Donnerstag, 25. April 2024
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EU-Gipfel: Mehr Show als Substanz

Wenn alles planmäßig läuft, dann wird es ein kurzer Gipfel. Knappe vier Stunden werden sich die 27 Staats- und Regierungschefs heute zu einem Arbeitsessen treffen. Um 17 Uhr soll die Zusammenkunft bereits enden.

[[image1]]So gewichtig sich die Agenda anhören mag, so dürftig wird wohl das Endergebnis ausfallen. Weder zum Thema Energie noch zum Thema Kampf gegen die Steuerhinterziehung sind grundlegende Entscheidungen zu erwarten.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte das Steuerthema ohnehin erst nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt. Ursprünglich wollten sich Europas Spitzenpolitiker ausschließlich mit der Energie auseinandersetzen. Aber das Steuerthema hat in den vergangenen Wochen erheblich an Dynamik gewonnen, was auch mit dem Wahlkampf in Deutschland zu tun hat. Außerdem sind in Zeiten knapper Kassen alle EU-Mitgliedsstaaten an Mehreinnahmen interessiert. Nach seriösen Schätzungen gehen den 27 EU-Staaten im Jahr eine Billion Euro durch Steuerbetrug und Steuerflucht verloren. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso betonte am Dienstag im Europäischen Parlament, dass dieser Betrag sich beinah auf das Doppelte der Summe aller Haushaltsdefizite 2012 belief.

Im Kampf gegen Steuerhinterziehung sind keine neuen Initiativen vorgesehen,  aber die 27 Staats- und Regierungschefs wollen sich verpflichten, die aktuellen Gesetzesvorhaben zügig voranzutreiben. In dem Entwurf der Abschlusserklärung heißt es, die Verhandlungen mit den Nicht-EU-Ländern Schweiz, Liechtenstein, Monaco und San Marino sollen „so schnell wie möglich beginnen“. Österreich und Luxemburg wollen ihr Bankgeheimnis erst abschaffen, wenn diese Verhandlungen abgeschlossen sind, was der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker auf dem Weg ins Ratsgebäude noch einmal bestätigt hat.

Bei der Steuerflucht von Konzernen tu sich bisher wenig auf EU-Ebene, um legale Schlupflöcher zu schließen. Die EU-Kommission will den Mitgliedsstaaten dazu Empfehlungen an die Hand geben. Bis zum Jahresende ist ein Vorschlag zur Änderung der Mutter-Tochter-Gesellschaften-Richtlinie, der bisher die Steuerbefreiung von Tochterfirmen regelt.

Einstimmigkeit bei Steuerthemen erschwert den Fortschritt

Die Europa-Abgeordneten machen sich dafür stark, die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer zu vereinheitlichen und die Konzerne zu verpflichten, ihre Steuerzahlungen in den EU-Mitgliedsstaaten zu veröffentlichen. Irland und Großbritannien haben sich bisher heftig gegen eine einheitliche Bemessungsgrundlage gewehrt. Grundsätzlich gilt bei Entscheidungen zu Steuerthemen in der EU Einstimmigkeit, was jeglichen Fortschritt erschwert.

Beim Thema Energie steht der Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit bei diesem Gipfel im Mittelpunkt. EU-Kommissionspräsident José Barroso hat am Dienstag betont, dass im vergangenen Jahr Industriegaspreise in Europa vier Mal so hoch waren wie in den USA. „Strom ist für die Industrie in Europa beinahe doppelt so teuer wie in den USA“, betonte Barroso. Auch für Privatkunden sei der Strompreis immer häufiger ein Problem.

Energiepreis stärker im Fokus als Klimaschutz

Der neue Fokus auf den Preis von Energie stellt eine Politikwende dar, denn bisher hatte sich die EU stark der Klimapolitik verschrieben. Allerdings ist noch nicht klar, wie Brüssel den Energiepreis dämpfen will. Die EU-Kommission dringt darauf, dass staatlich verordnete Strompreise, wie sie in 16 Mitgliedsstaaten noch existieren, abgeschafft werden – was kurzfristig den Preis erst einmal in die Höhe schraubt. Die Mitgliedsstaaten werden beim Gipfel an diesem Mittwoch ihr Versprechen bekräftigen, den Energiebinnenmarkt bis Ende 2014 zu vervollständigen. Ein stärkerer Wettbewerb unter den EU-Mitgliedsstaaten, so die Hoffnung der EU-Kommission, soll künftig den Preis drücken. Auch dürften weniger Kraftwerke benötigt werden, wenn jedes Land grundsätzlich auf die Kapazitäten der Nachbarn zugreifen kann.

Allerdings zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Zielmarke Ende 2014 für den  Binnenmarkt verfehlt werden dürfte. Die Mitgliedsstaaten setzen die notwendigen Gesetze nur sehr schleppend um. Ein hoher Beamter bezeichnete den Fortschritt kürzlich als „enttäuschend“. Der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger hat sich in der Vergangenheit immer wieder beklagt, dass viele Mitgliedsstaaten die Energiepolitik zu stark aus dem nationalen Blickwinkel betrachten. Daran wird sich auch nach diesem Gipfel wohl nur kaum etwas ändern.

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