rates über Anforderungen für die Typgenehmigung zur Einführung des bordeigenen eCall-Systems in Fahrzeuge und zur Änderung von Richtlinie 2007/46/EG, KOM(2013) 316 vom 13. Juni 2013.
[11] Vgl. Hecking, C. Notrufsystem eCall: Verräterischer Lebensretter, //www.spiegel.de/auto/aktuell/ecall-eu-will-automatisches-notrufsystem-fuer-alle…
[12] P7_TA-PROV(2014)02-26 vom 26. Februar 2014.
[13] Vgl. Parlament unterstützt lebensrettendes eCall-System, EP-Pressemitteilung 20140224IPR36860, vom 26. Februar 2014.
[14] KOM(2008) 886 endg. vom 16. Dezember 2008.
[15] Europäische Kommission, DG ENTR/D4, M/453 EN, vom 6. Oktober 2009.
[16] Siehe Fußnote 1; die Richtlinie 2010/40/EU trat am 26. August 2010 in Kraft und war bis zum 27. Februar 2012 umzusetzen.
[17] Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, Amtsblatt EU 1995, L 281, S. 31 ff.
[18] Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, Amtsblatt EU 2002, L 201, S. 37 ff.
[19] EU-Drohnenprogramme werden ausgebaut, //fm4.orf.at/stories/1733290/, vom 12. Februar 2014.