Dienstag, 19. März 2024
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Die blauen Einflüsterer von Strache & Co.

Bild: © CC/pixnio (Ausschnitt)

Die folgende EUI-Doku liefert den Nachweis, in welchen Ministerien seltsame Burschenschafter blitzartig Karriere machen.

Mit den neuen Ministern und Ministerinnen ist fast gleichzeitig ein riesiger Schwarm an neuen, engen Mitarbeitern  und Mitarbeiterinnen in die Politik  eingezogen. Wie nach jedem Regierungswechsel sind in allen Ressorts zentrale Funktionen neu besetzt worden. Die bisherigen Crews der roten und schwarzen Ressortchefs mussten im Zuge eines brutalen Köpferollens weichen, mehr als 250 Posten wurden von den türkisen und blauen Machthabern bislang neu vergeben – der Einfachheit halber ohne Ausschreibung, sozusagen auf gut Glück.

Dass die rote Entourage nach dem Machtwechsel ausnahmslos gehen musste, überrascht letztlich eben so wenig wie das Faktum, dass die durchaus unerfahrenen FPÖ-Regierungsmitglieder eine wohl ebenso unroutinierte Truppe in Stellung brachten. Einigermaßen seltsam indes mutet es an, dass auch so viele schwarze Getreue von früher ausgetauscht wurden. So etwa übernahm VP-Ministerin Elisabeth Köstinger, die sich gleich mit  28 Leuten umgibt, kaum welche von ihrem Vorgänger Andrä Rupprechter übernommen hat.

Ihren Posten behalten haben und weiterhin in einem der sogenannten Ministerkabinette werken dürfen nur wenige Auserwählte, darunter mehrere Vertraute von Neo-Kanzler Sebastian Kurz. Thomas Schmid, der im Finanzministerium sowohl Hans-Jörg Schelling als auch Hartwig Löber sowohl als Generalsekretär als auch als Büroleiter – sprich: Kabinettschef – zur Seite stand bzw. steht,  durfte ebenso bleiben wie Jakob Calice, der vom Wirtschafts- ins neu geschaffene Bildungsministerium als wichtigste Stütze von Heinz Faßmann gewechselt ist, oder der einstige Bürochef im Landwirtschaftsministerium, Michael Esterl, nunmehr oberster Ratgeber der neuen Digitalisierungs- und Wirtschaftsstandort-Ministerin Margarete Schramböck.

Die meisten Einflüsterer und Helferlein in den ministeriellen Zentralen – also Büroleiter, Fachreferenten, Presseleute, Assistentinnen, Empfangspersonal oder Chauffeure – sind freilich Newcomer, die handverlesen ausgewählt wurden, weil es sich um heikle Vertrauenspositionen handelt. Und weil es dabei auch um die Durchsetzung von Macht geht: Die türkis/blaue Koalition hat sich nämlich entschieden, auch in jenen Ministerien, wo das das bislang noch nicht gab, unter dem jeweiligen Regierungsmitglied einen Generalsekretär zu installieren, der den Spitzenbeamten, also den Sektionschefs, vorgesetzt wird, damit der politische Wille nicht etwa an bürokratischem Widerstand scheitert.

Neue Schaltstellen der Macht

Eine derartige Funktion hat es schon bisher etwa im Außenministerium gegeben, wo Generalsekretär Michael Linhart unter Sebastian Kurz für Machtworte zuständig gewesen ist – was er auch unter blauer Färbung sein wird. Ein überraschender Aufsteiger, der die Gunst der Stunde nutzen konnte, heißt Peter Goldgruber und war bisher Chef der Strategieabteilung der Wiener Polizei. Innenminister Herbert Kickl, selber dem Vernehmen nach kein Korporierter, machte den einstmals rot gefärbten Polizeijuristen zu seinem Generalsekretär, was im bisher schwarz-geführten Ministerium nur für mäßige Begeisterung sorgte.

Einen anderen Generalsekretär, und zwar Herbert Kasser, hat es im bislang rot-dominierten Infrastruktur- und Verkehrsministerium freilich bereits erwischt: Nach fast elf Dienstjahren in dieser Funktion wurde Kasser, der unter Faymann, Bures, Stöger, Klug und Leichtfried stets als heimlicher Minister gegolten hatte, praktisch über Nacht vom blau eingefärbten Sektionschef Andreas Reichhardt abgelöst. Dieser Herr, der laut „profil“ als ehemaliger Wehrsportfreund von HC Strache für Aufsehen gesorgt hatte und bis heute der Burschenschaft „ Cimbria“ die Treue hält, wird vielerorts ähnlich skeptisch beäugt wie andere hochkarätige Personalentscheidungen der FPÖ: Es ist nämlich erwiesen, dass Burschenschafter in den Kabinetten ihrer Minister das Kommando übernommen haben.

In einem anderen freiheitlich geführten Ministerium bekleidet beispielsweise Roland Weinert, der bislang im Sozialministerium als Abteilungsleiter und Experte für Behindertenfragen gedient hat, im Dunstkreis von HC Strache, der Mitglied der schlagenden Burschenschaft „Vandalia“ ist, den Job des Generalsekretärs samt Büroleiters. So nebenbei Obmann der Innsbrucker Burschenschaft „Suevia“, war Weinert schon seinerzeit Sekretär der glücklosen blauen Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer. Warum sich ein ausgewiesener Sozialexperte nunmehr ausgerechnet um Bürokratie- und Sportangelegenheiten kümmern muss, ist freilich ein kleines Rätsel.

Neben den beiden genannten Neulingen ganz oben spielen Burschenschafter auch eine Etage darunter führende Rollen. Im Sozialministerium etwa spielt Volker Knestel, der  zu den „Nibelungen“ in Bregenz gehört und stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Pennälerrings ist, als Kabinettschef die erste Geige; und mit dem persönlichen Assistenten der Ministerin, Dominic Keuschnig von der Klagenfurter „Tauriska“ sitzt ein zweiter Korporierter im blauen Dunstkreis von Beate Hartinger-Klein. Zum Kabinettschef im Innenministerium hat es Reinhard Teufel von der Innsbrucker „Brixia“ gebracht, der bis dato Büroleiter von FPÖ-Obmann Strache war – nebenbei ist er auch blauer Gemeinderat in Gaming/NÖ., Bezirksobmann sowie freiheitlicher Bezirksspitzenkandidat bei der Landtagswahl.

Norbert Hofers Faible

Im nunmehr von Norbert Hofer geleiteten Infrastruktur-Ministerium wird die Top-Position des wichtigsten Ohrwurmes von René Schimanek bekleidet, der schon bisher Hofes Büroleiter gewesen ist und sich schon eine Ewigkeit lang nachsagen lassen muss, dass er in  den Achtzigern im Umfeld von Neonazis gewesen ist bzw. „Knüppeldemonstrant im Team des mehrfach verurteilten Neonazi-Führers Gottfried Küssel“ war, wie es „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk formuliert hat. Hofer zeigt für Schimaneks Standard-Rechtfertigung „Vergangenheit ist Vergangenheit“ schon immer allerhöchstes Verständnis und sieht in diesem alles andere als einen Rechtsradikalen: „Man soll jemandem aus so etwas keinen Strick drehen“, macht er seinem Adlatus, der im Wahlkreis Krems als blauer Bezirksspitzenkandidat antrat, die Mauer.

Norbert Hofer, selbst Ehrenmitglied der ebenso obskuren wie umstrittenen „Marko Germania“ in Pinkafeld, hat ein besonderes Faible für derartige Burschen: Herwig Götschober ist ein typisches Exemplar.  Als Obmann der Wiener akademischen Burschenschaft „Bruna Sudetia“, Mitglied der Mittelschüler-Verbindung „Franko-Cherusker“ und ranghoher Funktionär in deutschnationalen Burschenschaften hatte er stets herzlich wenig Berührungsängste mit rechtsextremen Kreisen; und dennoch ist er der für soziale Medien zuständige Pressereferent des Ministers geworden. Dieser findet rein gar nichts daran, dass Götschober bis 2016 sogar stellvertretender Sprecher der Deutschen Burschenschaft, des Dachverbands der Burschenschaften in Deutschland und Österreich, gewesen ist. Als FP-Bezirksrat in Wien-Leopoldstadt sitzt er schließlich auch noch als Schriftführer im Ballausschuss des berüchtigten Akademikerballs.

Götschober  werkt im Hofer-Kabinett Seite an Seite mit strammen Gleichgesinnten, deren Weltbild bisweilen – wir wollen hier nicht generalisieren – als „ewiggestrig“ charakterisiert werden darf: Sein Tiroler Kollege Arndt Praxmarer, verantwortlich u.a. für Bürgerservice, hat ein Nahverhältnis zur „Suevia Innsbruck“, dem für den Bereich Straße & Maut zuständigen Fachreferenten Roland Esterer wiederum werden  enge Kontakte zu „Saxonia Wien“ bzw.  „Frankonia-Brünn Salzburg“ nachgesagt. Lediglich der 39jährige Volker Höferl, Hofers Pressesprecher, der schon in der Ära Schwarz-Blau I als Minister-Sprachrohr eingesetzt war, soll es angeblich auch ohne burschenschaftlichen Background geschafft haben.

Das unterscheidet ihn von seinem Bruder Alexander Höferl, der es im Innenministerium zum neuen Kommunikationschef von Herbert Kickl gebracht hat. Die Bestellung des der Burschenschaft „Gothia“ entwachsenen FPÖ-Mannes hat hohe Wellen geschlagen, weil er bislang in einer Führungsposition für das laut Verfassungsschutz „extrem fremdenfeindlich und teilweise antisemitisch“ eingestufte rechte Webportal „unzensuriert.at“ gearbeitet hatte. Im direkten Vergleich zu Höferl wirkt der angeblich ebenfalls der „Gothia“ zuzuordnende Kabinettschef von Verteidigungsminister Mario Kunasek weitgehend unauffällig und harmlos: Michael Klug, 34, wurde als bislang freiheitlicher Klubdirektor im steirischen Landtag nach Wien geholt, wo er davon profitiert, dass sein Chef zwar schon in der rechtsextremen Postille „Aula“ publiziert hat, doch von schlagenden Burschenschaften noch nicht fasziniert sein dürfte. Daher darf sich auch der von ihm auserkorene Generalsekretär Wolfgang Baumann, zuletzt im Heeresnachrichtenamt tätig, den Luxus leisten, als Berufsoffizier die Karriereleiter empor zu steigen, ohne Burschenschafter zu sein.

Das Fazit: In mehreren Ministerien haben es etliche Mitarbeiter in den Dunstkreis der Macht aufzusteigen geschafft, die bislang gegen ein miserables Image anzukämpfen hatten und teilweise auf unterschiedliche Weise durchaus unangenehm aufgefallen sind. Seit die FPÖ in der Regierung sitzt und auf ihren Rabauken-Stil offenbar verzichten möchte, wird man nicht nur die blauen Minister, sondern auch deren aus Burschenschaften rekrutierte Mitarbeiter exakt im Auge behalten müssen. Und sofern sie sich irgendwelche weltanschaulichen Eskapaden leisten sollten, die eine rote Linie überschreiten, darf das nicht wie bisher gewohnt als kleiner Ausrutscher toleriert werden, sondern hat ausnahmslos Konsequenzen nach sich zu ziehen. Rechtslastige Fanatiker, die in der Vergangenheit leben, haben nämlich speziell in einem freiheitlich geführten Ministerium absolut nichts zu suchen…

Demnächst lesen Sie an dieser Stelle, mit welchen Leuten sich der Kanzler und seine türkisen Minister umgeben: ⇒ „Die türkise Entourage von Kurz & Co.“ von Peter Muzik, EU-Infothek, 01.02.2018

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