Dienstag, 19. März 2024
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Corona-App: Die Spur des Geldes

Bild © CC0 Creative Commons, Pixabay (Ausschnitt)
Kommentar von Prof. Gert Schmidt

Die Entstehungsgeschichte der Stopp Corona-App, welche das Österreichische Rote Kreuz auf freiwilliger Basis anbietet, ist hinlänglich bekannt: Die Uniqa Versicherung bzw. deren Stiftung stellte nach eigenen Angaben 2 Millionen Euro selbstlos für die Entwicklung der Corona-App zur Verfügung.

Aufgrund einer persönlichen Freundschaft zwischen dem Uniqa Chef und dem Chef des Roten Kreuzes wurde das Rote Kreuz gebeten, die App kostenlos den Österreichern anzubieten.

Der Zweck dieser karitativen Hilfskette: Die Österreicher sollen sich vor dem Coronavirus bestmöglich schützen.

Als Vorbild für die elektronische Erfassung von möglichen mit Corona infizierten Patienten wird Singapur immer wieder als Beispiel für die Benutzung genannt. Seit eigenen Tagen wird Singapur von einer zweiten Infektionswelle des Coronavirus heimgesucht, trotz elektronischer App.

Die Amerikaner kennen einen weisen Spruch: There is no such thing as a free lunch – Es gibt kein Gratis-Mittagsessen.

In diesem kurzen Satz stecken sehr viel Weisheit und Erfahrung.

Geschäftsangebote in Zusammenhang mit kostenlos und gratis sind für die jeweils ausgewählten Ansprechpartner stets nachhaltig, und im Endeffekt, sehr teuer.

Am Beispiel Google: Die ganze Welt kann sich ein Leben ohne Google gar nicht mehr vorstellen. Die Nutzung von Google ist – vordergründig – gratis. In Wahrheit zahlen die Nutzer einen sehr hohen, persönlichen und intimen Preis: Durch ihr Suchverhalten auf Google geben sie alle persönlichen Vorlieben und Interessen für ewige Zeiten einem anonymen Apparat, sprich amerikanischen Server, preis. Dieser Server vergisst nie. Die Verbreitung der gewonnenen Daten ist defacto endlos, was die gesamte Verbreitung an Interessenten betrifft als auch deren zeitlichen Abläufe.

Daten sind das Gold unseres Zeitalters

Gewiss, jetzt in der aktuellen Corona-Krise greifen die Politik, die Wirtschaft, vor allem aber die schwer getroffene Bevölkerung nach jedem Strohhalm, welcher Hilfe verspricht.

EU-Infothek will auch nicht generell jeder Idee zur Hilfe eine rein wirtschaftliche Komponente unterstellen.

Erfahrene Beobachter des politischen und wirtschaftlichen Lebens wissen jedoch, dass niemand in dieser Welt wirklich selbstlos „stiftet“, spendet oder technische Entwicklungen unterstützt. Die aus den USA immer wieder gemeldeten grandiosen und großzügigen Spenden an Stiftungen haben in Wirklichkeit rein steuerliche Hintergründe. Oftmals können Milliardäre ihr Geld in diesen Stiftungen ziemlich sicher und steuerfreu parken und über ein ausgefeiltes, juristisches Konstrukt weiterhin risikolos ihr Vermögen steuern und beliebig einsetzen.

Die Corona-App wird tatsächlich – derzeit, solange die Corona-Krise anhält – den karitativen Mantel zurecht behalten, sieht man von allen datenschutzrechtlichen Bedenken und von allen Bedenken über die Preisgabe persönlicher Geheimnisse und persönlicher Informationen ab. Solange die App freiwillig ist, entschiedet der Nutzer selbst an der Teilnahme – in Österreich sind es laut Medienberichten bereits mehr als 400.000 Personen, die diese App auf ihr Handy geladen haben. Ob diesen Personen wirklich bewusst und bekannt ist, was die App alles kann, steht auf einem anderen Blatt. Oftmals ist das Verschweigen von Wissen über die tatsächliche Wirkung und die tatsächlichen Möglichkeiten einer App ein angenehmer, gewünschter Nebeneffekt. Es stellt sich tatsächlich die Frage, wie viele Apps heruntergeladen worden wären, wenn jedem Nutzer, wie z.B. bei einem Bankkredit üblich, ein ausführlichen Beratungsgespräch über alle Auswirkungen und Risiken der App angeboten worden wäre.

Die Hersteller und Verbreiter der App beteuern, sich an alle Datenschutzrichtlinien zu halten und „nur“ für die Bekämpfung des Coronavirus notwenige Daten zu verwerten.

IT-Spezialisten wissen: Nur die Programmierer selbst und die Eigentümer des Source Codes wissen wirklich und vollständig, was eine App alles kann. Die in der App enthaltenen, zahlreichen Vernetzungen, möglicherweise auch mit amerikanischen oder asiatischen Unternehmen, sind nur den wirklich Eingeweihten bekannt.

Die Spur des Geldes

Die wesentliche Frage stellt sich jedoch, wenn die Spur des Geldes hinterfragt wird. Jede App, welche vom Nutzer kostenlos heruntergeladen werden kann, dient in Wahrheit einem geschäftlichen Zweck oder dient einer Aufgabe, die geschäftsähnlich wirkt. Die Betreuung und Wartung einer App, das Up-daten, die permanente technische Erneuerung, die fast ununterbrochen notwendige Servicierung in Bezug auf Daten-Lecks, in welche Hacker eindringen, ist fast unendlich. All diese Themen sind App-Entwicklern und der IT-Branche bestens bekannt. Zahlreiche Firmen leben weltweit davon, die Sicherheitslücken von Apps aufzudecken oder zu reparieren.

Alle diese Tätigkeiten kosten Geld, sie kosten sogar sehr viel Geld und laufende Investitionen.

Die Anschubfinanzierung von 2 Millionen Euro für die Entwicklung der App mag viel oder wenig oder genügend hoch sein, die laufenden Kosten für die Betrieb der App sind allemal nachhaltig und gigantisch hoch.

Neben dem Roten Kreuz bieten bereits auch andere österreichische Firmen angeblich derzeit nur für Corona einzusetzende Apps an.

Ein Unternehmen wies sehr lieb darauf hin, dass alle Einnahmen aus der App einem Verein zufließen, welcher nicht auf Gewinn orientiert ist. Das ist aber nett! Woher kommen plötzlich Einnahmen, wo die App doch gratis ist?

EU-Infothek bringt es auf den Punkt: Das Herunterladen der App ist gratis, die Nutzung aber ganz bestimmt nicht wirklich. Der Nutzer gibt Daten von sich preis, welche für die Betreiber der App mittel- und langfristig zur sprudelnden Geldquelle werden.

Nehmen wir nur das Beispiel Marktforschung und politische Umfragen.

Die App macht es möglich, dass bereits jetzt 400.000 Österreicher nach Zielgruppen sondiert werden können. Nimmt man als Beispiel politische Umfragen mit einem Sample von üblichen 1.000 bis 2.000 Befragten (und das ist schon eine große Umfrage), so kann der Wert von 400.000 Österreichern gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

EU-Infothek unterstellt den Betreibern der Corona App keinesfalls, dass diese Nutzungsmöglichkeiten JETZT auch tatsächlich umgesetzt bzw. genutzt werden. Die Frage „Was geschieht mit der App nach der Corona Krise?“ muss hier gestellt werden.

Wer als halbwegs kritischer Beobachter der politischen und technischen Entwicklung nicht sofort alle Warnlichter einschaltet, dem ist nicht mehr zu helfen. Niemand darf ernsthaft annehmen, dass die App tatsächlich in der Gruft des Vergessens und der Nichtanwendung verschwindet. Alle App-Nutzer sind namentlich mit den wertvollen Daten der Mobiltelefonnummer und anderen Informationen erfasst und für ewigen Zeiten registriert. Es ist völlig gleichgültig, ob die App vom Markt verschwindet, die Nutzer die App löschen, die Daten und Zugriffe sind das Kapital und können in beliebiger anderer Form von den Inhabern der Daten wieder ins Leben gerufen und genutzt werden.

Möglicherweise gibt es in einem Jahr, nach Ende der Corona Krise, ein offizielles Ende der Stopp Corona-App, möglicherweise taucht dann ein Unternehmen in der Karibik auf, welches Umfragedaten für Wahlen, für Marketing oder auch für Spionageaktivitäten liefert. Die App kann schon jetzt – das wird von den Erzeugern klugerweise gar nicht mehr verschwiegen – das Mikrofon, WLAN etc. automatisch einschalten. Theoretisch kann jeder Nutzer der App ohne sein Wissen abgehört werden, es ist anzunehmen, dass auch die Kamera selbsttätig eingeschalten werden kann. Jeder der meint, dass ein abgeschaltetes Handy es einer App, allgemein gesprochen, nicht erlaubt, seine Funktionen zu nutzen, irrt gewaltig.

Mit den Daten von bis jetzt 400.000 Österreichern könnte also in naher Zukunft sehr viel Geld verdient werden, zumal die Auswertungen von Umfragen und anderen Marketingaktionen für Wissensdurstige viel Bares wert sind. Mit dieser großen Anzahl von Nutzern könnten alle Ergebnisse bis zur zweiten Stelle des Kommas vorausgesagt werden, die Arzneimittelbranche, die Versicherungen können mit dieser App und deren Daten ungeahnte Recherchen mit blitzschnellen Ergebnissen durchführen.

Die Corona-App mag also derzeit für diejenigen, die damit zu tun haben, ein ehrliches Anliegen sein. Dieser gute Glaube schließt nicht den Kreis jener Geschäftemacher aus, die weit über den Tellerrand hinausblicken und erklären müssen, weshalb mit einer derartigen Vehemenz eine Gratis-App entwickelt und angeboten wird.

Österreich, das Land der karitativen Helfer?

An einer verpflichtenden Übernahme der App – so sieht es zumindest derzeit aus – sind wir knapp vorbeigeschrammt. Dieses Glück hat Österreich am ehesten der schrägen Optik zu verdanken welche bei einer durch die Politik bestimmten Verpflichtung mit der Übernahme der App durch alle Österreicher einhergegangen wäre. Diese schiefe Optik wollte von den Verantwortungsträgern – derzeit – niemand riskieren.

Corona ist für viele wirtschaftlichen und politischen Ideen der ideale Humus. Pläne, welche bisher nur im Hinterkopf gespeichert oder im kleinsten Kreise geäußert wurden, rasch und ohne Widersprüche umzusetzen.

Bleiben wir gesund – auch mit unserer Demokratie.

Bisher war der Begriff „unsere Werte“ ein Schutzschild gegen alle Andersdenkenden. Unsere Werte dürfen nicht zerstört werden. Gerade jetzt sollte dieses Schutzschild „unsere Werte“ auch bei Corona-bezogenen Themen Gültigkeit haben.

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