Donnerstag, 28. März 2024
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Gewitterwolken über den Steueroasen

Während die Wachstumsraten in der EU gerade mal an der Wahrnehmungsgrenze kratzen, herrscht in den Steueroasen fernab der heimischen Bankenszene Hochkonjunktur. 15 – 16 % Zuwachs pro Jahr sprechen für solide Rahmenbedingungen. Der Boom basiert auf  kommerziellen Steuervermeidungsmodellen und gewagten Offshore-Konzeptionen.

[[image1]]Finanzkrise versus Steueroasen. Während die Staatshaushalte tiefrote Zahlen liefern und Millionen Menschen nicht mehr wissen, wo sie das Geld für die laufenden Ausgaben hernehmen könnten,  hat eine kleine Elite der Menschheit gänzlich andere Sorgen. Besagte Gruppe, nämlich genau 0,14 % der Weltbevölkerung, hat tagein, tagaus nichts anderes zu tun, als das Geld gut zu verstecken. Es darf nirgends aufscheinen, um nur ja nicht mit dem Gesetz in Berührung zu kommen. Die übrigens ziemlich zurückhaltenden Schätzungen ergeben ein weltweites Schattenbudget von über 25 Billionen Euro, das sind ziemlich viele Nullen nach der eigentlichen Summe. Alleine die globalen Top 50 aus dem Privatsektor bewegen rund 7,5 Billionen, ohne dass diese jemals irgendwo aufscheinen, so die Worte von James S. Henry, Autor der „Price of Offshore Revisited“ – Studie des Tax Justice Networks. Private Banking boomt, genau jene international tätigen Institute, die an der Spitze mitmischen, wurden nach der Krise 2008 mit großzügigen staatlichen Finanzhilfen bedacht.

Offshore: Die Digitalisierung der Werte

Private Banking gilt als beliebte Spielwiese für Betuchte. Werte der realen Welt werden virtuell verschoben, dahinter stecken findige Spezialisten. Offshore bezieht sich dabei auf teils nur temporäre, grenzüberschreitende Netzwerke juristischer oder halbjuristischer Konstruktionen mit potenter Zielgruppe. Ölmagnaten und Immobilienhaie gehören ebenso dazu wie Präsidenten und namhafte Dynastien und Familienclans, wobei vielfach sogar das das nationale Tafelsilber hinter schnöden Zahlenspielen verborgen bleibt. Die komplexen Strukturen sind geeignet, Werte und Luxusgüter ziemlich undurchsichtig und damit unantastbar für die Masse abseits des legalen Mainstreams zu parken.      

Lukrativ: Boomende Netzwerke

Hinter den besagten Beträgen sprich Investitionen steckt ein professionell agierendes Netzwerk übrigens ziemlich privater Banken und Investmenthäuser. Shells und Trusts sowie alle nur erdenklichen Konstruktionen bewegen wahnwitzige Summen zu teils abartigen Gewinnen, und niemand will davon wissen. Doch ganz ohne Großbanken kann das System nicht funktionieren. Transparenz gewinnt eine gänzlich neue Dimension, die besagten Summen sind unsichtbar und können nur geschätzt werden. Nur ein verschwindend geringer Anteil der verschobenen Beträge wird  gesetzeskonform behandelt, Finanz und Steuer werden mit Peanuts bedient. Schwarzanleger ebenso wie politische Dynastien tummeln sich um steuerbegünstigte Inselketten und sonstigen Steueroasen, zu denen übrigens auch die Schweiz gehört. Dazu kommen noch reelle Werte wie Immobilien, Gold und andere Luxusgüter, die aufgrund der komplexen Konstrukte keine nationale Zugehörigkeit erfahren. Die Schätzungen von IWF und Co. Sind nicht immer die besten, wodurch die Dimension der Konstrukte nur erahnt werden kann. Viele Kapitalströme bleiben gänzlich unentdeckt. 

Schattenbanken fischen im Trüben

Drogengelder, Schwarzgelder und sonstige vorzugsweise anonym gehalten Beträge erweisen sich für Anleger und Banken als profitables Geschäft. Das globale Netzwerk aus branchenspezifischen Beratern, Anwälten und Finanzdienstleistern setzt  auf höchste Diskretion. Wenn jedoch einige Millionen Euro philippinischer und zugleich ziemlich privater Herkunft wie aus dem Nichts auftauchen ist davon auszugehen, dass noch ganz andere Gelder in Umlauf gehalten werden, hinter dem Offshore-Business steckt System. Bermuda und Caymans sind gut im Geschäft, UK und USA tummeln sich in der Spitzenliga des Netzwerks. Kreative Steuerminimierungsmodelle haben Hochkonjunktur. Bedenklich ist, dass vielfach auch offizielle Positionen von den Machenschaften betroffen sind, so Henrys Ausführungen. Die Spuren reichen über Saudi-Arabien und Kuweit bis Ungarn und Korea, HongKong und Singapur. Irgendwo müssen ja auch die Gelder aus Zypern untergetaucht sein, so die logische Schlussfolgerung.

Kampf der Steuerhinterziehung

Mittlerweile kämpfen Justiz- und Steuerbehörden gegen kommerzielle Steuerhinterziehung und Schattenwirtschaft, die EU ist bemüht, die Banken, die vielfach außer Kontrolle geraten sind, an die Leine zu nehmen. Korruption ist ein weiteres Problem, doch was bietet sich eher an als anonyme und unsichtbare Gelder und Werte nicht mindern anonym einem ebenfalls ziemlich unbekannten Anonymus zuteil werden zu lassen. G-20 und OECD stehen einem Informationsaustausch positiv gegenüber, die Kommission setzt auf strengere Bekämpfung von Geldwäsche. Härtere Gesetz sollen Transaktionen nachvollziehbar machen und dunkle Machenschaften ans Licht bringen, wobei damit zu rechnen ist, das gerade auch ältere Sünden zutage treten. Selbst die um das Bankgeheimnis stets sehr bemühte Schweiz ist mittlerweile angehalten, die Karten auf den Tisch zu legen, hinter endlos langen Ziffern stehen üblicherweise Namen, welche nicht nur für das TJN von großem Interesse sein dürften. Es ist mit nachhaltigem Druck auf die einzelnen Regierungen zu rechnen, um die Übeltäter zu eruieren. Es kann schließlich nicht sein, dass die ohnehin gerupfte Mittelklasse für die Finanzspielchen einer kleinen Elite herhalten muss, während Reich und Schön fröhliche Urständ‘ feiern.

 

Bild: Michael Staudinger / pixelio.de/ © www.pixelio.de

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