Dienstag, 19. März 2024
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Die schlimme Wahrheit über „Sea-Watch“

Bild © Matthew Henry via Unsplash (Ausschnitt) / CC0 Creative Commons

 

Seenotretterin mit beschränkter Haftung

Die Kapitänin der „Seawatch 3“ wird landauf, landab gefeiert. Ihre Aktion hat aber zwei Seiten.

Die Geschichte beginnt am 12. Juni. Damals hatte die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch insgesamt 53 Migranten vor Libyen gerettet. Flüchtlinge, die teures Geld an Schlepper zahlten, um mit Hilfe eines untauglichen Schlauchbootes nach Europa übersetzen zu können. Aus gesundheitlichen und humanitären Gründen durften schon 13 Migranten frühzeitig von Bord gehen. Daraufhin steuerte Carola Rackete ihr Schiff mit 40 Migranten an Bord unerlaubt in italienische Hoheitsgewässer. Sie hätte auch einen anderen Hafen anzusteuern können, kaprizierte sich aber mit der Begründung einer prekären Lage an Bord auf den Hafen der sizilianischen Insel Lampedusa. Offensichtlich ging es ihr darum, ein Exempel zu statuieren. Das Schiff bekam keine Landeerlaubnis. Trotzdem ließ sie sich nicht beirren, touchierte am Weg zum Hafen ein Schiff der Finanzpolizei und legte an. Die italienische Staatsanwaltschaft wirft Rackete nun Widerstand gegen ein Militärschiff und Vollstreckungsbeamte sowie Beihilfe zur illegalen Migration vor.

Ein hinkender Vergleich

Soweit die Faktenlage. Die Berichterstattung der Medien löste eine europaweite Solidarisierungsaktion mit der mutigen Kapitänin an. Umso mehr als sie dem außerhalb Italiens nicht gerade beliebten Innenministers Matteo Salvini die Stirn geboten hatte. Sogar Bundespräsident Alexander van der Bellen nützte beim Treffen mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella die Gelegenheit, um seiner Verwunderung über die Verhaftung von Rackete durch die italienischen Behörden Ausdruck zu verleihen: „Wenn ich in Österreich an einem Binnensee ein Boot in Not sehe und nicht zu Hilfe eile, dann werde ich bestraft wegen unterlassener Hilfeleistung – aber ich werde nicht dafür bestraft, wenn ich diese Hilfe leiste.“

Verstoß gegen die italienische Staatsautorität

Einmal mehr war es die angesehene „Neue Zürcher Zeitung“, die die ganze Aktion in das rechte Licht rückte. Die NZZ konstatierte sehr nüchtern: „Es ist erstaunlich, wie leichtfertig deutsche Prominente, Politiker und selbst der Bundespräsident übersehen, dass auch Italien ein Rechtsstaat ist, der legitimerweise seine Migrationspolitik selbst definiert, seine Grenze schützt und seine Gesetze durchzusetzen versucht. Rackete ist mit ihrem Boot ohne Erlaubnis in italienische Hoheitsgewässer und anschließend gar entgegen einem expliziten Verbot in einen italienischen Hafen eingedrungen. Dabei hat sie ein italienisches Patrouillenboot gerammt und dessen Besatzung gefährdet. Das ist ein Rechtsverstoß und eine Missachtung, ja geradezu die Verhöhnung der italienischen Staatsautorität“.

Das Treiben der Schlepperorganisationen

Das Elend der Migranten die fast täglich das Risiko einer Überquerung des Mittelmeeres eingehen, um das Schlaraffenland Europa zu erreichen, ist nicht der italienischen Regierung anzulasten. Bereits seit 2014 suchen hunderttausende Flüchtlinge aus Afrika nach Italien überzusetzen. Seitdem die Route von der Türkei über die Ägäis nach Griechenland mehr oder weniger geschlossen ist, versuchen die Schlepperorganisationen – und sie sind die allein Schuldtragenden, gegen die kaum etwas unternommen wird – den Umweg über Libyen und Italien zu nehmen. Mit dieser Belastung wurde Italien vom Rest Europas allein gelassen – bis Rom die Reißleine zog und 2017 einen Deal mit der libyschen Übergangsregierung und einer Reihe von lokalen Führern einfädelte, der unter anderem die Etablierung einer eigenen Küstenwache vor Libyens Küste zur Folge hatte.

Dramatische Statistiken

Mit dem Effekt, dass seit dem Sommer 2017 die Zahl der Migranten, die von Libyen nach Italien übersetzten, dramatisch eingebrochen ist. 2016 wurde laut Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks ein Höhepunkt von 181.000 Menschen gezählt, die übers Meer in Italien ankamen. Zwei Jahre später waren es noch 23.370, im heurigen Jahr schafften es bisher nur 2.447. Noch immer zu viele Menschen büßen aber die Sehnsucht nach einem geordneten Leben mit ihrem Leben. Heuer waren dies 341 Menschen. Vor drei Jahren zählte man sogar noch 4578 Tote, die im Mittlermeer ertranken. Die ganze Geschichte dieses Fluchtweges ist voll von Dramatik und zeigt das Versagen der Politik, die es nicht schaffte, vom Außengrenzschutz angefangen rechtzeitig eine Lösung dieses Problems zu finden.

Migrationspolitik braucht Regeln

Dazu kommt, dass sich viele wohlmeinende Retter als Partner der Schlepper missbrauchen lassen. Die NZZ kommt zu einem klaren Schluss, den sich auch viele europäische Politiker hinter die Ohren schreiben sollten: „Frau Rackete scheint sich nicht so viele Gedanken zu machen über die systemischen Gesetzmäßigkeiten des Schlepperwesens und über Risikokalkül und Anreize beim Migrationsentscheid. Sie scheint nur ihrem Reflex zu folgen, unmittelbar Menschen in Not zu helfen. Das ist ehrenhaft und nicht zu tadeln. Doch für die übergeordneten Regeln und Ziele der Migrationspolitik ist die Politik zuständig – und zwar in diesem Fall die italienische Politik, die vom italienischen Volk demokratisch dazu legitimiert wurde. Das hat auch eine deutsche Kapitänin zu respektieren“.

15 Kommentare

  1. Danke, ein großartiger Artikel!
    Inzwischen sind fast nur mehr die Schweizer Zeitungen „Leuchttürme“ der Objektivität! Leider ist die Krone seit dem illegal aufgenommenen Video nach links gerückt; seit gestern ist sogar der nicht mehr linientreue Chefredakteur ersetzt worden.

  2. Was für ein dummer Vergleich des österreichischen Bundespräsidenten. Die NZZ hat völlig recht und die deutsche Presse und auch der Bundespräsident Steinmeier sollten vermeiden, so einseitig Stellung zu beziehen. Scheinheilig ist das. Italien muss standhaft bleiben, sonst haben die unsäglichen Mittelmeerfahrten nie ein Ende. Ich frage mich auch, warum es mit den heutigen Möglichkeiten der Nachrichtendienste nicht möglich ist, den Schleppern das Handwerk zu legen.

  3. Sorry, aber es ist eine Schande, dass Blätter wie dieses auch unter den Schutz der Pressefreiheit fallen – widerlich und abstoßend ist diese Art der Berichterstattung…

    Und zu den Fakten: es muss ein halbwegs sicherer Ort sein, an den Gerettete verbracht werden und das italienische Polizeibott hätte ausweichen oder wegbleiben können und war und war bei der Versperrung des Weges im Unrecht und das Recht muss dem Unrecht t nicht weichen…

    Punkt.

  4. Das italienische Boot hat rechtswidrig versucht eine legitime und auch legale Anlandung zu verhindern. Im Prinzip haben wir hier in etwa die Situation als würde ein Polizeifahrzeug versuchen einen Rettungseinsatz zu sabotieren indem es verhindert das der Rettungswaagen im Halteverbot parkt.

    Genauso hat es heute auch das italienische Gericht gesehen.

    • wenn der Fahrer des Rettungsauto aber psychisch labil ist, schon mehrfach Gesetze überteten hat und es für den Patienten MEHRERE und bessere Alternativen gibt, dann ist auich der Polizeieinsatz GERECHTFERTIGT.

    • Diese Metapher hinkt aber extrem. Gesetze können nicht einfach übertreten werden. Auch nicht vor dem Hintergrund einer sog. Seenotrettung! Ansonsten könnte es doch jeder tun, mit der Begründung einer angeblichen Notsituation. Dann hätten wir sehr rasch Anarchie! Im Übrigen wäre da auch noch Tunesien, welches von der Sea-Watch 3 angelaufen hätte werden können. Uebrigens; Tunesien gilt als sicheres Land! Ist allerdings eben nicht Europa!!!

    • FALSCH !
      Laut geltendem Seerecht sind Seenot-Gerettete in den nächstliegenden Hafen zu bringen und nicht in den Hafen ihrer Wahl, oder dem Hafen der diesen „NGOs der Asylindustrie“ am besten passt. Noch dazu sind diese Eingesammelten auch nicht gerettet worden sondern es deutet Vieles darauf hin, dass es Absprechen zwischen Schleppern und NGOs gibt.
      Mit etwas Arbeit kann man in Programmen wie:
      https://schiffsradar.net/schiffstracking/
      auch die Wege der NGOs nachvollziehen und diese sind nicht wirklich logisch, was einer Rettung entsprechen würde. Hierfür geht es sogar in libysche Hoheitsgewässer !
      Wenn irgendjemand diese Vorgänge genauer untersuchen würde und damit die Sachlage nachweisst, wären die „Rettungen“ definitiv Straftaten

  5. Nachdem Rackete nun wieder frei ist, sollte man ihr die Wilhelm-von-Teggethoff-Medaille in Gold verleihen.
    Mit ihrem Anlegemanöver in Lampedusa hat sie sich um das Andenken an den Sieger von Lissa Verdienste erworben.

  6. wie die Redaktion sicher weiß, wird derzeit von den italienischen Behörden ermittelt ob es sich bei der augenscheinlichen Rettung Schiffbrüchiger nicht um eine getroffene Absprache mit den Migranten (Schleppern) handelt. Die Daten der Fahrtroute mit Zeitverlauf der Seawatch3 deuten allesamt daraufhin dass es sich um einen gezielt geplanten Einsatz gehandelt hat. Ich bin ein liberal denkender Staatsbürger, aber wenn ich mutwillig und vorsätzlich gegen Gesetzte verstoße darf ich mich nicht wundern wenn ich bestraft werde. Ich an Salvinis Stelle hätte die Rackete ein paar Monate ins Gefängis gesteckt. Auch als Abschreckung für Nachahmungstäter und all jene welche sich noch auf die „Reise“ begen möchten…..

  7. Dass es 3 !! Länder gab, die Rackete anlaufen hätte können, die auch die Aufnahme der Geflüchteten garantierten, geht völlig unter. Zudem wäre jeder der besagten Häfen um ein vielfaches näher gewesen. Aber nein, erst „parkt“ man seinen Kutter 14 Tage vor Anker im Mittelmeer.. da ja dringend Hilfe benötigt wurde ? Hat es so lange gebraucht bis die verseuchten Medien in Stellung gebracht wurden ? Alles in allem eine Frechheit, über die sich wieder einmal keine subventionierten Leitmedien EHRLICH äussern dürfen.

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