Freitag, 29. März 2024
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Die Grenzen der „Political Correctness“

Bild © CC RobinHiggins/Pixabay (Ausschnitt)

Spätestens seit dem Wahlkampf zwischen Donald Trump und Hillary Clinton ist die Diskussion um die so genannte „Political Correctness“ ausgebrochen. Genau genommen geht es darum, dass sich ein wesentlicher Teil der Gesellschaft nicht vorschreiben lassen will, was man sagen darf und was nicht. Und wenn man schon keine andere Möglichkeit hat, dann drückt man seine Meinung mit dem Stimmzettel aus. Auch daher bekam jener Kandidat, der polternd durch die US-Staaten zog, eine so breite Zustimmung. In Deutschland ist die Diskussion, was politisch korrekt ist und was nicht, bereits ausgebrochen. In Österreich wird sie spätestens nach dem Ende des Präsidentschaftswahlkampfes Thema.

Der Ursprung der Bewegung

Der Begriff der „Political Correctness“ (Politische Korrektheit) stammt aus dem angelsächsischen Raum. Die Bewegung selbst war an den nordamerikanischen Universitäten in den späten 1980-er Jahren entstanden. Die Studenten wollten durch eine Änderung in der Sprache die Diskriminierung von Minderheiten und Frauen beseitigen. In weiterer Folge wehrten sie sich auch dagegen, dass der Lehrstoff fast ausschließlich von den Vorstellungen der männlichen Mainstreamkultur geprägt war. Aus dieser Bewegung heraus bildete sich eine Art Sprachkodex. Begriffe wie „Nigger“, die an die Zeit des Kolonialismus, der Sklavenhaltung und der rechtlichen Diskriminierung erinnerten, gerieten ins Visier.

Der verpönte Mohr im Hemd

Von daher schwappte die Diskussion auch auf Europa über und es wurde vor allem vom Mitte-Links-Lager versucht, der öffentlichen Meinung vorzuschreiben, dass Ausdrücke und Handlungen vermieden werden sollten, die Gruppen von Menschen etwa in Bezug auf Rasse oder Geschlecht diskriminieren und verletzten können. Auch viele Liberale zeigten sich dieser Argumentation zugängig. Mit der Ansage, dass etwas „politisch nicht korrekt“ sei, sollte ausgedrückt werden, dass eine Norm verletzt wurde, eine Äußerung oder Handlung den selbst aufgestellten moralischen Kriterien widersprach oder gar ein Tabu gebrochen wurde. Fazit war, dass auch am europäischen Kontinent es verpönt war, Schwarzafrikaner als „Neger“ zu bezeichnen. Da selbst alteingeführten Traditionsbezeichnungen wie dem „Mohr im Hemd“ (ein warmer Schokoladekuchen mit Bitterschokolade übergessen) als auch dem „Negerbrot“ (Schokolade mit ganzen Haselnüssen) wurde der Kampf angesagt.

Die Kampagne der Gutmenschen

In Mitteleuropa entstand im Sog dieser Diskussion die so genannte Gutmenschen-Bewegung. Bei aller Notwendigkeit der Aufarbeitung der Geschichte, führte sie unter anderem auch dazu, dass das politische Handeln sich danach zu richten hatte, danach beurteilt wurde, was politisch korrekt war, ist oder eben nicht. Zu spüren bekam das zunächst die ältere Generation, die noch die Wirren des Zweiten Weltkriegs und damit den Unterdrückungsmechanismus des Nationalsozialismus am eigenen Leib zu spüren bekamen. Jeder noch so unfreiwillige Wehrmachtsangehörige wurde mit dem Beinahe-Vorwurf konfrontiert, sich nicht gegen das Terror-Regime gewehrt zu haben. Schlussendlich mündete dies in die so genannte Willkommenskultur, die jede Maßnahme, um dem Flüchtlings-Tsunami Herr zu werden, der sich über Mitteleuropa ergoss, als inhuman und widerrechtlich abqualifizierte.

Der Aufstand der schweigenden Mehrheit

Das was man früher einmal die „schweigende Mehrheit“ bezeichnete, begann sich gegen die Indoktrinierung durch die „Politcal Correctness“ zur Wehr zu setzen. Den politisch Korrekten wurde zunehmend vorgeworfen, mit den Methoden der Sprachpolizei Meinungsterror zu betreiben. Steven Pinker, Psychologieprofessor an der Harvard University, prägte den Begriff der „Euphemismus-Tretmühle“. Gemeint war damit die Frage, ob Ungleichheiten in der Gesellschaft tatsächlich beseitigt werden, indem man andere Begriffe verwendet. Die Ersatzbegriffe allein würden keine Veränderung erzielen, im Gegenteil, sie würden sogar mit all den negativen Eigenschaften aufgeladen, die der zuvor verwendete Begriff hatte.

Political Correctness hat Grenzen

Gerade in diesen Tagen hat sich die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit einem bemerkenswerten Statement zu Wort gemeldet. Sie hat der Politik an der Vertrauenskrise der Demokratie eine Mitschuld gegeben. Sich politisch korrekt auszudrücken, sei an sich keine zivilisatorische Errungenschaft, meinte van der Leyen. Die Krise – gemeint ist damit der Druck auf das politische Establishment, das Entstehen radikaler politischer Bewegungen – sei auch durch Political Correctness befördert worden. „Ja, die Political Correctness ist überzogen worden, der soziale Druck, homogen zuantworten, war zu hoch.“ Die auch immer wieder als mögliche Nachfolgerin von Angela Merkel genannte CDU-Polnotwendigitikerin gestand ein, dass es selbstverständlich einen Unterschied zwischen Political Correctness und zivilisatorischen Errungenschaften gibt. Gemeint ist damit „eine Grenze, unterhalb derer man schlichtweg Menschen beleidigt, herabsetzt, kränkt oder verbal diskriminiert“. Diese Grenze muss nun wohl neu gezogen werden.

Ursula von der Leyen.
© Laurence Chaperon, via Wikimedia Commons

Der Ruf nach einer Leitkultur

Bei der bayerischen CSU hat man mit der Grenzziehung und mit dem Beschluss des neuen Parteiprogramme bereits begonnen, indem der Begriff der „Ordnung“ zu einem zentralen Leitmotiv der Politik erhoben wird. Eine nicht unähnliche Diskussion. So wurde bei einer von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka und Integrationsminister Sebastian Kurz initiierten Tagung vor kurzum von postuliert: „Es geht darum, klar zu sagen, was wir als unsere Leitkultur sehen. Erstens unsere Rechtsordnung, die uns Rechte einräumt und Pflichten auferlegt. Zweitens ergibt sich unsere Leitkultur daraus, wie wir unser Zusammenleben gestalten, wie wir miteinander umgehen, was für uns Glück, Geborgenheit und Zufriedenheit bedeutet und unter welchen Umwelt- und sozioökonomischen Bedingungen wir uns wohl fühlen. Drittens seien es kulturelle Traditionen, die Menschen zusammenbringen. Wir leben unsere Traditionen und erwarten, dass Zuwanderer unsere Traditionen als Teil des öffentlichen Lebens akzeptieren. Wir werden unsere Traditionen aus falsch verstandener Antidiskriminierung heraus weder ändern noch abschaffen“.

Reinhold Lopatka.
© Jakob Glaser (www.lopatka.at), via Wikimedia Commons

VdB und die Political Correctness

Nicht zuletzt spielt diese Diskussion auch im laufenden Präsidentschaftswahlkampf gerade jetzt in der Endphase eine Rolle. Dabei geht es jetzt nicht um die wohl haltlosen Unterstellungen der „Konvertitin“ Ursula Stenzel. Sie betrifft vielmehr die Spaltung der Volkspartei in ein Pro-Van-der-Bellen und Pro-Hofer-Lager. Vordergründig geht es da auch um eine künftige politische Richtungsentscheidung, ob man weiterhin an der Tradition rot-schwarzer Bündnisse festhalten oder sich nicht besser mit einer schwarz-blauen Koalition anfreunden sollte. Vor allem um den Reformstau aufzulösen. Dahinter steht aber auch die Frage, ob es wirklich opportun ist, bei allem seriösen Auftreten und in Hinblick auf mögliche internationale Reaktionen (die unter „Political Correctness“ firmieren) mit Van der Bellen einen Bundespräsidenten in das höchste Amt im Staate zu hieven, der eine bunte politische Schlagseite mit ausschließlich rot-rot-grüner Vergangenheit vorweisen kann. Nachdem sich eine große Gruppe von Alt-ÖVPlern bereits für VdB engagiert, wollte Lopatka (dem übrigens ein enges Vorgehen mit Kurz nachgesagt wird), mit seinem Vorstoß bewusst ein Signal setzen und die Partei nicht auf eine Person und Richtung fixieren.

 

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