Dienstag, 19. März 2024
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FACC: Innovationen aus Oberösterreich machen Flugzeuge leichter

1989 als Gemeinschaftsunternehmen des Skiherstellers Fischer und der Salinen AG gegründet, zählt der Innviertler Flugzeugzulieferer FACC heute mit seinen Innovationen im Bereich Kunststoffleichtbau zum gefragten Partner in der internationalen Luftfahrindustrie.

[[image1]]Wesentlich zum Aufstieg des Unternehmens mit Sitz im oberösterreichischen Ried in die „Champions League“ beigetragen hat der im Jahr 2009 vollzogene Einstieg des finanzstarken chinesischen Luftfahrtkonzerns AVIC (Aviation Industry Corporation of China), der 91,25 Prozent der Firmenanteile hält. Erzielte damals der heimische Flugzeugzulieferer, der nahezu 100 Prozent der von ihm entwickelten und produzierten Kunststoffleichtbauteile exportiert, mit 1580 Mitarbeitern einen Umsatz von 264 Millionen Euro, waren es im Geschäftsjahr 2012/13 bereits 434 Millionen Euro. Die Zahl der Beschäftigten stieg seither auf 2420. Davon arbeiten in den vier oberösterreichischen Werken Ried (Aerostructures), Ort 1 (Interiors), Ort 2 (Aerostructures) und Reichersberg (Engine & Nacelles) 2270 Personen. Das operative Ergebnis kletterte gegenüber dem Jahr zuvor um knapp die Hälfte auf 35,7 Millionen Euro. Für Vorstandschef Walter Stephan (siehe untenstehendes Interview) erfüllt FACC mittlerweile für seine Kunden die wichtige Funktion einen Brückenkopfes in den wachsenden chinesischen Markt.

Technologie für die Flugzeuge von morgen

Der Innviertler Flugzeugzulieferer, der kürzlich vom Verkehrsministerium als erstes heimisches Unternehmen für seine hohen Marktanteile, seine großen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie seine hohe Exportquote als „Frontrunner“ ausgezeichnet wurde, erforscht innovative Anwendungsmöglichkeiten von Faserverbundwerkstoffen (Composites. Ziel ist es, das Gewicht der Flugzeuge zu reduzieren. Dadurch steigt die Wirtschaftlichkeit und die Umweltbelastung verringert sich. Während der Composite-Anteil bei älteren Flugzeugmodellen bis zu 15 Prozent beträgt, ist er beim Airbus 380 und bei der Boeing 787 sowie beim Aribus 350XWB auf 50 Prozent gestiegen.

Die Produktpallette von FACC reicht von Strukturbauteilen und –systemen an Rumpf und Leitwerk über Treibwerksverkleidungen bis hin zu kompletten Innenausstattungen von zivilen Verkehrsflugzeugen, Business Jets und Hubschraubern. Das Unternehmen ist als Partner für Design, Entwicklung und Fertigung sowohl in etablierte Flugzeugfamilien wie Airbus 320 oder Boeing 737, als auch in bedeutende Entwicklungen der letzten Jahre wie Airbus 380 oder Boeing 787 eingebunden. Mit der Beteiligung an der Bombardier CSeries konnte FACC zudem die Zusammenarbeit mit dem kanadischen Flugzeughersteller ausweiten. Und die Mitarbeit am chinesischen Flugzeugprogramm COMAC C919 sowie dem russischen Programmen SSJ100 und MA-21 ermöglichten den Oberösterreichern den Einstieg in zwei weitere aufstrebende Luftfahrtmärkte.

Zeichen stehen auf Wachstum

Um die erwartete Steigerung der Produktion bei den Großkunden Airbus und Boeing bewältigen zu können, setzt FACC auf die Automatisierung von Fertigungsschritten. Zudem erfolgt eine wichtige Maßnahme in Richtung Fortschritt: Das Unternehmen, dass in den nächsten Jahren eine jährliche Wachstumsrate von 20 Prozent anpeilt, errichtet in St. Martin im Innkreis ein Technologiezentrum, das Design, Entwicklung und Konstruktion bündeln wird. Geplant ist weiters die Anschaffung einer neuartigen Anlage zur Belastungsprüfung von Prototypen.

Welchen Stellenwert hat bei FACC Forschung und Entwicklung, welcher Anteil vom Umsatz wird für diesen Bereich aufgebracht?

FACC-Vorstandschef Walter StephanDie Forschung und Entwicklung hat einen sehr hohen Stellenwert, der bei über zehn Prozent vom Umsatz liegt. In Zeiten der Krise in der Luftfahrtindustrie hat der Wert sogar überproportional zugenommen. So hat die FACC AG im Zeitraum um 2010, der durch Verspätungen bei den A380 und 787 gekennzeichnet war, einige seiner Werksanlagen für die Forschung und Entwicklungsaufgaben eingesetzt. So wurde 2010 ein Flügel für ein 150-sitziges Flugzeug aus Faserverbundwerkstoff in einem komplett neuartigen Verfahren außerhalb des Autoklaven hergestellt.

Ist es schwierig, in Oberösterreich geeignetes Personal für F&E zu finden?

Die FACC AG investiert viel in die Ausbildung der Mitarbeiter. Diese Investition beginnt beim Engagement an Schulen und Universitäten. So war die FACC AG ein Unternehmen, das sich sehr für die Schaffung einer HTL am Standort Ried stark gemacht hat und den Auszubildenden dort auch die Möglichkeit gibt, im Unternehmen die Praxis neben der theoretischen Ausbildung in der Schule zu machen. Die FACC AG rekrutiert zudem auch international. Spanien war ein Thema des letzten Jahres, wobei diese Anstrengungen werden auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Man muss allerdings sagen, dass wir beim F&E-Personal auch Rückschläge erlitten haben und Personal an akademische Ausbildungsstätten, wie zum Beispiel ausländische Universitäten verloren haben.

Der Anteil von Faserverbundwerkstoffen bei neuen Flugzeugmodellen beträgt bereits bis zu 50 Prozent. Sind hier noch weitere Steigerungen möglich, um die Flugzeuge leichter zu machen?

Steigerungen des Faserverbundanteils sind möglich. Militärische Anwendungen, insbesondere Kampfjets beweisen, dass die Performance mit dem Einsatz von Faserverbundwerkstoffen noch steigerungsfähig ist. Die Norm sind dort schon heute zumindest 70 Prozent. Der Einsatz im zivilen Flugzeugbau ist allerdings aufgrund der Kostensituation in Zusammenhang mit der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen einer starken Zyklizität unterworfen.  Die 787 und die A350 XWB stellen hier sicherlich die Spitze für die kommenden Jahre dar.
Der Einsatz von Faserverbundwerkstoffen in der Automobilindustrie, wo BMW mit dem I3 eine technologische Vorreiterfunktion einnimmt, wird allerdings auch den Einsatz in der Zivilluftfahrt vorantreiben.

Hat sich der Einstieg des chinesischen Luftfahrtkonzern AVIC bei FACC rückblickend als richtig erwiesen? Welche Vorteile bietet ein starker Eigentümer?

Die FACC AG agiert auch heute noch als unabhängiges Unternehmen, das österreichischen Gesetzen unterworfen ist und dessen Aktien im Besitz eines chinesischen Shareholders sind.
FACC AG ist der Brückenkopf unserer westlichen Kunden nach China. China ist für alle unsere westlichen Kunden ein wichtiger Markt, indem zumindest 20 Prozent des Flugzeugvolumens geliefert werden und der auch hohe Anforderungen an den chinesischen Inhalt der Flugzeuge stellt. FACC AG liefert solchen chinesischen Inhalt, der in Österreich entwickelt und zur Serienreife gebracht wird. Wie man im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Geschäft gesehen hat, sind österreichische Arbeitsplätze, die durch Gegengeschäfte geschaffen werden, offensichtlich nicht im Sinne einzelner. Das ist auf der ganzen Welt außerhalb Österreichs anders. Die FACC AG ist aber nicht nur Brückenkopf in China, sondern auch in anderen Regionen mit großem Verkehrswachstum und damit hohen Bedarf an neuem Fluggerät tätig.

Findet das Wachstum in der Luftfahrbranche derzeit vor allem in China und Russland statt? Wie stellt sich FACC darauf ein?

Die Regionen mit dem größtem Wachstum im Verkehrsaufkommen sind die BRIC Nationen (Brasilien – stellvertretend für Südamerika-, Russland, Indien und China), nicht zu vergessen ist aber der Mittlere Osten, der mittlerweile als Drehscheibe zwischen Europa und Nordamerika mit dem Fernen Osten fungiert und prozentuell die höchsten Wachstumszahlen aufweist.

Wird die Mitarbeiterzahl des Unternehmens  weiterhin so stark wachsen?

Die FACC AG entwickelt Ihre Mitarbeiter nicht zur mengenmäßig weiter, sondern vor allem auch in Ihrer Qualifikation am Arbeitsmarkt. Automatisierung ist angesagt, um wettbewerbsfähig mit jenen Nationen zu bleiben, die hohe Gegengeschäftsverpflichtungen haben. Fälschlicherweise werden diese auch oft als Low Cost Countries ausgewiesen, komplexere Produkte ersetzen simple Produkte. Wir planen auch in den kommenden Jahren die Standorte in Österreich von der Mitarbeiterzahl her zu erweitern. 2800 Personen sind ein realistischer Horizont für die kommenden Jahre.

Falls ein neues Werk notwendig werden sollte, dürfte dieses dann in Oberösterreich oder in China realisiert werden?

Eine Lösung schließt das andere nicht aus. Wir werden „Low Cost facilities“ in China, Russland, Indien vorantreiben, in denen einfache Produkte gefertigt werden. Österreichische neue Werke befassen sich mit komplexen Bauteilen und einem hohen Engineeringanteil.

Sind Ihrer Einschätzung nach die Probleme beim Boeing Dreamliner beseitigt?

Die Probleme beim Dreamliner sind Vergangenheit. Das Flugzeug bietet deutlich Performancevorteile gegenüber der Ist-Situation. Eines ist allerdings nicht mehr wieder gutzumachen: Das ist die Tatsache, dass der technische Vorsprung nur eine kurze Zeitspanne hält, solange bis die A350 XWB auf dem Markt kommt, die einen ähnlichen Technologiesprung anbietet.

Inwieweit haben die Finanz- und Schuldenkrise in der EU und damit zusammenhängend Schwankungen des Euro-Kurses die Geschäftstätigkeit von FACC in den letzten Jahren beeinflusst?

Unser Geschäft ist ein US-Dollar-Geschäft und daran wird sich auch in den kommenden Jahren nichts ändern. Das kann auch dazu führen, dass sich die FACC AG in den kommenden Jahren vielleicht in den US-Dollar-Raum verbreitern wird, um unabhängig von der Dollarkursentwicklung zu sein.  Der Druck von Seiten des Dollarkurses hat anderseits dazu geführt, dass sich die FACC AG wettbewerbsmäßig ständig weiterentwickeln muss. Ein Stehenbleiben ist ein Verlieren.  Das Wachstum der FACC AG ist nach außen sichtbar. Steigende Profitabilität ist notwendig, um das umfassende Wachstum zu finanzieren.

Was wünschen Sie sich von Brüssel in Sachen Forschungsförderung?

Das Ende des Gießkannenprinzips, in dem wenig Geld auf viele gleichmäßig aufgeteilt wird, die im EU-Lobbying stark sind.  Das Ergebnis kann man ja an der Performance einiger europäischer Nationen betrachten.

Welche Bedeutung hat Ihrer Ansicht nach die Luftfahrbranche für Brüssel? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Mit der neuen Corporate Governance der EADS hat sich Brüssel bzw. einige der EU-Kernnationen auf das zurückgezogen, was die Aufgabe von Brüssel ist:  Umweltschutz und das Vorgeben von Zielen für die Gesellschaft. Aber auch da kann man nicht unabhängig vom Rest der Welt agieren, obwohl es für uns Europäer schön ist, wenn man ohne Gefahr für die Gesundheit auf die Straße gehen kann. Ich komme gerade von einem Land, wo man die Zeit lieber im einem Hotel verbringt und arbeitet.
 

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