Donnerstag, 28. März 2024
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Rentenfonds – Die europäische Gesellschaft altert, Altersvorsorgesysteme müssen sich anpassen

Kommissar Barnier wird im Herbst 2013 den Vorschlag einer Richtlinie zur Verbesserung der Governance und Transparenz der betrieblichen Rentenfonds vorlegen. Angesichts der unterschiedlichen Situationen in den Mitgliedsstaaten bezüglich Altersversorgungsprodukten und Rentenfonds ist es erforderlich, die technische Arbeit zur Frage der Solvabilität fortzusetzen.

[[image1]]Stellungnahme des Kommissars für Binnenmarkt und Dienstleistungen Michel Barnier:

Die europäische Gesellschaft altert. Die Altersvorsorgesysteme müssen sich anpassen. Das ist keine einfache Aufgabe. Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind davon betroffen.

Das Weißbuch der Kommission zu Pension und Renten aus dem Jahre 2011 hat verschiedene Ansätze vorgeschlagen, um die Aufgabe einer alternden Gesellschaft umfassend zu bewältigen. Diese Ansätze betrafen die drei Elemente der Altersvorsorgesysteme, die es in Europa gibt, besser bekannt als die drei Säulen:

1) Staatliche Renten, die Teil des nationalen Sozialsystems sind (eine ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten)
2) Betriebliche Altersvorsorge (angeboten von Rentenfonds, Versicherungsunternehmen und anderen Systemen) finanziert oder kofinanziert von Arbeitgebern, die die Anbieter aussuchen
3) Private Altersvorsorgeprodukte, die für den Einzelnen nicht verpflichtend sind

Die Bedeutung betrieblicher Rentenfonds in Europa nimmt zu, ohne dass sie das einzige Element in der zweiten Säule der betrieblichen Altersversorgung sind. In einigen Ländern (zum Beispiel in Frankreich und Schweden) sind auch Versicherungsunternehmen in der betrieblichen Altersvorsorge tätig, und es existieren auch andere Formen wie zum Beispiel Direktzusagen der Arbeitgeber.

Betriebliche Rentenfonds haben erhebliches Potential: sie sind Teil der Lösung, um die zur Herausforderung einer alternden Gesellschaft zu bewältigen, und sind unverzichtbar für langfristige Investitionen und damit ökonomisches Wachstum in Europa.

Die existierende europäische Richtlinie zu betrieblichen Rentenfonds stammt aus dem Jahre 2003. Sie zielt darauf ab, einen Binnenmarkt für betriebliche Rentenfonds zu schaffen und ihre Funktionsweise zu verbessern. Aber es ist festzustellen, dass diese Ziele nur teilweise erreicht worden sind.

Drei Bereiche, in denen Verbesserungen vorgenommen werden können

1. Solvabilität: Es ist offensichtlich, dass einige Fonds, besonders leistungsbezogene Fonds, schwerwiegende Defizite aufweisen. Zudem wird die zukünftige Anwendung von Solvabilität II auf Versicherer, die betriebliche Altersversorgung anbieten, Fragen des fairen Wettbewerbs aufwerfen. EIOPA (die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) hat unlängst eine Untersuchung zur Solvabilität bestimmter Rentenfonds durchgeführt, die zeigt, dass wir unsere Kenntnisse noch vertiefen müssen, bevor wir über eine europäische Initiative zur Solvabilität der Rentenfonds entscheiden können.

2. Governance: Die derzeitige Richtlinie hat Lücken, zum Beispiel verpflichtet sie die Rentenfonds nicht, über ein wirksames Governance-System zu verfügen, das ein solides und vorsichtiges Management des Geschäfts gewährleistet. Zudem enthält sie keine Mindestanforderungen an Fondsverwalter und keine Details zu internen Risikomanagement- und Kontrollsystemen.

3. Transparenz und Berichterstattung: Die existierenden Beobachtungs- und Beaufsichtigungssysteme der Mitgliedsstaaten unterscheiden sich, was die Kosten für Fonds erhöht, die grenzübergreifend tätig sind, die Aufsichtskooperation behindert und die Verbreitung von Information beschränkt. Auch die Zuständigkeiten von Herkunfts- und Aufnahmelandaufsehern müssen geklärt werden.

Der Bedarf an weiteren technischen Informationen bevor Entscheidungen zur Solvabilität von Rentenfonds getroffen werden sollte uns nicht aufhalten, jetzt zu handeln und die Governance und die Transparenz zu verbessern. Diese Verbesserungen sind dringend. Die Unterschiede in den nationalen Vorgehensweisen und die Lücken in bestimmten Mitgliedsstaaten behindern die Entwicklung eines echten Binnenmarktes für die betriebliche Altersversorgung und beeinträchtigen den Schutz der zukünftigen Rentner.

Vor dem Hintergrund all dieser Erwägungen habe ich entschieden, zunächst einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der sich auf Anforderungen zu Governance, Transparenz und Berichterstattung der betrieblichen Rentenfonds konzentriert. Zu diesen Aspekten besteht ein breiter Konsens, zumindest was die Grundsätze angeht.

Der Vorschlag wird die Frage der Solvabilitätsregeln für Rentenfonds nicht behandeln, was damit zunächst eine offene Frage bleibt. Meiner Meinung nach sollte diese Situation erneut geprüft werden sobald wir vollständigere Daten besitzen. Ich betone, dass wir hinsichtlich der Solvabilitätsregeln die Notwendigkeit, langfristig eine Wettbewerbsgleichheit zwischen unterschiedlichen Anbietern betrieblicher Altersvorsorge zu garantieren, nicht aus den Augen verlieren dürfen.

Gleichwohl fordere ich schon jetzt die Länder mit unterkapitalisierten Rentenfonds auf, die notwendigen Maßnahmen ohne Verzögerung zu ergreifen. Ich begrüße die Initiativen, die in einigen Mitgliedsstaaten diesbezüglich ergriffen worden sind.

Wie ich oft gesagt habe, meine Priorität ist der Schutz der zukünftigen Rentner. Wir müssen uns den Schwächen einiger betrieblicher Rentenfonds stellen. Aber ich möchte nicht, dass nationale Systeme, die gut funktionieren, bestraft werden. Und insbesondere möchte ich nicht, dass in der derzeitigen fragilen ökonomischen Situation wir die Fähigkeit der Rentenfonds beeinträchtigen, ihre Rolle als langfristige Investoren gerecht zu werden.

Ich beabsichtige, im Herbst diesen Vorschlag zur Verbesserung der Governance und Transparenz der betrieblichen Rentenfonds vorzulegen.

 

Bild: Mike Frajese/pixelio.de/ © www.pixelio.de

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