Sonntag, 28. April 2024
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„Europäische Justizielle Netze“ als transnationale Kooperationsformen im Justizbereich

  1. Einführung: „International“ versus „transnational“

In Europa besteht, vor allem auch außerhalb der Europäischen Union, ein großer Bedarf an gegenseitiger Abstimmung und Angleichung der in vielen Bereichen unterschiedlichen Positionen der einzelnen Staaten, um ein gemeinsames Vorgehen verwirklichen zu können. Dafür müssen aber zunächst die einzelnen Elemente der jeweiligen nationalstaatlichen Politikbereiche genau erhoben werden. Dazu bedient man sich immer häufiger der Einrichtung von „Netzen“, in denen die notwendigen Informationen ausgetauscht und gesammelt werden.

Um zB die europäischen Gerichte bei grenzüberschreitenden Verfahren besser unterstützen zu können, wurden im Justizbereich eine Reihe Europäischer Netze“, wie zB das „Justizielle Netzwerk der EU“, das „Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen“, das „Europäische Justizielle Netz in Strafsachen“ uam, eingerichtet, die aus nationalen Behörden und Gerichten bestehen, die sich untereinander informieren und gegenseitig abstimmen.

Interessanterweise wird dabei aber die Rechtsgrundlage dieser grenzüberschreitenden Kooperationen nicht immer korrekt dargestellt. Der Grund dafür ist der Umstand, dass für dieses Zusammenwirken nicht immer exakt zwischen „internationalen“ und „transnationalen“ Aktivitäten unterschieden wird.

Man geht dabei des Öfteren von der falschen Überlegung aus, dass solche Interaktionen „inter-nationaler“, und damit „zwischenstaatlicher“ („inter-nationes“), Natur seien und dementsprechend auch dem Völkerrecht unterstünden. Es war erst dem amerikanischen Völkerrechtler Philip Jessup vorbehalten, zu erkennen, dass es sich bei gewissen grenzüberschreitenden Kooperationen keinesfalls um völkerrechtliche Phänomene handeln würde, sondern um solche, die nicht „inter-national“, sondern bloß „trans-national“[1], ausgestaltet sind. Nicht alle grenzüberschreitenden Vorgänge haben nämlich „internationalen“ Charakter in dem Sinn, dass sie durch die außenvertretungsbefugten Organe kooperierender Staaten im hoheitlichen Bereich gesetzt werden, die damit eine eigene, nämlich völkerrechtliche, Rechtsordnung kreieren. Manche Kooperationen haben nämlich nur „transnationalen“ Charakter in dem Sinn, dass natürliche oder juristische Personen eines Staates mit ihren Kooperationen, aus ihrer eigenen Rechtsordnung heraus, in die Rechtsordnung eines anderen Staates einwirken, ohne mit diesem aber eine echte „zwischenstaatliche“, dh völkerrechtliche, Übereinkunft treffen zu wollen. Die „transnationalen Unternehmen“ (Multis, TNC) können dabei in den unterschiedlichsten Rechtsformen organisiert sein.[2] Auch die „International Non-Governmental Organizations“ (INGOs) werden des Öfteren „transnational“ tätig.[3]

An einem einfachen Beispiel soll dieser Unterschied zwischen „internationaler“ und „transnationaler“ Kooperation, wie folgt, erklärt werden: Schließen zwei oder mehrere Staaten durch ihre zuständigen Organe untereinander hoheitliche Verträge ab, dann schaffen sie „internationale“ Beziehungen im Rahmen des Völkerrechts (VR). Erteilt im Rahmen einer privatrechtlichen „Konzern“-Beziehung aber das „Mutter-Unternehmen“ eines Konzerns, das im Staat X lokalisiert ist, seinem Tochterunternehmen im Staat Y eine konzerninterne Weisung, dann handelt es sich um eine bloße „transnationale“ Beziehung, die im Grunde den Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR) unterliegt. Hier wirkt nämlich ein Privatrechtssubjekt – grenzüberschreitend – in die Rechtsordnung eines dritten Staates ein, ohne dass es dabei zu einer hoheitlichen, völkerrechtlichen, Übereinkunft der Mutterstaaten der grenzüberschreitend beteiligten Privatrechtssubjekte kommt. Es kann sich aber auch um die grenzüberschreitende Interaktion an sich hoheitlicher Organe handeln, die aber nicht im Rahmen ihrer Kompetenzen tätig sind, sondern sich zB nur zur gegenseitigen Abstimmung ihrer Politiken untereinander vernetzten möchten.[4] Ganz allgemein wird in diesem Zusammenhang festgestellt, dass der Umstand, dass die grenzüberschreitenden Strukturen „weder durch „inner-nationales“ Gesetz noch durch „inter-nationale“ Verträge oder gar durch „supra-nationale“ Organisationen determiniert werden – sondern durch die Hülle der Souveränität hindurch gesellschaftliche Akteure und öffentliche Verwaltungen vernetzen – einige Autoren dazu veranlasst hat, sie als „trans-national“ zu bezeichnen.[5]

Daraus lässt sich der völlig unterschiedliche Charakter „internationaler“ (völkerrechtlicher), und „transnationaler“ (privatrechtlicher), grenzüberschreitender Beziehungen ersehen, wobei die transnationale Komponente sehr vielfältig ausgestaltet sein kann.[6] Konkret soll dies anschließend am Beispiel der vorerwähnten juristischen Netzwerke, nämlich dem „Europäischen Justiziellen Netz in Strafsachen“, dem „Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen“ und dem „Justiziellen Netzwerk der EU“, näher dargestellt werden.

2. Das Europäische Justizielle Netz in Strafsachen

Als erstes „Netz“ wurde, auf Initiative des Königreichs Belgien, das „Europäische Justizielle Netz in Strafsachen“, durch die Gemeinsame Maßnahme des Rates vom 29. Juni 1998[7] eingerichtet, wobei die Gemeinsame Maßnahme 96/277/JI vom 22. April 1996 betreffend den Rahmen für den Austausch von Verbindungsrichtern/-staatsanwälten zur Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union[8] entsprechend mitberücksichtigt wurde. Das Netz verfügt über eine eigene Website: https://www.ejn-crimjust.europa.eu, von der alle wichtigen Informationen abgefragt werden können. 

Das „Europäische Justizielle Netz in Strafsachen“ setzt sich aus den für die internationale justizielle Zusammenarbeit zuständigen Zentralbehörden, den Justizbehörden oder anderen zuständigen Behörden zusammen, die im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit entweder allgemein oder für bestimmte Formen des schweren Verbrechens, wie organisierte Kriminalität, Bestechung, Drogenhandel oder Terrorismus, eigene Zuständigkeiten besitzen. Zur operativen Umsetzung des Informationsaustausches im „Justiziellen Netz“ richtet jeder Mitgliedstaat eine oder mehrere justizielle Kontaktstellen ein, deren Sitzungen grundsätzlich in Brüssel am Sitz des Rates und nach Maßgabe von dessen Geschäftsordnung abgehalten werden. Die Kontaktstellen sind aktive Vermittler, die die justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere bei der Verfolgung von Fällen schwerer Kriminalität, erleichtern sollen.[9] Die Verbindungsrichter/-staatsanwälte können dem „Justiziellen Netz“ angeschlossen werden.  

Nachdem das „Europäische Justizielle Netz“ erste Anfangserfolge gezeitigt hatte, wurde die justizielle Zusammenarbeit durch die zwei Erweiterungen der Europäischen Union in den Jahren 2004 und 2007 auf eine ernste Probe gestellt. Dazu kam der Umstand, dass der Rat durch Beschluss 2002/187/JI[10] die Stelle „EUROJUST“ zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität errichtet und deren enge Zusammenarbeit mit dem „Europäischen Justiziellen Netz“ angeordnet hatte. In den fünf Jahren des Nebeneinanderbestehens von EUROJUST und dem „Europäischen Justiziellen Netz in Strafsachen“ wurde deutlich, dass deren gegenseitige Beziehungen näher ausgestaltet werden müssen, um vor allem durch eine gesicherte Telekommunikationsverbindung unmittelbarer und effizienter miteinander kommunizieren zu können.      

Es kam daher am 16. Dezember 2008 durch den Beschluss 2008/976/JI des Rates[11] zur Aufhebung der Gemeinsamen Maßnahme 98/428/JI und zu einer grundlegenden Regelung der Beziehung zwischen dem „Europäischen Justiziellen Netz“ und EUROJUST. Gemäß Art. 10 dieses Beschlusses unterhalten das „Europäische Justizielle Netz“ und die Agentur der EU für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (EUROJUST), besonders enge Beziehungen zueinander, die sich auf Konzertierung und Komplementarität gründen. Auch ist das Sekretariat des „Europäischen Justiziellen Netzes“ bei EUROJUST in Den Haag lokalisiert. EUROJUST stellt darüber hinaus auch das Sekretariat des Netzes nationaler Sachverständiger in Fragen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppen (GEG-Netz) und des Netzes für die Ermittlung und Strafverfolgung bei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (Genozid-Netz).

Einer Reihe von Rahmenbeschlüssen des Rates kommt im Rahmen des „Europäischen Justiziellen Netzes in Strafsachen“ flankierende Bedeutung zu, wie zB dem Rahmenbeschluss 2002/584/JI vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten[12], dem Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen[13] sowie dem Rahmenbeschluss 2009/829/JI des Rates vom 23. Oktober 2009 über die Anwendung – zwischen den Mitgliedstaaten der EU – des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft[14], uam.[15]

Ganz allgemein sind die bisher von klassischer Kooperation geprägten Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten durch ein System des freien Verkehrs strafrechtlicher justizieller Entscheidungen  – und zwar sowohl in der Phase vor der Urteilsverkündung, als auch in der Phase danach – innerhalb des „Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ (Art. 67 bis 89 AEUV), zu ersetzen. 

Neben der Bereitstellung rechtlicher und praktischer Grundinformationen zur Organisation und zum Instrumentarium der Strafverfolgungsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten gem. Art. 3, 4 Abs. 2 der Gemeinsamen Maßnahme 96/277/JI des Rates, liegt der Hauptzweck desEuropäischen Justiziellen Netzes in Strafsachen“ somit in der praktischen, aktiven Unterstützung von Ermittlungsverfahren durch Beratung und Herstellung von Direktkontakten zwischen den beteiligten Staatsanwaltschaften, den Kontaktstellen oder zu EUROJUST. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2020 kam es diesbezüglich zur gegenseitigen Kontaktnahme in über 90.000 Fällen.[16]

3. Das „Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen

Das „Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen“ wurde durch die Entscheidung des Rates 2001/470/EG vom 28. Mai 2001[17] mit der Intention eingerichtet, eine Verbesserung, Vereinfachung und Beschleunigung der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Zivil- und Handelssachen zu erreichen. Da diese Ziele auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können, konnte die Union im Einklang mit dem in Art. 5 Abs. 3 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden und ein „Europäisches Justizielles Netz“ errichten, an dem sich alle Mitgliedstaaten – mit Ausnahme Dänemarks – beteiligen.   

Das Netz setzt sich zusammen aus:

  1. von den Mitgliedstaaten benannten Kontaktstellen,

b) den Zentralstellen, die in Unionsrechtsakten, internationalen Übereinkünften oder nationalen Rechtsvorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen vorgesehen sind,

c) den Verbindungsrichtern/staatsanwälten iSd vorerwähnten Gemeinsamen Maßnahme 96/277/JI vom 22. April 1996 betreffend den Rahmen für den Austausch von Verbindungsrichtern/-staatsanwälten zur Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union[18], die Zuständigkeiten  im Bereich der Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen  besitzen, und

d) gegebenenfalls anderen Justiz- oder Verwaltungsbehörden, die Zuständigkeiten im Bereich der Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen besitzen und deren Teilnahme am Netz dem betreffenden Mitgliedstaat sinnvoll erscheint.

Nach einer fünfjährigen Funktionsdauer des „Europäischen Justiziellen Netzes“ kam die Kommission in Ihrem Bericht vom 16. Mai 2006 zu dem Schluss, „dass das Netz die ihm 2001 gesetzten Ziele generell erreicht hat (…), aber noch weit von der Entfaltung seines gesamten Potentials entfernt ist“.[19]

Dementsprechend kam es in der Folge durch die Entscheidung Nr. 568/2009/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009[20] zu einer maßgeblichen Änderung der Entscheidung des Rates vom Mai 2001, wobei dem vom Europäischen Rat am 4./5. November 2004 angenommenen „Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union“[21] eine wichtige Rolle zukam. Während das Vereinigte Königreich und Irland mitteilten, dass sie sich an der Annahme und Anwendung der gegenständlichen Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates beteiligen möchten, lehnte Dänemark seine Beteiligung daran neuerlich ab.

Zuletzt nahm der Rat (Justiz und Inneres) am 8. Dezember 2016 Schlussfolgerungen zum Europäischen Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen an[22], im Rahmen derer noch enger mit der Kommission zusammengearbeitet werden soll, wobei die „Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung“[23] gebührend zu berücksichtigen ist. 

Dem Netz gehören aktuell über 500 Mitglieder an. Jeder Mitgliedstaat verfügt über mindestens eine Kontaktstelle, über die die jeweiligen Kontakte zwischen den nationalen Justizbehörden wahrgenommen werden. Die Zusammenarbeit dient zudem der Unterstützung von Personen, die an grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen beteiligt sind. Solche Fälle können Wirtschafts-, Verbraucher- oder Arbeitsangelegenheiten ebenso betreffen wie Scheidungsangelegenheiten, Sorgerechtsfälle oder auch Erbangelegenheiten.

Für Bürger und Rechtspraktiker wurde im Rahmen des „Europäischen Justiziellen Netzes“ eine eigene „Sammlung der EU-Rechtsvorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit  in Zivil- und Handelssachen“ (samt Beilagen zur jeweiligen Jahresausgabe) veranstaltet, die einen umfassenden Überblick (auch) über die aktuellsten einschlägigen Bestimmungen ermöglicht.     

4. Das Justizielle Netzwerk der EU

Das „Justizielle Netzwerk der EU“ (JNEU) wiederum wurde auf Initiative des Präsidenten des EU-Gerichtshofs und der Präsidenten der Verfassungsgerichte und obersten Gerichte der EU-Mitgliedstaaten anlässlich des Richterforums ins Leben gerufen, das der Gerichtshof am 27. März 2017 zur Feier des 60. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge veranstaltete. Zur besseren gegenseitigen Kenntnis der Rechtsordnungen und einzelnen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsvergleichung, wurde in der Folge dafür auf der CURIA-Website ein dem JNEU gewidmeter Bereich eingeführt.

Der JNEU-Bereich ist nicht öffentlich, sondern auf die teilnehmenden Gerichte beschränkt, und ermöglicht diesen einen direkten Zugang zu Vorabentscheidungsverfahren sowie einen Abruf der ab dem 1. Juli 2018 eingereichten Vorabentscheidungsersuchen der nationalen (Höchst)Gerichte. Des Weiteren können auch Entscheidungen nationaler Gerichte abgerufen werden, die von den Verfassungsgerichten und obersten Gerichten der Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Relevanz für das Unionsrecht ausgewählt wurden.[24] Zuletzt enthält das JNEU aber auch wissenschaftliche Vorarbeiten und Dokumentationen zu einschlägigen Quellen und Rechtsfragen.

5. Fazit

Netzwerke, die in ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen – von lockeren Kontakten bis hin zu formalisierten Kooperationsstrukturen – organisiert sein können, spielen als Instrumente transnationaler Interaktion eine immer stärkere Rolle.[25] Dieser Umstand manifestiert sich besonders im Justizbereich, in dem die bisherigen Techniken grenzüberschreitender Kooperation, aufgrund der zunehmenden Komplexität der einschlägigen Sachverhalte und Tatbestände, dynamisiert werden mussten. Dies zeigt sich exemplarisch in der Ausbildung „Europäischer Netze“ im Justizbereich, wie zB des „Justiziellen Netzwerks der EU“, des „Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen“ sowie des „Europäischen Justiziellen Netzes in Strafsachen“. Auf diesen Gebieten hat sich die Ausbildung einschlägiger Netzwerke als unverzichtbare Voraussetzung vor allem für das ordnungsgemäße Funktionieren der justizförmigen Zusammenarbeit im „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ (Art. 67 bis 89 AEUV) der Europäischen Union erwiesen.

In diesem Zusammenhang wurde eine Reihe von Rechtsinstrumenten entwickelt[26], die für ordnungsgemäße juristische Rahmenbedingungen für die Justizielle Zusammenarbeit in- und außerhalb der EU sorgen sollen. Die besondere Komplexität der Umsetzung dieser Vorgaben im Rahmen der Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen spiegelt sich in den weit auseinander liegenden Zeitpunkten der dafür notwendigen nationalen Gesetzgebung wider. Während zB Österreich die Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen bereits 2004 durch das BG über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG)[27] geregelt hat, folgte die Bundesrepublik erst 15 Jahre später mit ihrem Gesetz über Eurojust und das Europäische Justizielle Netz in Strafsachen (Eurojust-Gesetz-EJG) vom 9. Dezember 2019[28] nach.                               


[1] Jessup, Ph. Transnational Law (1956); vgl. dazu die Besprechung durch Stein, E. Jessup: Transnational Law, Michigan Law Review Vol. 56, Issue 6 (1958), S. 1039 ff.

[2] Vgl. Hummer, W. Politisch bedeutsame transnationale Akteure an oder unter der Schwelle der Völkerrechtssubjektivität, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg.), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. 1: Textteil (1991), S. 205 ff.

[3] Hummer, W. Internationale nichtstaatliche Organisationen im Zeitalter der Globalisierung – Abgrenzung, Handlungsbefugnisse, Rechtsnatur, in: Völkerrecht und Internationales Privatrecht in einem sich globalisierenden internationalen System – Auswirkungen der Entstaatlichung transnationaler Rechtsbeziehungen, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Bd. 39 (2000), S. 45 ff.

[4] Vgl. Oeter, S. Vom Völkerrecht zum transnationalen Recht – „transnational administrative networks“ und die Bildung hybrider Akteursstrukturen, in: Calliess, G.-P. (Hrsg.), Transnationales Recht (2014), S. 387 ff.

[5] Winter, G. Transnationale informelle Regulierung: Gestalt, Effekte und Rechtstaatlichkeit, in: Calliess, Transnationales Recht (Fn. 4), S. 97.

[6] Vgl. dazu allgemein Calliess, Transnationales Recht (Fn. 4).

[7] ABl. 1998, L 191, S. 4 ff.

[8] ABl. 1996, L 105, S. 1 ff.

[9] Gemeinsame Maßnahme (Fn. 7), Art. 4. 

[10] ABl. 2002, L 63, S. 1 ff.; aufgehoben durch Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 (ABl. 2018, L 295, S. 138 ff.).

[11] ABl. 2008, L 348, S. 130 ff.

[12] ABl. 2002, L 190, S. 1 ff.

[13] ABl. 2008, L 337, S. 102 ff.

[14] ABl. 2009, L 294, S. 20 ff.

[15] EJN Secretariat, European Judicial Network (EJN) – Connecting Justice, S. 2 f.

[16] EJN Secretariat, European Judicial Network (EJN) (Fn. 15), S. 1.

[17] ABl. 2001, L 174, S. 25 ff.

[18] Siehe Fn. 8.

[19] SEC(2006)579, S. 10.

[20] ABl. 2009, L 168, S. 35 ff.

[21] ABl. 2005, C 53, S. 1 ff.

[22] 15349/16.

[23] ABl. 2016, L 123, S. 1 ff.

[24] Siehe dazu die „Nützlichen Informationen“ (https://curia.europa.eu/jcms/jcms/pl_2170125/de/)

[25] Vgl. Unfried, B. – Mittag, J. – van der Linden, M. (Hrsg.), Transnationale Netzwerke im 20. Jahrhundert (2008).

[26] https://www.ejn-crimjust.europa.eu/ejn2021/ContentDetail/EN/2/90

[27] BGBl. I Nr. 36/2004 idF BGBl. I Nr. 94/2021.

[28] dBGBl. I, S. 2010.

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