Samstag, 20. April 2024
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Der Wählerwille verlangt nach einem Kurswechsel

Seit 34 Jahren gibt es in Österreich eine bürgerliche Mehrheit, allerdings wurde das Land 28 Jahre von einem sozialdemokratischen Bundeskanzler regiert. Die Politik trug damit dem Wählerwillen jedenfalls nicht Rechnung.

Zur Jahreswende begann SPÖ-Vorsitzender Christian Kern mit der Umwerbung von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Er wollte die seit der Ära Vranitzky bestehende Parteidoktrin, kein Bündnis mit der FPÖ einzugehen, auflösen, um einen neuen Regierungspartner zur Hand zu haben. Gleichzeitig signalisierte er damit der damals in den Umfragen nur auf dem dritten Platz liegenden ÖVP, nach den nächsten Wahlen auf sie nicht mehr als Koalitionspartner angewiesen zu sein. Nach dem Umsturz an der Spitze der Volkspartei und der öffentlichen Meinung, die die Kurz-Bewegung zur Nummer 1 machte, hört man aus der SPÖ schon wieder andere Töne. Das gilt insbesondere für Wien, wo man nach einer Wahlniederlage nicht gleich Kerns Nachfolger stellen, sondern mit der ÖVP weiterreden will. Diesem Lockruf gilt es zu widerstehen, um das umzusetzen, was mit den Stimmzetteln seit 34 Jahren zum Ausdruck gebracht wird.

Ein bedenklicher Kanzleranspruch

Allein der Gedanke, von den Schalthebeln der Macht verdrängt zu werden, schmerzt. Geradezu entlarvend ist dazu die Wortmeldung des Kärntner Landeshauptmannes Peter Kaiser. Er macht dafür, dass die SPÖ in den letzten Monaten die Themenführerschaft verlor, ein „Medienkartell“ verantwortlich, das die Meinung vertritt, das „kein SPÖler mehr Kanzler werden darf“. Genau genommen meint Kaiser damit, dass das Land nur dann richtig geführt ist, wenn ein SPÖ-Kanzler an der Spitze der Regierung steht. Ein zumindest eigenartiges Demokratieverständnis. 

Juniorpartner als Steigbügelhalter

1983 gelang es, die mehr als 12 Jahre währende und von Bruno Kreisky gehaltene absolute Mehrheit zu brechen. Das Bundeskanzleramt blieb aber mit Fred Sinowatz in SPÖ-Hand, weil die FPÖ (damals unter Norbert Steger) den Steigbügelhalter spielte. 1987 konnte dann die ÖVP mit Alois Mock von der Oppositions- auf die Regierungsbank wechseln. Der große Erfolg blieb ihr aber versagt, weil ÖVP-Wirtschaftskreise schon vor der Wahl hinausposaunten, dass die Rückkehr ohnedies schon fix sei und damit viele zum Wechseln bereite Wähler vor den Kopf stieß. Trotz der rasanten Zunahme der Wechselwähler, den schweren Stimmenverlusten der beiden Großparteien, die zu Mittelparteien mutierten, blieb Österreich politisch mehrheitlich bürgerlich gesinnt. Aber nur sechs Jahre, unter Wolfgang Schüssel von 2000 bis 2006, zeichnete sich die Regierungspolitik durch eine ÖVP-Handschrift aus. Und tatsächlich wurden in dieser Zeit viele längst nötige Reformen durchgeführt. Leider wurde so manches von den darauffolgenden SPÖ-Regierungschefs wieder retuschiert. Und von der ÖVP, die nur noch den Juniorpartner spielen durfte, auch noch mitgetragen.

Sozialsektor drückt auf die Budgetlast

Dass Österreich nicht mehr an der Spitze der EU-Daten steht, sondern auf ein Mittelmaß abgerutscht ist, verdankt sie der Politik einer Koalitionsregierung, in der die SPÖ primär das Sagen hatte. Viele Reformen, die in einem eigens installierten und vom Sparmeister der Nation (Franz Fiedler) geleiteten Österreich-Konvent 2006 aufgelistet wurden, hatten keine Chance mehr in Angriff genommen zu werden. Allein, dass Österreich zu den Höchststeuerländern zählt, ist die Folge einer sozialistisch dominierten Politik. Das zeigt sich ganz deutlich daran, dass bei dem so wichtigen Sozialsektor, der zu einer Budgethauptlast geworden ist, einfach nichts in Bewegung kommt. Wie etwa die Diskussion um die Reduzierung bzw. Deckelung der Mindestsicherung bei jenen zeigt, die als Asylanten ins Land gekommen sind, voll von den Sozialtöpfen partizipieren, für diese aber noch nichts beigesteuert haben.

Statt Reformen zu setzen, sichert man Pfründe

Als in den 1950er Jahren das heutige Sozialversicherungssystem eingeführt wurde, betrug die Differenz zwischen Pensionsantritt und Lebenserwartung gerade mal sieben Jahre. Heute sind es 22 Jahre. Dennoch wird jeder Versuch, das Pensionsalter zu erhöhen, von der SPÖ brüsk abgelehnt. Auch gegen eine Zusammenlegung der zig Sozial- und Pensionsversicherungen wehrt man sich, weil man die eigenen Pfründe, von den ÖBB bis zur Gemeinde Wien, nicht angetastet haben will. In dieser Situation gehört es dann schon zu den Eigentümlichkeiten der Sozialpartnerschaft, dass deren ÖVP-Vertreter sich auch noch über den Tisch ziehen lassen, der Einführung eines 1.500-Euro-Mindestlohns zuzustimmen, aber es sich gefallen lassen, dass es zu keiner Ausnahmereglung für den 12-Stunden-Arbeitstag kommt.

Bevormundungsstaat und Bürokratie-Moloch

Zu den besonderen sozialdemokratischen Charakteristika gehört der Bevormundungsstaat, die Aufblähung der Bürokratie. Daraus resultiert unter anderem der Zwang zur Ganztagsschule und noch mehr zur Gesamtschule. Während in vielen europäischen Staaten die so genannten Start Ups für junge, unternehmerische Menschen, große Anziehungskraft ausüben, sind sie in Österreich mit vielen unnötigen Auflagen behaftet. Während etwa in den Niederlanden nur ein minimaler Kapiteleinsatz notwendig ist, die Start Up Gesellschaft binnen weniger Tage ihre Arbeit aufnehmen kann, bedarf es in Österreich eines nicht unbeträchtlichen Kapitaleinsatzes und einer Wartezeit von bis zu drei Monaten, ehe man starten darf. Dafür darf man sich dann auch noch mit hohen Lohnebenkosten herumschlagen.

„Wir haben die Genossen lange genug genossen“

In allen Umfragen kommt 2017 wie schon 1986 der Wille des Wählers nach einem Kurswechsel, einer anderen Art von Politik zum Ausdruck. Die Volkspartei aber auch die FPÖ täten gut daran, diesen Wählerwillen zu respektieren. Eine der großen politischen Köpfe der CDU, Kurt Biedenkopf, hat einmal den Sager geprägt: „Wir haben die Genossen lange genug genossen“. Das gilt erst recht für Österreich, das seit 57 Jahren mit bloß sechs Jahren Unterbrechung sozialistisch regiert wird, was sich letztlich auch in den Rahmenbedingungen dieses Staates niederschlägt. Und das, obwohl seit bald drei Jahrzehnten, die Parteien von Mitte bis Rechts die Mehrheit stellen. Dem gilt es nach dem 15. Oktober endlich Rechnung zu tragen, ist die Quintessenz des aus den Umfragen erkenntlichen Wählertrends.

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