Freitag, 29. März 2024
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Haben Wahlen mit Logik zu tun?

Wenn man den Meinungsumfragen Glauben schenkt – was man bekanntlich niemals tun sollte -, dann steht Sebastian Kurz als nächster Bundeskanzler praktisch fest. Mitte Mai hat er die mittlerweile türkise Volkspartei von Rang drei aus an die Spitze katapultiert. In geradezu gespenstischer Einigkeit prophezeien ihm die Institute IFES, Spectra, Market, OGM, Research Affairs und Hajek seither sensationelle 30 bis 34 Prozent der Stimmen. Der demnächst erst 31-jährige Polit-Wunderknabe würde am 15. Oktober sowohl die Roten als auch die Blauen, die sich laut Meinungsforschern um Platz zwei duellieren werden müssen, klar deklassieren.

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, bis April noch Favorit der Meinungsforscher, wurden in den vergangenen Wochen im Schnitt nur noch 26 Prozent zugetraut. Kanzler Christian Kern wiederum musste mitansehen, wie seine SPÖ zwischen katastrophalen 21 und akzeptablen 31 Prozent hin und her gependelt ist – wobei ihr der Höchstwert und damit Rang Zwei in einer von der „Kronen Zeitung“ in Auftrag gegebenen Umfrage vom 10. Juli bescheinigt wurde. Als große Unbekannte sind diesmal auch die offenbar lebensmüden Grünen zu betrachten, die nach dem Rücktritt von Eva Glawischnig und der Demontage von Peter Pilz total abzusandeln scheinen: Falls Pilz mit einer eigenen Liste antritt, wären die sechs bis zehn Prozent, auf die Ulrike Lunacek derzeit noch hoffen kann, ziemlich illusorisch. Es ist sogar nicht auszuschließen, dass die Liste Pilz besser als die Grünen abschneiden würde.

Die übrigen Parteien schließlich werden nicht viel zu lachen haben: Die NEOS etwa müssen sich auf eine Zitterpartie gefasst machen, weil aus den vorausgesagten sieben Prozent, die vor zwei Monaten noch drinnen zu sein schienen, trotz des Engagements von Irmgard Griss, deren beste Zeit freilich schon vorbei sein dürfte, nur noch vier wurden. Das Team Stronach, das in den Umfragen zwischen null und zwei Prozent dahin grundelt, wird ohnedies nicht mehr antreten. So wie’s aussieht, könnte sein Klubchef Robert Lugar von der FPÖ volley übernommen werden. Der ehemalige Salzburger FPÖ-Landeschef Karl Schnell indes möchte nach seinem Parteiausschluss mit der neugegründeten „Freien Partei Österreich“ sein Glück versuchen. Für den Spaßfaktor wird am Wahltag jedenfalls der Kabarettist Roland Düringer sorgen: Er sammelt bereits fleißig Spenden, um mit der Partei G!ILT antreten zu können, die sich als „Faust im Gesicht der politischen Bequemlichkeit“ definiert und im Übrigen die Überzeugung vertritt: „Unser politisches System ist für’n Oasch“.

Türkis-Blau kommt in Mode

Sollte es also am 15. Oktober bei der spannendsten Nationalratswahl seit langem so kommen, wie es sich abzeichnet, dann…ja dann bliebe logischer Weise lediglich eine Option offen – sofern Politik überhaupt etwas mit Logik zu tun haben kann: Der strahlende Wahlsieger Sebastian Kurz, endgültig zum rot-weiß-roten Macron geworden, würde sich mangels Alternative mit dem blauen Langzeit-Parteichef Strache zusammentun und wahrscheinlich relativ zügig eine türkis-blaue Koalitionsregierung auf die Beine stellen. Als Wählerin oder Wähler kann man das mögen oder auch nicht – es wird uns jedenfalls nichts erspart bleiben.

Die Roten werden notgedrungen ziemlich rasch in die Oppositionsrolle abtauchen, wobei fraglich ist, ob ein schwer enttäuschter Christian Kern mitgehen oder lieber wieder in die Wirtschaft zurückkehren wird. Die Grünen werden ebenfalls trauern, weil sie von Peter Pilz stimmen- und mandatsmäßig sozusagen halbiert worden sind, doch der dürfte höchstwahrscheinlich jubeln, weil er seinen Platz im Hohen Haus gesichert hat. Auch Matthias Strolz wird vermutlich ziemlich froh sein, dass die NEOS nicht aus dem Parlament geflogen sind, wobei die künftige Rolle von Frau Griss ebenso in den Sternen stehen wird wie die Sinnhaftigkeit ihres Fixmandats.

Tja, so ungefähr könnten am 15. Oktober die Weichen in Österreich gestellt werden. Falls Ihnen, verehrte Leserin, geschätzter Leser, diese Zukunftsperspektiven leider so überhaupt nicht gefallen, haben wir selbstverständlich einen letztlich gar nicht so schwachen Trost für Sie parat: Es könnte ja alles – da Politik oft gar nichts mit Logik zu tun hat – durchaus ganz anders kommen…WIE, das besprechen wir am besten dann, wenn der Wahlkampf bereits auf Hochtouren läuft und sich die Performance von Kurz, Kern & Co. schon besser einschätzen lässt. Bis dahin wünschen wir Ihnen einen schönen, geruhsamen, entspannten Sommer – ohne das gewohnte innenpolitische Hickhack…

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