Mittwoch, 24. April 2024
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Wo Behörden blind sind: Flüchtlinge als U-Boote

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Bild: U.S. Navy photo/U.S. Navy via flickr/Wikimedia (Ausschnitt)

Die Flüchtlingskrise hat ein Problem mit sich gebracht, für deren Lösung sich die Politik rasch etwas einfallen lassen muss. Es sind jene, die hier mittlerweile illegal leben.

Die Flüchtlingsströme nach Österreich sind das allgegenwärtige Diskussionsthema. Ein Problem wird dabei ausgeklammert: Es betrifft die „Dunkelziffer“ der sogenannten Illegalen, die hier gewissermaßen als U-Boote leben. Darunter versteht man jene Flüchtlinge, deren Asylverfahren mit einem negativen Bescheid endeten, die nicht abgeschoben werden konnten und die untergetaucht sind. Für die Behörden ist der Fall damit ad acta gelegt. Fragt man im Innenministerium nach konkreten Zahlen, gibt es nur Achselzucken.

60 Prozent sind nicht asylberechtigt

Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Roten Kreuzes, rechnet vor: 90.000 Asylanträge im Jahre 2015, 40.000 im Jahre 2016 und im heurigen Jahr bislang gut 15.000 (Quelle: Statistik Österreich). Im Durchschnitt schaffen 40 Prozent der Antragssteller, dass sie nach eingehender Prüfung einen subsidiären Schutz und ein Aufenthaltsrecht in der Alpenrepublik erlangen. Was aber geschieht mit den übrigen 60 Prozent? – In vielen dieser Fälle ist eine Abschiebung nicht möglich, da es keine Rückführungsabkommen gibt und die Herkunftsländer ihre Flüchtlinge nicht zurücknehmen. Behördlicherseits gibt es zur sogenannten Dunkelziffer weder Auskünfte noch Unterlagen.

15 Prozent tauchen nach negativem Verfahren unter

Von jenen, deren Ansuchen abgelehnt wurde, zieht ein kleiner Teil freiwillig die Konsequenzen und wandert „irgendwohin“ in Europa weiter, nicht unbedingt in die einstige Heimat zurück. Ein Teil nützt das Angebot auf freiwillige Rückkehr gegen Auszahlung eines finanziellen Zuschusses. Diesbezüglich wurde vor einiger Zeit eine Aktion gestartet. Ein weiterer Teil wird zwangsweise zurücktransportiert. Schätzungsweise 15 Prozent (also etwa 20.000 bis 25.000 Menschen) taucht einfach unter. Sie finden irgendwo Unterschlupf, verdienen ihren Unterhalt mit Gelegenheitsarbeiten, warten auf bessere Zeiten. So mancher gerät dabei auch auf die „schiefe Bahn“, wird aufgegriffen, landet im Gefängnis und hat dann endlich ein festes Dach über den Kopf.

Medizinische Anlaufstelle für U-Boote

Man ist sich bei den karitativen Organisationen des Problems durchaus bewusst. So hat das Rote Kreuz im Süden von Wien eine medizinische Versorgungsstation namens „AmberMed“ eingerichtet, wo Flüchtlinge, die sich krank fühlen, vorbeikommen können, ohne sich ausweisen zu müssen. Hier arbeiten an die 60 bis 80 freiwillige Ärzte, die man konsultieren kann, die untersuchen und Medikamente verschreiben. Diese kann man sich gleich nebenan bei einem Lager, das von den Arzneimittelkonzernen versorgt wird, unentgeltlich holen.

„Flüchtlings-U-Boote“ sind ein europäisches Problem

Das Problem dieser U-Boote ist freilich kein österreichisches Phänomen. Das Rote Kreuz schätzt, dass in Europa an die 300.000 solcher Illegaler leben. Sie sind die fast Vergessenen der Flüchtlingskrise. Die Behörden haben keine Daten an der Hand, vor allem keinen Zugang zu diesen Menschen. Und die Politik ist offenbar ratlos, wie dieses Problem zu lösen wäre. Kerschbaum erinnert sich, dass Italien einmal eine solche „Amnestie-Aktion“ gestartet hat. Die Illegalen wurden aufgerufen, sich zu melden: Es wurde ihnen ein Aufenthaltstitel versprochen. Tatsächlich machten Tausende davon Gebrauch. Eine Ideallösung stellte diese Aktion aber auch nicht dar, weil sie als eine Art Schlupfloch gilt, über das man auch trotz eines negativen Verfahrens im Lande bleiben darf. Wie so oft wäre die EU gefordert, raschest eine einheitliche europäische Lösung zu schaffen.

Abnahme der Integrationswilligkeit

Im Zuge des österreichischen Wahlkampfs spielt nicht nur das Thema, wie man mit dem Flüchtlingsstrom umgehen kann, eine Rolle, sondern auch zunehmend die Frage, wie Integration optimalerweise erfolgen sollte. So hat der jüngste Integrationsbericht erst ausgewiesen, dass die Zahl der Flüchtlinge seit dem Höhepunkt im Krisenjahr 2015 zwar sank, gleichzeitig aber die negative Einstellung der Bevölkerung gegenüber den Asylanten und Migranten deutlich angestiegen ist. Tatsächlich zeigt sich auch, dass die Integrationswilligkeit vieler, die neu in das Land kommen, abgenommen hat. Mittlerweile benötigen viele der Migranten bereits bis zu drei Generationen, um sich in die Gesellschaft einzugliedern. Hier spielen natürlich die Prediger in den Moscheen, die internationale Bewegung des politischen Islam und auch Hetztiraden wie jene des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan eine nicht unerhebliche Rolle.

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