Freitag, 19. April 2024
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Der vergebliche Run nach dem grünen Diamanten

EU-Parlament in Brüssel / Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)

Vorsicht Falle. Zu glauben, weil die Grünen erfolgreich waren, auf grüne Politik umzusatteln, ist ein Irrweg.

Unter den Politikwissenschaftlern herrscht Staunen, wie schnell manche Parteien nach den EU-Wahlen nun Konsequenzen ziehen, ja Kurskorrekturen vornehmen wollen. Ohne eine eigene Gewissenserforschung zu betreiben oder die vorliegenden Wahlanalysen eingehend zu studieren, wird wie aus der Hüfte geschossen, reagiert. Auslöser sind interessanterweise vor allem die Wahlerfolge der Grünen. In Deutschland haben sie die SPD überholt und liegen nun nur noch knapp hinter der CDU. In Österreich haben sie nach der verheerenden Niederlage bei den Nationalratswahlen 2017 fast schon wieder ihr altes Niveau erreicht.

Vergebliche Rückholaktionen

Nachdem die SPÖ vor allem Wähler an die Grünen zu verlieren beginnt, will man dort eine Art Rückholaktion starten. Die glücklose Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner versucht ihren angezählten Kopf damit retten, dass sie der Partei einen Links-Schwenk verordnen und mehr Grün-Orientierung verordnen will. Übrigens etwas, das auch schon ihr Vorgänger Christian Kern angedacht, dann die Flucht ergriffen und Rendi-Wagner der geschockten Partei als Erbschaft hinterlassen hat. Neue Konfusion schuf nun der Wahlerfolg der dänischen Sozialdemokraten. Sie haben nämlich genau mit dem politischen Rezept einen Erfolg erzielt, was Teile der SPÖ auch hierzulande immer wieder fordern. Nämlich eine harte Migrationspolitik anstelle der Willkommens-Träumereien.

Besinnung auf die Stammwähler

Eigenartigerweise denkt nun auch der designierte Parteichef der FPÖ, Norbert Hofer, über eine Neuausrichtung der Partei nach. Auch ihm haben es die Grünen angetan. Dabei wird nur vergessen, dass bei den freiheitlichen Wählern kaum eine Grün-Affinität erkennbar ist. Das zeigt sich schon allein an der Wählerstruktur, die vom klassischen Kleinbürgertum bis zu den von der SPÖ enttäuschten Arbeitern reicht. Die FPÖ punktet im Grunde genommen, so der Tenor in den Wahlanalysen, mit einer volksnahen Sprache und damit, dass sie für eine Art Heimatgefühl, für mehr nationale Eigenverantwortung und weniger EU-Fremdbestimmung steht.  Ihr Stimmenverlust bei der EU-Wahl war primär nicht eine Folge, dass sich die Wähler davon nicht mehr angesprochen fühlen, sondern eine Revanche für das Bild, das die Parteiführung beim Ibiza-Video abgegeben hat. Dort gilt es anzusetzen und das Bild der Partei wieder zurecht zu rücken.

Erinnerung an die späten 70er Jahre

Das Imitieren der Grün-Politik erinnert an die späten 1970er Jahre, als die Grün-Bewegung infolge der Anti-Atomkraftbewegung entstand. Damals waren die Traditionsparteien noch ganz auf Technik-Gläubigkeit eingestellt. Letztlich begann aber diesbezüglich ein weitgehendes Umdenken. Keine Partei, die etwas auf sich hielt, konnte es sich leisten, auf Umweltpolitik in ihren Programmen zu verzichten. Das wird auch jetzt die Diskussion über den Klimaschutz zur Folge haben. Es wird ein Allerwelts-Thema werden. Und wer ein total überzeugter Grüner ist, wird deswegen nicht zu einer Partei wechseln, die sich schnell das grüne Mäntelchen umhängt, sondern dem grünen Stammbaum sein Vertrauen schenken. Einmal mehr gilt da der Spruch: „Man geht zum Schmied und nicht zum Schmidl“

Vertrauen auf die eigene Stärke

Keine Frage, jede Wahl muss auch Anlass sein, sich nicht nur auf Erfolgen auszuruhen oder Misserfolge bis zur Selbstaufgabe zu diskutieren. Damit, dass man glaubt, bloß erfolgreiche Modelle kopieren zu können, ist es nicht getan. Weder in der Wirtschaft noch in der Politik. Ein klassisches Beispiel ist der höchst erfolgreiche Energy-Drink „Red Bull“. Alle Versuche ein Konkurrenzprodukt auf den Markt zu werfen, sind gescheitert, haben den Marktwert des Originals nur gestärkt. Die Politik-Strategen in den Parteien sollten sich vielmehr einen alten Spruch zu Herzen nehmen: „Stehen bleiben: es wäre der Tod. Nachahmen: es ist schon eine Art von Knechtschaft. Eigene Entwicklung: das ist Leben und Zukunft“. Jede Partei ist daher gut beraten, am eigenen Fundament zu arbeiten und nicht fremdzugehen. Das zeigt die Erfahrung und die Geschichte.

Ein Kommentar vorhanden

  1. Genial, danke für Ihre Arbeit
    Ich durfte sie als Quelle benutzen danke harte-facts.com

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