Dienstag, 16. April 2024
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G8 erzielt nur dürftigen Minimalkonsens im Streit um Syrien

Nur mit Mühe wurde zum Abschluss der Tagung der acht führenden Industrienationen ein offener Eklat über das weitere Vorgehen im syrischen Bürgerkrieg vermieden. Kleinere Fortschritte aber keinen Durchbruch gab es beim Thema Steueroasen.

[[image1]]Massenproteste von Globalisierungsgegnern unterblieben und es gab keine Terroranschläge. Das alleine wird der britische Gastgeber Premier David Cameron als großen Erfolg verbuchen, auch wenn die Kosten für die enormen Sicherheitsmaßnahmen während des zweitägigen Gipfels sich auf mindestens 60 Millionen Euro belaufen werden. Noch in der vergangenen Woche hatten Sicherheitskräfte in Nordirland Sprengstoff und Munition beschlagnahmt, doch während der Tagung am Montag und Dienstag wurden nur zwei Personen festgenommen, es blieb ruhig.

Syrien spaltet die G8

Doch so friedlich die Bilder aus dem ländlichen Tagungsort in Lough Erne in Nordirland auch erschienen – bei den Gesprächen der Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland, Kanada, Japan, USA und Russland über das Thema Syrien waren die Differenzen gewaltig. Russland war mit seiner Unterstützung für das Regime von Präsidenten Baschar al-Assad völlig isoliert. Zum Abschluss des Gipfeltreffen haben die G8-Länder zwar eine gemeinsame Erklärung zu Syrien beschlossen, doch die fiel äußerst karg aus: so hieß es dort lediglich, Russland und seine G8-Partner strebten eine Übergangsregierung an, um den Bürgerkrieg in Syrien politisch zu beenden. Unklar blieb, wie dieser Schritt erreicht werden soll. Darüber hinaus legte die Abschlusserklärung fest, es solle bald eine zweite Syrien-Konferenz in Genf geben, ein Termin für die Konferenz wurde allerdings nicht genannt und über die künftige Rolle oder die politische Zukunft des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad fand sich kein Wort. Damit hatte sich offenbar der russische Präsident Wladimir Putin durchgesetzt, der als einziger Gipfelteilnehmer immer noch zu Assad steht. 

Russland beliefert das syrische Regime weiterhin mit Waffen. Immerhin enthält die G8-Erklärung die Forderung nach einer Übergangsregierung mit voller exekutiver Gewalt. „Ich glaube es ist undenkbar, dass Präsident Assad in der Zukunft seines Landes noch eine Rolle spielen kann“, sagte David Cameron. Das Communiqué enthielt auch das Ziel, den Bürgerkrieg in Syrien auf politische Weise zu lösen und den Einsatz von Chemiewaffen zu untersuchen. Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen wurden hingegen nicht erwähnt. Das hätten außer Russland auch einige andere G8-Teilnehmer wie Deutschland nicht unterstützt. Die Deutschen fürchten, dass die Waffen in falsche Hände geraten könnten, in die von Terroristen oder Islamisten. Stattdessen enthielt die Erklärung Zusagen für weitere humanitäre Hilfen für Syrien und seine Nachbarstaaten. Für sie sollen zusätzlich 1,5 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt werden. Davon entfallen 300 Millionen Dollar auf die USA und 200 Millionen Euro auf Deutschland, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel erläuterte.

Kampf der Steuerflucht

Im Hinblick auf das von Cameron eigentlich in den Mittelpunkt des Gipfeltreffens gestellte Thema Steueroasen ist der G8 der große Wurf nicht gelungen, doch es gab gewisse Fortschritte. Der in der EU bereits vereinbarte Informationsaustausch von Kontodaten soll globaler Standard werden. Die G8 bekannte sich ferner dazu, dass international tätige Unternehmen künftig ihre Einkünfte nach Ländern getrennt ausweisen, dass das Verschieben von Gewinnen in Niedrigsteuerländer erschwert wird und Steueroasen die Finanzbehörden an Informationen heranlassen müssen.

Allerdings mangelte es an konkreten Maßnahmen zur Schließung der viel kritisierten Steuerschlupflöcher. Hier verwies die G8 auf die OECD und die G20, die sich ebenfalls mit dem Thema befassen. „Zusammen mit der OECD soll rasch ein multinationales Modell erarbeitet werden, dass es den Behörden leichter macht, Steuerbetrügern auf die Spur zu kommen und sie zu bestrafen“, hieß es im Kommuniqué. Ferner solle eine internationale Blaupause erarbeitet werden, wie der Aufweichung der Steuerbasis in vielen Ländern begegnet werden kann.

Kritik der NGOs

Es war also ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, doch den NGOs ging er nicht weit genug. „Die G8 haben die richtigen Fragen gestellt, sind aber viele Antworten schuldig geblieben“, kritisierte Oxfam.  Aufgewacht seien die führenden Industrienationen zwar, doch sie hätten es versäumt, eine Vereinbarung zu treffen, die auch den armen Ländern hilft. „Fehlende Steuereinnahmen, bedeuten für arme Länder fehlende Budgetmittel für Bildung und Gesundheit“, so die Organisation weiter. Intransparenz und Geheimniskrämerei könnten nicht mit geheimen Listen und Registern bekämpft werden. Wenn der „Goldstandard“ des weltweiten automatischen Informationsaustausches jetzt schnell Realität werde seien sind mehr als warme Worte nötig, um sicherzustellen, dass die armen Länder fair beteiligt werden. Das US-NGO Global Financial Integrity (GFI) kritisierte, die G8 seien im Hinblick auf die geforderte Transparenz von Firmenbeteiligungen und Gewinntransfers bei den multinationalen Konzernen nicht weit genug gegangen.

Immerhin mussten auch die Kritiker einräumen, dass ein Anfang gemacht wurde. Äußerst zufrieden zeigte sich die britische Nordirlandministerin Theresa Villiers mit dem Ergebnis des Gipfels: „99,9 Prozent der Weltbevölkerung denken beim Wort Nordirland wahrscheinlich an Unruhen im Osten Belfasts und an brennende Autos. Jetzt ist Nordirland erstmals aus den richtigen Gründen in den Schlagzeilen und Fernsehnachrichten. Das ist die Art von Publizität, die man mit Geld nicht kaufen kann“.

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