Donnerstag, 28. März 2024
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Kann der Staat durch Deregulierung und Geld-Drucken Wachstum erzeugen? Ein historischer Befund.

Seit der industriellen Revolution stimuliert die Politik die Realwirtschaft, indem sie die Wirtschaft dereguliert und billiges Staatsgeld druckt. Das führt voraussehbar zum Boom – und Regierungen werden wiedergewählt – doch lässt es Systeme regelmäßig kollabieren. 

In den Statuten der Deutschen Bundesbank von 1973 war der monetaristische Grundsatz festgeschrieben: Es darf jährlich nur so viel an neuem Geld gedruckt und in Umlauf gebracht werden, als im abgelaufenen Jahr zusätzlich an Gütern erzeugt worden ist. Stieg das BIP also um 10 Milliarden DM, durfte 10 Milliarden DM unter`s Volk gebracht werden.

Eine Ausnahme in der Finanzgeschichte.

Lehrbuch-Beispiel „Gründerkrach“ (1873)

Nach der Niederlage gegen das Deutsche Reich bei Königgrätz (1867) wollte das Österreichische Kaiserreich das Wachstum seiner Ökonomie künstlich beschleunigen, um pünktlich zur Wiener Weltausstellung 1873 als prosperierende Nation dazustehen. Die staatlich zensurierte Presse heizte den Gründer- und Erfindergeist des Landes an, und pries die Abwesenheit staatlicher Regeln. Zusätzlich befeuerte ab 1871 deutsches Kapital (aus den französischen Reparationszahlungen nach dem verlorenen Krieg) die Wiener Börse[1].

Banken mussten für Immobilienprojekte nur geringe Sicherheiten einfordern, und selbst mittellose Privatpersonen konnten Aktien in Millionenumfang ausgeben. Zahllose, schnell und schlampig gewachsene Betriebe  gingen Pleite (wie etwa die „Lemberg-Czernowitz-Eisenbahn AG“, 1872), nur selten durfte darüber berichtet werden.

So kam es, wie es kommen musste. Der Konkurs einer ungarischen Bank löste am „Schwarzen Freitag“, dem 5.5.1873, eine Vertrauenskrise aus. Lehrbuchartig veranlasste dies Tausende Investoren, Aktiendepots kritisch zu überprüfen und schlechte Aktien abzustoßen. Damit fielen die Kurse weiter. Und viele Aktien, die als Sicherheit für Kredite gegeben worden waren, unterschritten plötzlich Untergrenzen. Was Banken veranlasste, Kredite fällig zu stellen.

Der Crash war da. Das (staatlich künstlich) erhöhte Wirtschaftswachstum ging mit dem Krach in eine Phase von Stagnation, Unsicherheit und Arbeitslosigkeit über.  

Wie bastle ich  mir einen Crash? – „Schwarzer Freitag“ (1929)

Besonders strikt an das Drehbuch „Gründerkrise 1873“ hatten sich auch die New Yorker mit ihrem „Schwarzen Freitag“ 1929 gehalten.

Europa war nach dem Ersten Weltkrieges verwüstet und Amerika (als Kreditgeber) ausgeblutet. Da hatte die US-Regierung die Idee, wie sie den Traum vieler Bürger nach  „eternal prosperty“ – also größerem Wohlstand bei weniger Arbeit – umsetzen könne: Durch Deregulierung und Niedrigzinsen. Sie zwang ihre Zentralbank, die Federal Reserve“ („Fed“), große Geldmengen zu drucken und zu verbilligten Zinsen an Privatbanken zu verleihen[2] (die diese – mit einem Aufschlag versehen – an Wirtschaft und Haushalte weiterreichten). Parallel dazu lockerte sie für Kreditwerber die Anforderung an Sicherheiten.

Die Folge: Millionen Amerikaner verschuldeten sich billig, kauften Häuser, Autos und Möbel auf Pump. Was Produktion und Beschäftigung zu Beginn der 1920er anheizte. Wenn Menschen aber ein bestimmtes Zinsniveau als zu niedrig empfinden, dann tun sie das, was jedes VWL-Buch weiß: Sie spekulieren. Stichwort Immobilien, Aktien, Rohstoffe. Alleine der „Dow Jones Index“ explodierte in nur sechs Jahren von 100 auf 331 Punkte (heute steht er bei 18.000).

Wie bei vielen Krisen konnte man nicht mehr genau festmachen, welches „Mädchen“ nun gerufen hatte: „Der Kaiser ist ja nackt!“. Es war aber am 24.Oktober, als ein allgemeiner Kursrutsch viele Investoren prüfen ließ, ob denn die hohen Preise, die sie für ihre Aktien bezahlt hatten, noch gerechtfertigt wäre.

In der Folge säuberten Viele ihre Wertpapierdepots von zweifelhaften Aktien, was die Kurse an den Märkten weiter purzeln ließ. Damit purzelten auch die Werte jener Aktien, die als Sicherheit für Kredite gegeben worden waren – was Banken nun Millionen Kredite fällig stellen ließ.

In vier Wochen war eine Nation bankrott. Acht Wochen später die halbe Welt.

Vom Westen kopiert:  „Asienkrise“ (1997)

Ans westliche Vorbild hielten sich auch die Regierungen südostasiatischer Tigerstaaten in den 1990ern. Ihre Zentralbanker (v.a. in Thailand, Südkorea und Indonesien) druckten jahrelang um 10% mehr Banknoten als es neue Güter gab. Parallel dazu senkte man die Anforderungen an Kreditsicherheiten, damit auch genügend Menschen sich verschulden konnten. Auch hier beflügelte der staatlich organisierte Kreditboom nur anfangs die Realwirtschaft, bald jedoch nur mehr Immobilien- und Aktienmärkte.

Leider hatte der Mangel an inländischem Kapital viele asiatische Banken gezwungen, sich im Ausland mit kurzfristigen Dollaranleihen zu verschulden – ohne sich unnötigerweise einen Kopf darüber zu machen, ob man denn auch über genügend Devisen zur Tilgung verfügte.

Als einige überhastet gewachsene Bankinstitute 1997 aber pleitegingen, verlängerten ängstliche Ausländer ihre kurzfristigen Dollarkredite nicht weiter und forderten diese von den Asiaten zurück. Der Devisenabfluss ließ die Kurse asiatischer Tigerwährungen in die Knie gehen[3] – und verteuere damit die Tilgung von Dollarschulden anderer asiatischer Banken. Was immer mehr Institute in die Pleite trieb.

Am Ende musste der IWF den Regierungen der Tigerstaaten massiv unter die Arme greifen, viele Staaten mussten Sozialprogramme wieder rückgängig machen – das Wachstumsmodell auf Pump war gescheitert.

The next Crash: Brexit – EZB (2017?)

Auch die US-Finanzkrise von 2007 war eine „0/8/15“-Krise nach Lehrbuch: Künstlich niedrige Zinsen, deregulierte Bedingungen für Kreditaufnahmen und Kredithandel – und der voraussehbare Crash von Aktien-, Immobilien- und Rohstoffmärkten.

Damit ist spätestens jetzt klar, wohin Europa gerade steuert. Die Zinsen der EZB liegen bei historischen „Null Prozent“. Seriöse Privatbanken, die Geld nicht verleihen wollen, weil angebotene  Projekte unrentabel oder Kreditwerber zweifelhaft sind, geben trotzdem Kredit, weil sie sonst Strafzinsen nach Frankfurt bezahlen müssten[4]. Aktien- und Immobilienmärkte sind längst hochspekuliert, und immer mehr Europäer misstrauen staatlichen Strukturen – was sie mit Immobilien spekulieren lässt.

Letztendlich ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis es auch hier kracht. Vielleicht ist es irgendein Ereignis in der Abnabelungsphase Englands von Europa, das den Anlass liefert?

Wir leben in einer Zeit, die – wie das Kaninchen vor der Schlange – den Crash erwartet.

Weil es die Menschen in den westlichen Demokratien einfach nicht wahrhaben wollen, dass man durch das bloße Drucken von Geld letztendlich nicht reicher wird. Und dass man am Ende des Tages nur das ausgeben kann, was man vorher erarbeitet hat.

 



[1] Reichskanzler Bismarck hatte Frankreich außergewöhnlich hohe Reparationszahlungen in Höhe von fünf Milliarden Goldfranc abgepresst und damit deutsche Staatsschulden zurückbezahlt. Die Besitzer jener Anleihen, die also vorzeitig getilgt worden waren, waren nun gezwungen, ihre liquiden Mittel neu anzulegen. Aus Ermangelung risikioarmer Alternativen investierten sie ihr Geld v.a. an der Wiener Börse.

[2] Zum Schluss waren es nur mehr 3,5% – viel zu niedrig in einer von großem Kapitalmangel geprägten Nachkriegszeit.

[3] Die kurzfristigen Dollarkredite wurden durch asiatische Banken zurückbezahlt, indem sie Dollar mit eigener Währung einkauften. Das stärkte den Dollar, führte aber zur Abwertung der eigenen Währung.

[4] Frankfurt ist Sitz der staatlichen Europäischen Zentralbank, EZB.

 

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