Dienstag, 19. März 2024
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Frankreich: Merci, Monsieur Macron…

Das Schlimmste ist gottlob nicht passiert:  Hätte Front National-Chefin Marine Le Pen am Sonntag den ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahlen vor dem Marxisten Jean-Luc Mélenchon  gewonnen, wäre das für die Grande Nation ein eben so großes Fiasko  gewesen wie für die Europäische Union ein. Die ultra-rechte Nationalistin und ihr ultra-linkes Pendant hätten nämlich unisono den Austritt Frankreichs aus der EU und dem Euro auf die Tagesordnung gesetzt.

Der 39jährige Sunny-Boy Emmanuel Macron  hat dem Land und ganz Europa jedenfalls einen politischen Super-GAU erspart. Das am 7. Mai fällige Duell gegen die  hinter ihm platzierte Ausländer-Hasserin Le Pen ist freilich immer noch alles andere als ein Glücksfall – auch wenn die französischen Meinungsforscher dem Newcomer einen klaren Sieg prophezeien.  So erfreulich es wäre,  wenn der deklarierte Pro-Europäer der  radikalen Rechtspopulisten  eine schwere Schlappe zufügen könnte, so riskant scheint auch die Wahl Macrons zum nächsten französischen Präsidenten zu sein.

Für den einstigen Investmentbanker, der 2012 noch Partner bei Rothschild  & Cie. gewesen ist, spricht vor allem sein Alter –  er wäre der mit Abstand jüngste Präsident im  Elysée-Palast. Weiters kann er punkten, weil er etwa im Vergleich mit dem um 23 Jahre älteren konservativen Kandidaten Francois Fillon, der  bereits eine Ewigkeit Minister und Premier gewesen ist, für frischen Wind steht, ebenso unverbraucht wie dynamisch wirkt und eine Art Quereinsteiger ist. Als solcher kann er auch ohne großartige Polit-Erfahrung zumindest den Eindruck erwecken, dass er mehr weiterbringen wird als Francois Hollande oder zuvor Nicolas Sarkozy. Macron  hat naturgemäß davon profitiert, dass sich zum einen der Republikaner Fillon mit der hinlänglich bekannten Korruptionsaffäre selbst ins Out bugsiert hatte und zum andern die zerstrittenen Sozialisten mit Benoit Hamon erwartungsgemäß untergegangen sind.

Ein Präsident ohne Partei?

Monsieur Macron, der sich im Wahlkampf als aalglatter Linksliberaler und überzeugter EU-Befürworter präsentiert hat, möchte  das für die Probleme  Frankreichs  verantwortliche „System“ ändern – auch wenn er die letzten Jahren selbst dazu gehört hatte, unter anderem als sozialistischer Wirtschaftsminister auf Zeit. Mitte des Vorjahres sagte er sich jedoch von seinem Förderer Francois Hollande los, was ihm die Sozialisten ziemlich  übel nahmen. Macron stützt sich seither  auf die von ihm gegründete Bewegung „En marche!“, mimt den unabhängigen Parteilosen und setzt auf ein Wahlprogramm, das ganz und gar nicht sensationell ist, sondern  viele Fragen offen lässt bzw. erst aufwirft. Unklar ist beispielsweise, wie der versprochene neue wirtschaftspolitische Kurs konkret aussehen könnte, wie er die Konsolidierung des Haushalts schaffen kann, was er  gegen die hohe Arbeitslosigkeit unternehmen wird, welche Impulse er  nach Brüssel aussenden wird – und…und…und…

Macron hat sich bequemer Weise in der politischen Mitte platziert und muss für den zweiten Wahlgang inständig auf Unterstützung von Rechts und Links hoffen – also von den konservativen Republikanern, die alles tun werden, um Le Pen  zu verhindern, sowie von den Sozialisten, die nach Hollande’s Rückzug gewiss noch lange ihre Wunden lecken  und an Strahlkraft verlieren werden. Die Unterstützung wird der recht unkonventionelle Hoffnungsträger auch dringend benötigen. Sein Manko besteht nämlich darin, dass er  zwar viele Unterstützer hinter sich hat, aber keine „richtige“ Partei, sondern eben  bloß eine Bewegung ohne die erforderlichen landesweiten Strukturen. Wie dieses Konstrukt bei den bereits am 11. und 18. Juni am Programm stehenden Parlamentswahlen ankommen wird, wenn in zwei Etappen die insgesamt 577 Sitze in der Nationalversammlung vergeben werden, wird sich weisen. Das gängige Mehrheitswahlrecht sorgt jedenfalls für extreme Spannung. Beim letzten Mal, 2012, verwandelten die Sozialisten ihren Stimmenanteil von 29,3 Prozent  im ersten Wahlgang im zweiten immerhin in 48,5 Prozent der Mandate. Marine Le Pens Front National indes hatte in Durchgang Eins noch 13,6 Prozent der Stimmen geschafft, letztlich aber nur zwei Sitze erreicht, was einem Anteil von 0,35 Prozent entsprach.

Auch wenn Macron aller Voraussicht nach nicht der Wunderwuzzi sein dürfte, den sich viele Franzosen erhoffen, ist ihm zu wünschen, dass er – vorausgesetzt, dass  er im Mai tatsächlich gewinnt – beim darauf folgenden Wahl-Lotto im Juni das Glück auf seiner Seite hat. Schließlich wäre er der  erste französische Wahlsieger, der nicht  einem klassischen Polit-Lager angehört – und ein Präsident ohne Rückhalt in der Nationalversammlung hätte vom Start weg als  „lahme Ente“ nur sehr geringe Chancen, einen vernünftigen Job zu machen. Die Latte liegt mit Sicherheit hoch, denn von Emmanuel Macron erwarten sich viele etwas, was beim Kampf gegen die zahlreichen Probleme des Landes zwar nicht sehr realistisch, aber enorm hilfreich wäre: eine französische Revolution…

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