Dienstag, 19. März 2024
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10 Punkte für ein energieautarkes Europa

Putin trug Krieg nach Tschetschenien, Georgien und die Ukraine. Er unterstützt(e)  Terrorregime wie Libyens Gaddafi oder Syriens Assad. Wer ist der nächste? Moldawien? Oder Lettland? Europa muss stumm zusehen, weil es unfähig ist, sich von den Energielieferungen feindlicher Ländern unabhängig zu machen. Für billige Energie verrät Europa seine Werte. In 25 Jahren muss es Energie-Selbstversorger sein.

[[image1]]Wir verfeuern unseren Wohlstand

Europa importiert heute mengenmäßig so viel Öl, Kohle und Gas wie vor 10 Jahren – allerdings zum doppelten Preis. Statt wie früher 6 % gibt der EU-Haushalt heute schon 11 % für Energie aus. Ohne das Energie-Defizit von 400 Milliarden Euro würde sich Europas Leistungsbilanzdefizit von 120 Milliarden in einen -überschuss von 280 Milliarden[1] verwandeln!
Beispiel Deutschland: Vom Leistungsbilanzüberschuss von 141 Milliarden Euro fließen drei Viertel für den (Netto)Import von Energie leider wieder ab (108 Milliarden).

Europa denkt kalorisch[2]

Europa verbraucht 1.700 Milliarden Tonnen Öläquivalenten an Energie. Drei Viertel davon aus kalorischen Quellen: Aus Öl (33 %), Gas (24 %) und Kohle (17 %). 14 % kommen aus Kernkraft, nur 11% aus erneuerbaren Quellen[3].

Stoppt die Bösewichte!

Nicht einmal die Hälfte seines Energieverbrauches kann Europa selber aufbringen (46 %). Alleine beim Öl kommen 81 % aus Ländern wie Russland (ein knappes Drittel), Saudi Arabien (5,5 %) oder dem Iran (5,3 %). Die Wiege der Demokratie füllt den Schurken dieser Welt die Taschen.

Energieziele verfehlt

Dabei gäbe es sogar eine EU-Energiestrategie: Sie will den Klimawandel bekämpfen, die Importabhängigkeit senken und die Energieversorgung wettbewerbsfähiger machen. Tatsächlich hat Kommissionspräsident Barroso soeben verkündet, selbst die Mini-Ziele bei den Erneuerbaren (20 % Erneuerbare, plus 20 % bei der Energieeffizienz) ab 2020 nicht weiter zu verfolgen.

Es mangelt an Hochspannungsleitungen, welche Windstrom von der Nordsee nach Italien oder Wasserstrom von Österreich nach Holland transportieren könnten[4]. Russland spielt Gaskunden wie Frankreich und Deutschland gegeneinander aus und in Österreich verteuert der Proporz mit seinen Hunderten Polit-Günstlingen den Strompreis.

  1. Stromproduktion verdoppeln, Preise senken

Die Hauptlast bei der Umstellung auf eine autarke Energieversorgung trägt der Strom. Entgegen dem deutschen Modell, das mit seiner EEG-Umlage den Strom für Private verteuerte (D: € 0,26 pro kWh statt € 0,19 in Österreich oder € 0,09 in den USA) sollte die Obergrenze für Private europaweit bei € 0,17 gedeckelt sein. Die Firmen-Tarife befinden sich wegen dem Strom-Überangebot ohnehin auf einem Rekordtief.

Europa muss seine Stromerzeugung von 3.300 Milliarden-Kilowattstunden bis 2039 verdoppeln; im Süden und Westen sind das vor allem Sonne, Wind und Geoenergie, im Norden On- und Offshore Wind.

Die Produktionskosten von Solar- und Windstrom sinken immer schneller – an guten Land-Standorten ist Wind sogar schon billiger als Gas. In Deutschland wären Offshore-Turbinen billiger, wenn sie nicht mitten auf hoher See sondern 10 km vor der Küsten stehen dürften.

  1. Auch Hainburg ist erneuerbar

Europa muss seine Erneuerbaren-Ziele verdoppeln. Es ist eine Schande, dass klimatisch begünstigte Länder wie Österreich nur mehr 61 % ihres Stromes aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Das Land verträgt locker 3 Gigawatt an Windstrom[5], 5 Gigawatt an Solar und 1 weiteres Gigawatt an großer Wasserkraft.

Alleine Hainburg brächte 360 MW oder 2 Milliarden Kilowattstunden Strom – mehr als alle Wiener zusammen verbrauchen. Kann man heutzutage kein Kraftwerk bauen, dass die Stopfenreuther Au genauso schützt wie Europas Energiezukunft?

  1. Treibstoffe und Heizöl verteuern

Ein Fünfsterne-Hotel wie das Hospiz am Arlberg füllt seinen 50.000 Liter Heizöltank nicht nur einmal im Jahr. Dies ist nicht nur ökologisch, sondern auch politisch unverantwortlich. Über 850.000 Haushalte, Kraftwerke und Gewerbebetriebe verschwenden noch im 21. Jahrhundert 2,1 Millionen Tonnen des kostbaren Rohstoffes zum Heizen – 21 % des österreichischen Ölverbrauchs.

Der Steuervorteil von Heizöl muss fallen. In 5 Jahren ist sein Literpreis von € 0,90 auf € 1,50 anzuheben. Der Gaspreis für Firmen ist um 10 % und für Private um 25 % zu steigern. Benzin und Diesel dürfen nirgends billiger sein als € 1,50.

  1. Alternativen zu Heizöl und Treibstoffen fördern

Elektroautos sind von der Umsatzsteuer zu befreien. Der Renault Zoe würde sich damit schlagartig von € 21.000 auf € 17.500 verbilligen. Allein die Heizölsteuer brächte €  1,3 Milliarden – genug, um jährlich über 6 % aller heimischen Haushalte mit Wärmepumpen auszustatten[6]. Oder um 60 % aller jährlich zugelassenen PKWs als Elektroauto zu fördern.

(Elektro-)Wärmepumpen und Hackschnitzelheizungen – für Firmen wie Private – werden mit 50 % unterstützt.  Die andere Hälfte wird als unverzinslicher Kredit gewährt.

  1. Wer dämmt hat mehr

Das Energiekonzept der Bundesregierung (von 2010) sieht eine Sanierungsrate im privaten Hausbestand von 1 % jährlich vor. Erst 2050 rechnet man mit einem klimaneutralen Wohnungsbestand. Viel zu langsam. Die Sanierungsrate ist auf  3 % p.a. zu steigern.

Künftig sollen nicht nur Private sondern auch Unternehmer von einer europaweit einheitlichen Förderungsmöglichkeit profitieren: Jede Investition in Dämmung wird mit 20 % cash gefördert, der Rest als unverzinsliches Darlehen auf zehn Jahre vorgestreckt.

  1. Kohle aus Amerika

134 Millionen Tonnen Kohle importiert Europas Industrie im Jahr; 44 Millionen Tonnen davon aus dem „Reich des Bösen“. Diese könnten binnen Jahresfrist durch Lieferungen aus Amerika ersetzt werden. Dort hat der Schiefergasboom viele moderne Gaskraftwerke entstehen lassen. Alte Kohlemeiler wurden geschlossen, die übergebliebenen verbrennen heute um 200 Mio. Tonnen weniger.

  1. Nabucco-Pipeline

Das totgesagte Projekt sollte – unter Leitung der OMV –  ursprünglich Gas aus Turkmenistan und Kasachstan unter Umgehung Russlands und der Ukraine via Österreich in die EU leiten.  Putins langer Arm hat dieses Projekt vorerst aber scheitern lassen. Man wird sich eines Besseren besinnen müssen.

  1. Gaslieferanten diversifizieren

Amerikas Schiefergasboom könnte das Land vom ehemaligen Importeur  zum europäischen Haus- und Hoflieferanten werden lassen. Dazu braucht es die Aufhebung des gesetzliches Gasexportverbotes (und die Chancen stehen gut) bzw. die Errichtung von Gasverflüssigungsanlagen (bis dato gibt es an der Ostküste erst eine). Dann steht dem Ersatz des russischen durch amerikanisches nichts mehr im Wege.

  1. Windstrom vergasen

Das „Power to Gas“-Konzept ist europaweit massiv auszubauen. Dabei wird aus überschüssigem Windstrom via Elektrolyse Wasserstoff gewonnen, welcher bis zu 10 % in das bestehende Gasnetz eingespeist werden kann. „Methanisiert“  man Wasserstoff, indem man ihn mit CO2 verbindet, erhält man vollwertiges Methan. Es kann Putin´s Faustpfand Nr. 1 – „normales Gas“ – zu 100 % ersetzen.

Würde man Kerosin europaweit mit bloß € 0,30 pro Liter besteuern, könnte man die Düsentriebwerke europäischer Passagierflugzeuge auf Wasserstoff umstellen.

Ähnlich bei Schiffs-Dieselmotoren: Über die schottischen Shetlands braust permanent der raue Nordwind des Atlantiks. Mit großen Windparks könnte sich der Netto-Empfänger englischer Sozialleistungen zum Wasserstoff-Großproduzenten der atlantischen Fischereiflotte mausern.

  1. Verbindlich

Europa muss seine Wirtschafts- und Währungsunion um die einer Energieunion ergänzen. In einem eigenen Vertrag (der etwa im Energiemusterland Dänemark abgeschlossen werden könnte) müssen sich alle Mitglieder den neuen Zielen verpflichten.

Erst muss Europa seine Erpressbarkeit bei Energie abbauen, dann kann es seine Werte von Humanität, sozialem Ausgleich und Frieden wieder glaubhaft vertreten.


[1] Eurorettung nur mit Green New Deal, Giegold/Mack, 2012

[2] Energieimporte der EU27, Online-Datenbak: Tabellen aus „Energie“, Eurostat 03/2012

[3] Die Energieversorgung der EU, arte, November 2011

[4] Transeuropäische Netze-Energie

[5] 3 Gigawatt entsprechen 3.000 MW. Zwentendorf hätte 720 MW gehabt, das Donaukraftwerk in Altenwörth hat 328 MW

[6] Mit € 5.000 Zuschuss per Anlage

 

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