Samstag, 20. April 2024
Startseite / Allgemein / Merkel & Co. liefern Afrika jetzt auch noch Putin aus

Merkel & Co. liefern Afrika jetzt auch noch Putin aus

Bundeskanzlerin Angela Merkel / Bild © Tobias Koch / www.tobiaskoch.net, Angela Merkel (Tobias Koch)CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons (Ausschnitt)

Nach China engagiert sich nun auch Russland in Afrika. Nicht nur wirtschaftlich. Ein dramatischer Weckruf für die EU

Vor einem Jahr hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Afrikagipfel nach Berlin eingeladen. Zwölf afrikanische Staats- und Regierungschefs reisten dazu in die deutsche Bundeshauptstadt – von Ägyptens Staatschef Abdel Fattah el-Sisi, über Ruandas Langzeitherrscher Paul Kagame bis hin zu Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa. Eine Aktion, die damals auch so verstanden wurde, dass Merkel damit Bundeskanzler Sebastian Kurz ein wenig die Show stehlen wollte. Denn auch Kurz lud voriges Jahr und zwar im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft gemeinsam mit der Wirtschaftskammer zu einem Afrika-Gipfel nach Wien. An die 1.000 Teilnehmer wurden dabei gezählt. Nun, Kurz ist seit Mitte Mai nicht mehr Regierungschef und konnte daher die Initiative nicht fortsetzen. Ganz anders Merkel, die sich noch fest an das Kanzleramt klammert, aber entsprechende Aktivitäten vermissen lässt.

Wo bleibt der immer wieder versprochene „Marshall-Plan“?

Afrika ist schon seit langem ein Kontinent der Begehrlichkeiten geworden und gleichzeitig jener, der mit Europa (nicht nur aufgrund der längst vergangenen Kolonialzeit) eine Nahebeziehung hat. So gilt das Mittelmeer bekanntlich als der Vorhof zwischen Europa und Afrika. Und ist gerade in Hinblick auf die Flüchtlingsbewegungen auch ein Krisengebiet geworden. So ist die EU gefordert, im Zuge des Frontex-Projekts nicht nur die Außengrenzen zu schützen, sondern damit bereits an der nordafrikanischen Küste zu beginnen. Mehr noch, es besteht längst Übereinstimmung darüber, dass der Bevölkerungsdruck aus den afrikanischen Ländern rund um den Äquator nur dadurch zurückgenommen werden kann, dass man massive Wirtschaftshilfeprogramme startet. In diesem Zusammenhang wurde immer wieder von den Europäern ein „Marshallplan“ für Afrika gefordert. Alles Schall und Rauch bislang.

China stellt USA und die EU in den Schatten

China zeigt indessen schon länger vor, wie man Einfluss gewinnt und dabei auch noch Geschäfte macht. Die Volksrepublik baut kontinuierlich das wirtschaftliche Engagement auf dem afrikanischen Kontinent weiter massiv aus. Dabei geht es Peking längst nicht mehr nur um Rohstoffe. Quer durch den Kontinent finanziert Peking Regierungsgebäude, Fußballstadien, Bahnstrecken, Flughäfen, Kasernen und Raffinerien, Staudämme oder gar ganze Städte. Seit 2005 belaufen sich die Investitionen auf über 60 Milliarden US-Dollar. Erst im Vorjahr hat Staatspräsident Xi Jinping weitere 60 Milliarden an staatlicher Unterstützung sowie Investitionen und Krediten durch chinesische Unternehmen und Banken. Zudem sollen einigen Ländern die Schulden erlassen werden. Peking stellt damit die USA und die EU längst in den Schatten.

EU knüpft Investitionen an politische Zielsetzungen

Dazu kommt, dass die verschiedenen Investitionsinstrumente der EU alle mit politischen Zielsetzungen verknüpft sind. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies, dass keine Gelder an Staaten vergeben werden, die die Menschenrechte verletzen, und eine Rückzahlung der Mittel gefordert wird, wenn schwere Menschenrechtsverletzungen festgestellt werden. An sich eine Auflage, die unter dem Aspekt der Beachtung der Menschenrechte, die gerade in diesen Ländern von Diktatoren und islamischen Terrorgruppen missachtet werden, durchaus eine Berechtigung hat. Bedenken, die die Führung in Peking so nicht kennt. China hat keine vergleichbaren politischen (und auch finanziellen) Beschränkungen wie die EU und ist nicht an langwierig verhandelte Zielsetzungen gebunden. Auch deshalb haben die chinesischen Investitionen auf dem afrikanischen Kontinent die von Europa angebotenen Summen inzwischen deutlich in den Schatten gestellt.

Auch Putin stellt Afrika Milliarden in Aussicht

Nachdem Russland, aufgrund des Rückzugs der Amerikaner aus Nordzypern, gerade zu einem Big-Player in dieser Krisenregion geworden ist, hat nun Russlands Präsident Wladimir Putin Appetit bekommen, seine Einflusssphäre zu erweitern. Nur einen Tag, nachdem er mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein gemeinsames Vorgehen vereinbarte, lud er in Sotschi zum ersten Russland-Afrika-Gipfel. Und Putin beließ es dabei nicht nur mit „kleckern“, er entschloss sich zum „Klotzen“. Zu dem zweitägigen Treffen erschienen 44 Staats- und Regierungschefinnen und -chefs vom afrikanischen Kontinent. Insgesamt trafen sich 10.000 Gipfelteilnehmer aus 54 afrikanischen Staaten und Russland am russischen Badeort. Putin drückte dabei das aus, was bei der EU als Alarmsignal verstanden werden sollte: „Afrika wird immer mehr zu einem Kontinent der Möglichkeiten“ und er kündigte gleich auch Milliardeninvestitionen für Afrika an.

Russland verfolgt auch paramilitärische Interessen

Putin geht es freilich nicht nur darum, wirtschaftlich in Afrika Fuß zu fassen. Er verfolgt auch politische Ziele. So hat er sich im Streit um das Wasser für den größten Staudamm Afrikas zwischen Ägypten und Äthiopien als Vermittler angeboten. Und steht damit in Konkurrenz zu Washington, das gleichfalls vermitteln will. Generell will Russland an alte Kontakte aus Sowjetzeiten anknüpfen. Hunderttausende Afrikanerinnen und Afrikaner waren in der Zeit des Kalten Kriegs in Russland ausgebildet worden. Das wirtschaftliche Interesse Russlands an den Märkten in Afrika ist daher groß. Besonders interessant ist der afrikanische Kontinent aber für die russische Rüstungsindustrie. Bis zu 40 Prozent der russischen Waffenexporte gehen nach offiziellen Angaben aus Moskau in afrikanische Staaten. Damit nicht genug, nach Ansicht des Afrikabeauftragten der deutschen Regierung, entsendet Moskau auch immer mehr paramilitärische Bewachungsdienste oder Militärberater nach Afrika. Mehr als nur ein Warnruf für die EU.

3 Kommentare

  1. …ganz toll – und die Menschen Afrika bleiben auf der Strecke und werden „verheizt“ – grossartige „Hilfe“ für Afrika – von den Chinesen, den Russen und Europa – quo vadis Menschlichkeit und Empathie… ? 🙁

  2. Ein schrumpfende EU kann die Fluchtursachen eines wachsenden Kontinents wie Afrika nicht bekämpfen. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne durch Unis die Massenflucht nach Europa stoppen. Das Problem von Afrika ist Stabilität und Sicherheit. Ohne Stabilität können die Leute dort noch so qualifiziert sein, es wird trotzdem niemand dort investieren und kein afrikanisches Startup Land gewinnen. Das ist auch der Grund wieso viele Staaten in Asien es in wesentlich kürzerer Zeit von einem schlechteten Ausgangszustand ohne Rohstoffe zu weitaus höherem Standard gebracht haben. Aber für Stabilität können nur die Afrikaner selber sorgen. Wir betreiben Geburtenkontrolle, obwohl wir stagnieren, wieso können wir nicht auch von der dortigen Bevölkerung erwarten, verantwortungsvoll mit der Familienplanung umzugehen? Wenn jetzt auch von außen geholfen wird geht dieser Wahnsinn weiter. Aber diese Menschen lernen dann nie, sich selbst zu helfen indem Sie nicht wahllos Kinder in eine Welt setzen, in der sie nicht selbstständig versorgt werden können und für Armut sorgen. Hier muss die Politik eingreifen und der Kirche den Weg weisen, gerade in diesen Gebieten für Geburtenkontrolle zu sorgen (werben).

Schreibe einen Kommentar zu Heinz Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Sie auch interessieren

KURIER / Jack Unterweger: Neue Details über den mutmaßlichen Serienmörder

Jack Unterweger zu Prozessbeginn am 20.04.1994 in Graz, Bild © APA/Georges Schneider / „Erbarmungslos: Jack …