Freitag, 19. April 2024
Startseite / Allgemein / Die Agenda für die nächsten fünf Jahre

Die Agenda für die nächsten fünf Jahre

Was ist jetzt nach der Wahl für Österreich dringend? Was muss, was müsste eine Regierung gerade jetzt, am Beginn einer Legislaturperiode sofort machen, bevor neuer Wahlkampfstress jede Reformmöglichkeit wieder zuschüttet? Wenn die Regierungsparteien, sollen sie in Prölls Namen halt wieder SPÖ und ÖVP heißen, das jetzt zügig angreifen, dann hätten sie sogar eine Chance: Sie würden nicht nur kurzfristig den unvermeidbaren Ärger der Wähler, sondern später auch den dann wohlverdienten Nutzen der Reform kassieren.

[[image1]]Natürlich ist klar, dass diese Liste sehr rasch auf den Widerstand der veränderungsunwilligen Bedenken- und Machtträger stoßen wird. Aber wenn diese nicht begreifen, dass man Vieles ändern muss, um das Wichtige zu bewahren, dann werden sie halt von viel größeren Veränderungen hinweggefegt werden.

Die ToDo-Liste

  1. An der Spitze der Agenda steht zweifellos der Wechsel zu einer echten direkten Demokratie. Wo also die Bürgermehrheit ohne Einschränkungen all das darf, was eine parlamentarische Mehrheit darf. Ein solcher fundamentaler Wandel brächte eine wirkliche Erneuerung des Landes. Nur durch die grundlegende Aufwertung der Bürger wird es möglich sein, von der Vorherrschaft der Versorgungs- in eine der Verantwortungs-Mentalität zu wechseln. Und dafür gäbe es übrigens mit der FPÖ auch die notwendige Verfassungsmehrheit. Durch Einführung der direkten Demokratie könnten Rot und Schwarz auch von den vielen notwendigen Schmerzen ablenken, die sie sonst bestimmten Lobbys bereiten müssen. Gerade das würde klarmachen, dass die neue Regierung kein bloßes Elitenprojekt ist.
  2. Unter all den notwendigen Einsparungs- und Sanierungsmaßnahmen ist zweifellos eine am wichtigsten: eine Anhebung des Pensionsalters. Die ist notwendig zur langfristigen Abwendung eines Staatsbankrotts und zur Wertsicherung der Pensionen (was nur manche Pensionistenvertreter seltsamerweise nicht begreifen wollen). Das betrifft primär, aber keineswegs ausschließlich das Frauenpensionsalter. Es geht um rasche und verbindliche Beschlüsse – auch wenn die dann notfalls erst in der nächsten Legislaturperiode greifen. Mit einem solchen verzögerten Wirkungsbeginn könnte ja die SPÖ auch ihre leichtfertigen Festlegungen aus dem Wahlkampf einhalten. Damit könnten auch die Reformbremser aus dem Verfassungsgerichtshof ausgehebelt werden. Denen ist es ja wichtiger, dass die Menschen schon viele Jahre vorher genau den unverrückbaren Tag des Pensionsantritts wissen, als dass sie sich auch nur eine Sekunde um die Finanzierung des Pensionssystems sorgen würden. Erwartungsschutz für die Lebensplanung nennt sich diese absurde Judikatur, die aber durch eine solche Vorlauffrist jedenfalls ausgehebelt werden kann. Aber selbstverständlich wäre es viel klüger und auch jedem zumutbar, wenn sich ab sofort jährlich das Pensionsantrittsdatum zumindest um drei Monate hinausschiebt.
  3. Drittens muss eine neue Regierung ein feierliches Gelübde ablegen: keine neuen Steuern, keine neuen Sozialleistungen, kein Abgehen vom Budgetplan, solange es ein Defizit gibt, keine neue Belastungen der Wirtschaft durch Abgaben, Quotenregelungen oder sonstige neue Zwänge.
  4. Entscheidend ist auch eine komplette Umstellung der Bildungspolitik: Österreich braucht etwa für die Zehn- bis Vierzehnjährigen nicht nur zwei Schultypen oder gar eine Einheitsschule, sondern viele ganz autonome Schulen, die sich selbst nach dem Bildungsstandard der jeweiligen Schüler, deren Schwerpunkten und Interessen orientieren. Es braucht volle Gleichberechtigung zwischen staatlichen und privaten Schulen (Voucher-System). Es braucht das Recht jeder Schule, jeder Universität, quantitative und qualitative Zugangsregeln zu entwickeln. Der Staat hat sich auf externe Leistungsmessungen für jeden Schüler zu beschränken: zumindest alle vier Jahre und nach klar definierten Standards, die sich aber auch je nach Schulschwerpunkten unterscheiden können.
  5. Ein ganz wichtiges Signal der Reformbereitschaft ist ein Stopp der Bestechungsinserate aus Steuergeld (200 Millionen jedes Jahr!): durch eine Reduktion auf maximal ein Fünftel; und zugleich durch Vergabe von Inseraten nur noch nach den objektivierten Richtlinien einer durch Ausschreibung zu findenden Schaltagentur. Den derzeit von Rot und Schwarz bestochenen, aber strukturell tatsächlich notleidenden Printmedien kann man dadurch helfen, dass man um ein weiteres Fünftel dieses Geldes die streng objektivierte staatliche Presseförderung erhöht.
  6. Und schließlich muss in den nächsten Wochen eine verbindliche Klarlegung der Parameter einer Steuerreform erfolgen, die nach Erreichung des Nulldefizits automatisch wirksam wird. Diese darf sich nicht primär nach einer erhofften Wählermaximierung richten, sondern muss die wichtigsten Leistungsträger motivieren. Das heißt einerseits eine Reduktion des Spitzensteuersatzes (sonst wandern Unternehmer und Spitzenleute immer rascher in Niedrigsteuerländer wie die Schweiz oder die USA aus). Das heißt andererseits ein spürbarer Akzent zugunsten von Familien, insbesondere auch in den mittleren und höheren Einkommensschichten (sonst wird der Geburtenstreik so vieler akademisch gebildeter Mütter immer katastrophaler für die Zukunft des Landes).

Natürlich bräuchte es zu einer erfolgreichen Reform noch hunderte anderer Punkte. Diese reichen von einer massiven Deregulierung und Privatisierung über eine drastische Beschneidung der zahllosen Subventionsprogramme bis zu einer echten Föderalismusreform, bei der die Bundesländer künftig auch jeden Euro, den sie ausgeben, zuerst einnehmen und vor den Wählern verantworten müssen.

Aber die hier aufgezählten sind zweifellos die sechs zentralen und wichtigsten Aufgaben für das Projekt Österreich Neu“. Nur mit ihner Verwirklichung kann man die sachlichen Herausforderungen meistern und zugleich auch den Menschen glaubhaft machen, dass in Österreich künftig wirklich wieder Politik gemacht wird. Und dass die Politikeraussagen „So nicht mehr“ ernst gemeint und nicht bloßes Gerede zur Tarnung einer Wahlniederlage sind.

Wenn sich SPÖ und ÖVP nicht auf mindestens fünf dieser Punkte einigen können, dann macht es überhaupt keinen Sinn, dass sie es mit ihrer Gerade-noch-Mehrheit noch einmal versuchen.

Ein Pakt mit der Opposition

Dort aber, wo es Verfassungsmehrheiten braucht, müssten auch die Oppositionsparteien einen Offenbarungseid ablegen: Sind sie nur substanzlose Proteststimmen-Akkumulierer? Oder sind sie auch imstande, mehr Verantwortung zu tragen? Auch das würden die Österreicher gerne wissen. Das sollte auch schon vorweg parallel zum Koalitionspakt in einem großen Zusammenarbeitsvertrag zwischen der Regierung und der Opposition – oder Teilen davon – auf wirklich gleicher Augenhöhe vereinbart werden.

In den nächsten Wochen sollte es jedenfalls nur um eines gehen: um Sachfragen. Die in den Parteien jetzt so beliebten Koalitionsrechnereien oder gar Personalfragen dürfen erst hinterher Thema werden. Erst dann sollte geprüft werden, in welcher Konstellation das Gesamtprojekt am besten umgesetzt werden kann.

Am gefährlichsten wäre jedenfalls ein rot-schwarzer Glaube, abgesehen von ein bisschen Veränderungs-Rhetorik so weitermachen zu können wie bisher, halt mit zwei Ministern weniger und ohne die total isolierte Claudia Schmied. Das kann es ganz sicher nicht sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Sie auch interessieren

Hellas, Euro, Flüchtlinge: Soll Österreich zur EFTA zurück?

Europa ist zu schnell gewachsen, der Euro wurde zu früh und falsch eingeführt, die Völkerwanderung paralysiert den Kontinent. Kann die Wiederbelebung der EFTA den Karren aus dem Dreck ziehen?